Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

der Lehre Luthers wurden, die Herren über den Markt. Bei der großen Visitation 1544 durch ein Or gan der Regierung fand sich nur mehr ein Priester vor'*). Dieser, Valentin Thum, etwa der 1529 ge nannte Verweser des Spitals zu Eferding Valtan Thurner"), feierte noch die Messe, war aber verhei ratet und hatte auch lutherische Bücher. Er bewohnte das abgabenfreie Benefiziatenhaus'®). Jahrtage durf ten über Geheiß des Erasmus von Starhemberg nicht mehr gehalten werden und die Stiftungsgründe wa ren an die Untertanen vergeben worden"). Thum hinterließ bei seinem Tod 1552 drei minderjährige Knaben, Urban, Melchisedech und Hans, über die Christoph Spitaler Garhab war. Der Melchisedech wird 1556 als zu Stetteldorf ansässig genannt'®), 1601 aber es heißt von einem Waisenkind des Melchisedech Thum, gleichen Namens, daß es zu Steyr in Diensten des Grafen Georg Friedrich zu Hardegg verstorben sei'®). Die Fleischhauer- und Wirtsfamilie Thum, die im 16. u. 17. Jahrhundert zu Nieder Rußbach und Groß Stelzendorf erscheint®®), dürfte auf den Pfarrer Thum zurückgehen. Der Nachfolger dieses Pfarrers war der aus Gleink entlaufene Mönch Hans (auch Georg genannte) Resch. 1558 klagte die Gemeinde,die ihn 1554 aufgenommen hatte, daß er sich nicht zu den Neueren gesellen wolle®'). Unter ihm erscheint 1558 ein Vikar Georg Stadlperger®'). Ein Pfarrer Johann Kornberger starb 1562. Im Jahre 1572 kam der Markt Stetteldorf versatzweise an Graf Heinrich II. zu Hardegg®®). 1575 setzte dessen energische Gattin.Anna Maria, geb. Freiin und Gräfin zu Thum, den Johan nes Schvdnghammer als protestantischen Pfarrer ein®*). 1582 kam der Markt Stetteldorf kaufweise an den Bruder des Grafen, Julius II., nach dem das von ihm auf grünem Rasen erbaute Schloß den Namen Juliusburg erhielt®'). Julius II. und Georg Friedrich, der Sohn des Heinrich II. sind die Begründer der Herrschaft Stetteldorf. Georg Friedrich, von dem Georg Zedmann, Doktor der hlg. Schrift und Profes sor zu Lauging rühmt, daß er sich die Mühe nicht nehmen lasse, bis Augsburg um rechtschaffene from me, treue Prädikanten in Person zu ziehen®"), blieb bis an sein Lebensende (1628) Protestant, wenngleich der Dominikanerpater Ernst Prank®'), der 1627 zum Reformationskommissär eingesetzt worden war, und der Bischof Daniel von Brixen sich alle Mühe ga ben"®). Nach einem Schreiben des gräflichen Beamten Peter Ulrich an den Grafen vom 6. Oktober 1627 habe ihm Pater Prank mitgeteilt. Seine Majestät habe außtrückhlich vermeldet, wann der alte Graue von Hardegg in dießem (der Rückkehr zur katholischen Religion) den Anfang macht vnnd zu der alten Catholischen Religion (wie Sie dann der gänzlich gnädi gen Zufersicht gegen Ihme) gschreitten werde, khain Zweifel sein werde, in dem ganzen Landt Österreich ain großes Exempl vnd nachuolg sein wurde, allen seinen Vnterthanen von denen bißher nit rechten glauben waichen®®). Die von den Hardegger eingesetz ten Pfarrer, bzw. Hofprediger, sind nicht alle bekannt. Uber Pfarrer Schwinghammer, der 1599 nach Oberhautzental gekommen ist und 1611 als dort verstor ben genannt wird, klagt Pfarrer Zacharias Grübl von Hausleiten, daß dieser ihm in seine Pfarrseelsorge Eingriffe tue. Der Offizial Khlesel solle den Prädi kanten vorladen und, folge er nicht, im PfarrhofStet teldorf, über den Khlesel Gewalt habe, ausheben und nach Wien bringen lassen"'). Zwischen 1605 und 1607 erscheint als Pfarrer Georgius Khurzmann, der 1595 vom Grafen nach Wolfpassing berufen worden war"'). 1606 lädt der Graf den Paul Postius zu einer Probe predigt ein, da.sein gewesener Hofprediger alterhal ber und wegen Leibesschwachheit nicht mehr zu die nen sich getraue. Postius war 2 Jahre bei des Jonas Bschönig auf Moidrams und Unter Thumritz Kindern gewesen und erhielt 1594 von Bschönig und von sei nem Vorgesetzten, dem Pfarrer Magister Georg Khuen von Oberabsdorf eine Empfehlung für die Prüfung und Ordination'zu Graz. Postius diente dann in der Gemeinde Marersdorf, die ihm 1606 eineEmpfeh lung ausstellte'®). Ob Postius die Pfarre Stetteldorf erhalten hat, ist nicht zu erkennen. Zwischen 1607 und 1617 war Hofprediger und Pfarrer Michael Kern'*). Er scheint der Pastor Michael Kern von Steinabrunn gewesen zu sein. