Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Praun'®), ein gebürtiger Mistelbacher, ließ 1755 in der Josefstadt das Haus vulgo Ziegelofen,später Mlchaelerhaus, hernach Vier Jahreszeiten genannt, errichten. D.Edmund Stiedl aus Wien®®),seit 1761 Propstzu Sankt Michael, erwarb zur Erholung der Kollegialen die Gär ten zu Währing. Auch die Ausschmückung der Barnabitenkapelle zu Hütteldorf ist sein Werk. In Mistelbach wurde am 10. Mai 1688 der Grund stein zur Errichtung des Kollegs und des Noviziats ge legt®*). Die Bauarbeiten zogen sich durch zwölf Jahre hin. 1692 wurde das Kolleg zur Propstei erhoben. Am 1. Jänner 1693 kamen die ersten Novizen aus Prag. 1698 wurde Mistelbach mit der Errichtung einer philoso phisch-theologischen Lehranstalt zu einem geistigen Zentrum nördlich von Wien®-). Das Kolleg St. Margarethen am Moos, Bezirks hauptmannschaft Bruck an der Leitha, ist die letzte Gründung der Barnabiten in Österreich®^). Am 14. Juni 1745 wurde zwischen ihnen und der Patronatsherrin, Maria Caecilia Gräfin Harsch, ein Vertrag geschlossen, daß die Pfarre auf ewige Zeiten den Barnabiten prä sentiert wird. Das Passauer Offizialat gab seine Einwil ligung, und auch Kardinal Graf Sigmund Kollonitsch stimmte demselben am 14. Juli 1745 bei. Noch im sel ben Jahr wurde mit dem Bau eines Kollegs begonnen, das auf der selben Stelle errichtet wurde, wo sich der alte Pfarrhof befand.Den Plan zum Bau entwarf Frater Carolus Popp®*). Vor seinem Eintritt war er Guts inspektor der Gräfin Fuchs, der Erzieherin der späte ren Kaiserin Maria Theresia. Vielseitig wie Popp war, richtete er in den einzelnen Kollegien Prokuraturen und Archive ein. Auch ein Entwurf zur Barockisierung der Westfassade stammt von ihm®-''). Durch die Errichtung eines Kollegs in Margarethen am Moos ging ein sehn licher Wunsch der Barnabiten in Erfüllung. Sie konn ten nun den Antrag stellen, sich von der lombardischen Provinz zu trennen, um eine eigene Provinz zu grün den®®). 1749 wurde auf Beschluß des Generalkapitels die deutsche Bamabitenprovinz errichtet®'). Die Sonderstellung des Laienbruders Fr. Carolus Popp lenkt das Augenmerk auf die Barnabitenbrüder. 1630 kam der erste Bruder aus Italien nach Wien. Er wurde aber schon 1632 von der Pest hinweggerafft — eine der häufigsten Todesursachen innerhalb der Brü dergemeinde zu Beginn ihrer Wirksamkeit in Wien®®). Viele Brüder zeichneten sich durch ihr handwerk liches Können und ihre Kenntnisse im Bauwesen aus. Von Fi*. Carolus Popp war bereits die Rede. Fr. Bernard Gärtner aus Wilhelmsdorf (1671—1730) war einer der Bauaufseher für die Gebäude um die Michaelerkirche. Fr. Thomas Rausch (1660—1752)®®) war ein hervorragen der Tischler, ein perfekter Architekt, und soll auch einen Plan zum Nepomukaltar (in St. Michael?) ent worfen haben. Unter den Laienbrüdern waren auffallend viele als Chirurgen (Bader, Feldscher) tätig. So die beiden Fratres Johannes M.Waizenbauer(1725—1802)und Aloysius Waizenbauer aus Bayrisch-Mosburg®®). Fr. Anton M. Lichtinger®*), ein Preßburger Chirurg, legte 1761 an gesichts des Todes seine Profeß ab. Fr. Vincentius Thoman aus Hof am Leithagebirge war ein eifriger Chi rurg. 1780 legte er seine Profeß ab. Mit Dispens wurde er 1789 Militärchirurg®^). Der Tiroler Fr. Petrus Ganal verließ 1798 mit Dispens den Orden, um als Chirurg tätig zu sein®®). Am 28. März 1784 legte zum letzenmal ein Barna bitenbrüder seine Profeß ab: Fr. Ferdinand Joseph Leihle (Leithe?)®*). Er war als Ökonom in Mistelbach tätig und starb 1812. Ihn überlebten zwei bereits früher eingetretene Ordensbrüder: der Wiener Fr. Pius Tiller (1736—1816), erst Koch und dann Sakristan zu Sankt Michael, und Fr. Mathias Maurer aus Mannersdorf. 