Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

sonst Fehler in der Beurteilung der damaligen CaritasSocialis-Situation unterlaufen. Zur Generalleitung der Caritas Socialis: Möns. Schaurhofer war von Anfang an Mitglied des engsten Vorstandes der Caritas Socialis. Vorsteherin: Frau Dr. Hildegard Burjan, Geistlicher Leiter: Prälat Dr. Ignaz Seipel, dessen Stellvertreter eben Möns. August Schaurhofer. Dieses besagt auch noch der im Archiv vorhandene Tätigkeitsbericht über das Jahr 1926 von Frau Doktor Burjan. Möns.Schaurhofer hat bis zu seiner Todeskrankheit in der Caritas Socialis gewirkt,nicht,wie Missong S.62 behauptet, „nur von verhältnismäßig kurzer Dauer". Bis 1923 war er Spiritual des Noviziates. Er hat bis Anfang 1928 im Noviziat Vorträge gehalten. Im Archiv vorhandene Fragmente von Notizen einer Schwester (sie war von 1926 bis 1928 Novizin)beweisen dies. In den Caritasjahren 1924/25 und 1925/26 hielt er monatlich Vorträge, ebenso mehrmals Exerzitien für die Caritas Socialis; zuletzt zwei Zyklen für die Schwestern in Böh men (heute CSSR); im Jahre 1927 mit Besuch der ein zelnen Stationen. Regelmäßig bot er nach dem Evan gelium ausgerichtete sozial-caritative Vorträge und Konferenzen sowohl für den großen Mitgliederkreis als auch für die Schwesternkreise der einzelnen Häuser; Pramergasse (Wien IX), Klosterneuburg, Pyrawarth, Währing (Wien XVIII), Polizeijugendheim. In den ge nannten Schwesternhäusern war zu diesen Anlässen Beichtgelegenheit für Schwestern und nach Bedarf auch für zugeführte Schützlinge. Möns. Schaurhofer stand gern zu Beratungen religiöser und pädagogisch psychologischer Probleme zur Verfügung. Die Beicht vaterwahl war für die Caritas-Sooialis-Schwestem frei, daher kein Grund für eine Entfremdung, wie Missong S. 63 behauptet. Gern besuchten wir die sozialen Kurse, die er im Rahmen der Kathol. Frauenorganisation hielt, ebenso seine an Sonn- und Feiertagen um 14 Uhr in der Peterskirche (Wien I) gehaltenen Kurzpredigten. Seine Ausführungen waren jedesmal ein tiefes Erlebnis, auch wenn nur wenige ältere Personen anwesend waren. Möns. Schaurhofer hat nicht „die Arbeiterinnenvereine preisgegeben", wie Missong S. 62 angibt, zumindest nicht jene des 9. Bezirkes (Pramergasse). Maßgeblich wirkte er auch in der Akademiker- und Studentenfüh rung mit. Für unsere CDSB-Gruppe der Sozialen Frau enschule hielt er sogenannte Nestabende, meist in sei ner Wohnung im Pfarrhaus von St. Peter, mit Bibelund Foersterlesung, wobei keine Unordnung festzustel len war, da jedes Ding seinen Platz hatte. Noch im Februar 1928 besuchte er uns CaritasSocialis-Schwestern im Polizeiheim zu Graz. Schaurhofer war als Mitglied der engeren CaritasSocialis-Leitung stets ein wertvoller Berater. Dies geht hervor aus den Sitzungsprotokollen der Caritas Socia lis laut Archiv und persönlichen Erinnerungen. Immer mehr wurde ihm die Betreuung unserer Schutzbefohlenen zur Herzenssache. Er zeigte Wege zum Ausbau unserer Arbeiten und zur Gewinnung von Mitarbeiterinnen und Helfern aus verschiedensten Be völkerungskreisen. Er interessierte Arbeiterinnen, Für sorgerinnen, Lehrerinnen und Studierende dafür. Bei den monatlichen Zusammenkünften dieses neuen Helferkreises waren fast jedesmals Frau Doktor Burjan und Möns. Schaurhofer anwesend für theore tische und praktische Schulung mit Erfahrungsaus tausch zwischen Helfern und Schwestern. Aus diesem Zusammenwirken kam es zum Besuch von Schützlingen im Jugendgerichtsgefangenenhaus und zur Übernahme der ausgeschriebenen Stelle als Seelsorger. Über dieses Wirken sprechen die Nachrufe das Kapitel von Missong S. 63 und die Notizen der Garitas-Socialis-Gedenkstunde aus dem Jahre 1953. Das Wirken Möns. Schaurhofers in und mit der Caritas Socialis war also nicht, wie Missong S. 62 schreibt, „nur von verhältnismäßig kurzer Dauer". Erst Anfang 1928 zog er sich zurück. Sein zunehmendes Leiden (schon seit etwa 1924 konnte man dies an öfters einsetzendem heftigem Schluckauf ahnen) war wohl eine Ursache, mancher Verabredung ab und zu nicht mehr pünktlich nach kommen zu können. So konnte manche gegenseitige Übereinstimmung nicht mehr mit genügender Sorgfalt erreicht werden. Siehe Prälat Seipel, Reichspost. 29. August 1928: Abschied von Monsignore Schaurhofer: Persönliche Erinnerungen von Bundeskanzler Dok tor Seipel. ,,... Schaurhofer zog sich aus der Leitung der Caritas Socialis erst zurück, als er, für ihn selbst noch nicht kenntlich, aber für uns andere bereits unverkenn bar, schon vom Tod ^zeichnet war. Er empfand das nahende Ende seines irdischen Wirkens zuerst in einer gewissen Schwäche, sidi anderen, Stärkeren gegenüber nicht behaupten zu können, wenn unter Festhalten des selben Zieles über die Methode, es zu erreichen,im ein zelnen Meinungsversdiiedenheiten entstanden waren, und in einer Scheu, dennoch eine Verantwortung weiter zu tragen. Mir war sein Scheiden aus der Lei tung der Caritas Socialis das sicherste Zeichen, daß sich Schaurhofer bereits anschickte, in eine andere Welt hinüberzugehen", usw... Missong erklärt auf S. 66, „daß er schHeßlich halb vergessen in gänzlicher Einsamkeit, ja Verwahrlosung dem Tod entgegengehen mußte..." Hingegen ist zu sagen, daß Möns. Schaurhofer auch während seiner Krankheit von uns Caritas-SocialisSchwestern besucht wurde. Zuletzt wurde allerdings eine Besuchssperre ver hängt wegen Scharlacherkrankungen. Dennoch war am Vortage seines Todes noch eine Schwester bei ihm. Name und Adresse sind im Archiv zu erfahren. Aus Caritas-Socialis-Rundbrief6 an die Schwestern geht hervor: „Unerwartet schnell ist Monsignore nun verschie den; Monsignore war bis zum letzten Tag bei Bewußt sein, ganz friedlich ist er eingeschlummert in Beisein des hochw. Herrn Kurators des Spitals.. Aus dem Tätigkeitsbericht von Frau Dr. Burian 9. März 1930, Seite 7 heißt es: ' „... Gehen wir näher ein auf das innere Leben der C.S., so müssen wir vor allem des schmerzlichsten Er lebnisses gedenken, das uns der Tod Möns. Schaur hofers am 24. August 1928 gewesen ist. Wenn er auch kurze Zeit vorher nicht mehr aktiv in der C.S. mitgetan hat, so hat uns doch erst sein Tod die Erkenntnis der schmerzlichen Trennung gebracht, denn solange er noch lebte, war er so eng verbunden mit den einzelnen Schwestern, daß die Trennung nicht fühlbar war. p gab der C.S. seine wahrhaft ideale, edle Welt anschauung; die Wärme und Tiefe seines gütigen Her zens; die allen Schlagwörtern und Phrasen abhold ernte, einfache und doch so tiefe Frömmigkeit; er ver körperte die Liebe, die alles glaubt, alles hofft, alles erträgt, selbst für die Abgeirrten, die Gefallenen; das tiefe Verständnis für Kämpfende und Ringende. Es ist unsere ganze Hoffnung, daß dieser kostbare Schatz solcher Anschauungen und das Beispiel solcher Liebe in der C.S. behütet werde. Ich habe es auf meinen Reisen zu den einsam gelegenen Stationen unserer Schwestern mit Ergriffenheit und Freude beobachtet daß die Schwestern nicht nur sein Bild in Ehren halten sondern wie sie ihre Dankbarkeit für ihn darin zeigen' daß sie diesen Prinzipien getreu leben und arbeiten." Anm: ^) Mit einem Geleitwort von Michael Pfliee1er, Verlagsanstalt Tyrolia A.G., Abteilung SeelsorgerVerlag, Wien I, Stephansplatz 3. — Pfüegler war zu gleich mit Schaurhofer Kuratbenefiziat bei St Peter und sprach von ihm stets mit Bewunderung. Ebenso S^aurhofers Jahrgangskollege Regens Prälat Karl Handloß. — )Auch der Artikel von Dr. F. L in der Wiener Kirchenzeitung (1969, Nr. 8, 9): „Ein priesterhcher Sozialpraktiker", ist beim: Sein Sterben war armselig...zu korrigieren. 43

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