Mit Hilfe der Barnabiten wollte Ferdinand II. zu nächst in seiner Nachbarschaft Ordnung schaffen. Nachdem er bereits 1620 die Schule bei St. Michael hatte sperren lassen, weil der Schulmeister im Sinne der neuen Lehre unterrichtete®), bewog er nun den Pfarrer von St. Michael, Martin Sebald,zu resignieren''). Schon früher hatte der Kaiser daran gedacht, die Welt priesterpfarre St. Michael einem Orden zu übergeben, um sie dem Einfluß des protestantisch gesinnten Stadt rates, der das Kirchenvermögen durch einen von ihm bestellten Kirchenmeister verwaltete, zu entziehen'®). Nun war der Augenblick gekommen. Am 4. Mai 1626 unterfertigte der Kaiser die Einführungsurkunde für die Bamabiten, vertreten durch D. Florius Cremona und D. Venustus de Venustis"). Am 16. Mai 1626 über gab Kardinal Khlesl Pfarre und Kirche St. Michael den Barnabiten. Der Wiener Magistrat wurde aufgefordert, alle Instrumente und Urkunden auszufolgen. Diese Forderung wurde am 13. November 1626 erneut urgiert'^). Tatsächlich zog sich der Streit um die Heraus gabe der Urkunden viele Jahrzehnte dahin. Das Vorgehen des Kaisers stieß allenthalben auf Widerstand'"). Den kirchlichen Behörden wurde das Besetzungsrecht auf die einzige Weltpriesterpfarre in Wien genommen, der Magistrat fühlte sich brüskiert durch die radikale Säuberung innerhalb der Michaelerkirche, der zahlreiche Altäre mit uralten Meßstiftungen zum Opfer fielen. Wegen der Sprachschwierigkeiten konnte auch wenig Kontakt zum einfachen Volk gefun den werden. Die deutschen Predigten mußte ein Minorit halten. Mit der Übergabe der Hofpfarre St. Michael kam eines der bedeutendsten Kirchenvermögen der Diözese Wien in die Nutznießung der Barnabiten. Entstanden aus den Stiftungen des Wiener Bürgertums, war es wohl auch durch gelegentliche Beiträge der Landes herren vermehrt worden"). Zu diesem Grundstock kamen spätere Schenkungen, die jedoch die Grundsubstanz nicht wesentlich vermehr ten. Der einstige Haus- und Grundbesitz läßt sich noch ungefähr aus den Beschriftungen der Archivkästen, die wahrscheinlich um 1760 angefertigt wurden, ermitteln. So befanden sich in ihrem Besitz Grund-, Zehent- und Bergrechte in Merkensbiehl und der Hangendenlüß'®); Waldungen in Oberdornbach; Äcker in Währing und Döbling; Weingärten in St. Veit, Hütteldorf, Dornbach, Währing, Brunn am Gebirge, Perchtoldsdorf, Mauer, Gersthof, Weidling, Strebersdorf, Nußdorf'®);ferner der Friedhof zu Mariahilf"); Häuser in Brunn, Hütteldorf, Währing, Josefstadt, die kleinen Häuser an Stelle des Kleinen Michaeierhauses, das Andlerische Striftshaus in der Breunerstraße, das Große Michaeierhaus am Kohlmarkt und das Machaelerkolleg'®). Gesondert da von erhielten die Barnabiten auch noch die Nutznie ßung des Grundbesitzes der Pfarren zu Mistelbach und Margarethen am Moos. St. Michael gehörte sogar zu jenen bevorzugten Stiften und Klöstern, die dann später, wie zum Beispiel Göttweig und Altenburg, keinen Beitrag zum Religions fonds zu leisten hatten, obwohl sie über bedeutende Einnahmen verfügten und jährlich 8000 bis 20.000 Gul den an landesfürstlichen Steuern und Abgaben ent richten mußten'®). Erster Barnabitenpfarrer von St. Michael wurde D. Florius Cremona, der aber bereits am 23. Dezember 1627 als Generalvisitator nach Böhmen ging. D. Venu stus de Venustis wurde Kurat, starb aber schon am 30. November 1628'^). Mit der Übergabe von St. Michael war Verstärkung notwendig. Es waren durchwegs tüchtige Leute, die aus Italien kamen. Am 2. September trafen ein D. Marcus Malaguzirus und D. Pasqualis, ein Magister der Logik'^'). Etwas später, am 28. November, kam noch D. Antonius Bonvicinus, ehemaliger Beichtvater des Schwestemklosters St. Martha zu Cremona'-"). Bald aber scheinen deutsche Namen auf. D. Julian Pomers wurde zwar in Italien in den Orden aufgenom men, durfte aber am 10. September 1627 in Wien seine Profeß ablegen. Er war durch 26 Jahre Prediger und Pfarrer in St. Michael'^"). Der erste Wiener,der sich den Barnabiten