1769 hatte er seine Profeß abgelegt. Er starb als Kanz leischreiber in Mistelbach am 14. Dezember 1823®®). Mit ihm war das Institut der Barnabiten Laienbrüder in Österreich erloschen. Bei dem Ansehen, das die Barnabiten bei Hof und Adel genossen, konnten besondere Auszeichnungen nicht ausbleiben. Kaiserin Eleonora hatte bereits — so nach einer Uberlieferung der Barnabiten — versucht, D. Georgius Tivultius®®), der 1672 Propst bei Sankt Michael geworden war, zum Bischof von Strigonium zu nominiaren. Ihre Bemühungen hatten aber keinen Erfolg. Der Stolz des Ordens war jedoch der gebürtige Wiener D. Pius Manzador®'). 1737 war er als Theologe des kaiserlichen Gesandten Graf von Plettenberg nach Rom gekommen. Unter Benedikt XTV. und Cle mens XIII. war er am päpstlichen Hof tätig gewesen. 1752 wurde er Propst bei St. Michael, 1755 Provinzial, 1758 Generalvisitator und am 18. April 1761 General des Barnabitenordens. Wien feierte dieses Ereignis mit barockem Uberschwang. Manzador hielt am 25. Mai 1761 unter dem Jubel der Wiener Bevölkerung einen triumphalen Einzug. Seine Gönnerin, Kaiserin Maria Theresia, verschaffte ihm 1764 den Bischofsstuhl von Modruss und Segna (Zengg) in Dalmatien. Die Kon sekration erfolgte in der Michaelerkirche durch den Erzbischof von Colocza, Graf Batthyäny. 1767 "wurde Manzador das neuerrichtete Bistum Transsylvanien übergeben. Mit Beginn des 18. Jahrhunderts waren die Barna biten vielfach in der Heeresseelsorge als Feldkapläne oder Religionslehrer tätig. Höhepunkte ihres Einsatzes waren die Zeiten Prinz Eugens und Napoleons®®). Um die Mitte des 19. Jahrhunderts zogen sie sich — von unbedeutenden Ausnahmen abgesehen — von diesem Betätigungsfeld zurück. Den Rang eines Apostolischen Feldvikars erreichte der zu Wien geborene D. Chrysostomus Pauer®®). 1774 trat er in den Orden ein, wurde 1779 zum Priester ge weiht, war Lektor der Theologie und lehrte die studie rende Ordensjugend Hebräisch. 1794 wurde er Kaplan der „Deutschen Adeligen Leibgarde" (Arsierengarde), 1796 Feldsuperior, 1806 infulierter Prälat von Altbunzlau und schließlich 1815 Feldvikar. Auf ihn geht die Matrikenführung durch die Regimentsgeistlichen zurück. Von 1824 bis 1826 war Chrysostomus Pauer Bischof von St. Pölten. Er starb 1826 zu Wien. Auch eine Anzahl hervorragender Prediger hatten die Barnabiten in ihren Reihen. Gerühmt wird D. Flo rentius Schilling aus Scherweiller*®®). Kaiser, Adel und Volk hörten in St. Michael auf seine Predigten. Predi gerruhm erwarben auch die beiden Wiener, D. Anton Schmidt (1713—1751) in der Mariahilferkirche, und D. Stanislaus Gänsberger (1783—1849)*®*), der in der Michaelerkirche durch 40 Jahre überaus volkstümlich predigte. Das religiöse Schrifttum fand nur in bescheidenem Umfang Pflege. Der Stockerauer D. Leopold Moosbur ger (1674—1723) schrieb Betrachtungen für alle Tage deis Jahres. Der zu Mistelbach verstorbene Pfälzer D. Adalbert Ziegler (1697—1751)*®^) war Herausgeber eines marianischen Betrachtungsbuches über die „O Antiphon",das er der Kaiserin Maria Theresia wid mete. Von ihm stammt auch eine Ubersetzung aus dem Italienischen über das Leben des seligen Alexander Sauli. Der am 31. Oktober 1728 zu Wien geborene D. Lucas Greiff*®®) verfertigte gemeinsam mit Kardinal Migazzi ein Kompendium des Katechismus. Einzelne Mitglieder genossen als Beichtväter das Vertrauen hochgestellter Persönlichkeiten. D. Aloysius Caymus*®*), 1676 erster Superior von Mistelbach, war Beichtvater des Fürsten Med'ici. 1636 kam D. Alexander Mar. Borgononus*®^) vom Kolleg in Spoleto nach Wien und wurde Beichtvater des Apostolischen Nuntius. Er gehörte durch 40 Jahre dem Kolleg St. Michael an und zählt zu den großen Wohltätern. D. Joh. Paulus Paravicinus*®®) war Beichtvater des Apostolischen Nuntius Buonvise und wurde als Kommissar zur Wahl der Äbte von Göttweig (1689) und Melk (1700) entsandt. Beicht vater des Grafen Würmb war der Prager D. Joachim Müller*®'). Der Provinzial D. Ludwig Siegl (1795— 1877)*®®), gebürtig aus Dobrenz in Böhmen, war Beicht vater der Kaiserin Elisabeth. Er war der erste Provin zial, der seit der Zeit Josephs II. wieder zum General kapitel der Barnabiten nach Rom reiste (1856). 47

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