anschloß, dürfte D. Ferdinand Hauk*^) ge wesen sein. 1628 legte er seine Profeß ab. Kardinal Harrach berief ihn in das Konsistorium nach Prag. Als Propst von St. Michael schrieb er eine Ordensregel für die Barnabltenbrüder. D. Linus Vacchius''®) war ein hochangesehener Ratgeber der Kardinäle Harrach und Khlesl bei der Bekämpfung der Häresie. Er war der erste Barnabitenprovinzial, der in Wien residierte. D. Paulus Mennicuccius kam 1629 nach Wien und war hier ab 1632 als Vikar tätig'-^). Sein Reisebegleiter, D. Patiens Cassanus, zog nach Prag weiter^'). Der Bayer D. Rupert Fierer legte 1629 in Mailand seine Profeß ab, trat aber dann am 11. Oktober 1639 in das Benediiktinerkloster zu Mariazell ein'^'). Für die begin nende Barockisierung der Michaeierkirche war D. Flo rentius Schilling aus Scherweiller von großer Bedeu tung-®). Durch 37 Jahre war er hier am Werk. Er hat sich Verdienste um die Ausschmückung der Vesperbild kapelle erworben. D. Fulgentius Chiocharius kam 1629 nach Wien und wurde 1630 Propst zu St. Mdchael"-'''). D.Florentinus Cislagus aus Dannbach wurde 1631 Vikar zu St. Michael. Er stand bei Kardinal Harrach hoch in Gunst"®). Erster Katechet in St. Michael war ab 1632 D. Prosper Murius. Er starb aber schon 1634"')^ Ferdinand II. begründete seinerzeit die Übertragung des Michaeler Kirchenvermögens mit dem ihm als Erz herzog von Österreich zustehendem Patronats- bezie hungsweise Präsentationsrecht"-). Der Magistrat be trachtete dies als einen Übergriff des Kaisers zugunsten eines landfremden Ordens. Die ablehnende Haltung der verschiedenen Behörden wurde aber reichlich aufge wogen durch das demonstrativ zur Schau getragene Wohlwollen des Kaisers den Bamabiten gegenüber. So feierte ein Bamabit am 26. Dezember 1626 in Gegen wart des Kaisers seine Primiz in der Burgkapelle""). Bei gleichem Anlaß war am 1. April 1630 die kaiserliche Familie in St. Michael anwesend"'). Dasselbe geschah auch am 18. September 1627 zu Pra^").Es war dies der Auftakt zu einem neuen Gunsterweis des Kaisers. Er übergab am 11. Oktober 1627 dem Generalvisitator für Böhmen, D. Florius Cremona, die Kirche St. Benedikt auf dem Hradschin"®). Der Emennung eines Barnabiten zum italienischen Hofprediger erfolgte bald eine zweite zum spanischen Hofprediger. Die spanische Infantin, Donna Isabella Maria, die erste Gemahlin Ferdinands III., begründete mit den mit ihr nach Wien gekommenen Spaniern die „Spanische Corporis-Christi-Bruderschaft von der Gnade Gottes und den hl. Engeln""'). Der Portugiese D. Damasus Cordosas wurde am 6. Oktober 1632 nach Wien berufen, um dort als spanischer Hofprediger tätig zu sein, eine Aufgabe, die ihm beim Adel viel Beifall eintrug. Wichtig aber war, auch das Volk zu gewinnen. Ohne deutschen Ordensnachwuchs war dies nicht mög lich. Das Novizat in St. Michael trug nur provisorischen Charakter. Auf der Suche nach einem besser geeigne ten Ort stießen die Barnabiten auf Mistelbach"®). Diese Pfarre mußte an St. Michael jährlich 100 Gulden als Entschädigung für die finanzielle Einbuße zahlen, die sie dadurch erlitten hatte, daß sie auf kaiserlichen Befehl den Friedhof vor der Hofburg auflassen mußte. 1629 begann deswegen der Mistelbacher Pfarrer, De chant Prösius, einen Prozeß gegen den Landesherrn, den er überraschend am 30. Juni 1633 gewann. Was der Gewinner aber nicht wußte, war die Tatsache, daß Kaiser Ferdinand II. auf Ersuchen der Barnabiten am 6. Juni 1633 Kirche und Pfarre diesen bereits übergeben hatte"®). Dies rief nicht nur in Mistelbach einen Sturm der Entrüstung hervor, auch das Konsistorium der Diö zese Passau setzte sich entschieden zur Wehr. Befremdend mag wirken, warum Ferdinand II. sich in so außergewöhnlicher Weise für die Barnabiten ein setzte. Die Spuren führen zu seiner Gemahlin,Eleonora von Gonzaga. In der Schenkungsurkunde zu den Bla siusreliquien vom 12. April 1654 durch die Kaiserin witwe Eleonora an die Barnabiten'®) heißt es u. a. 45
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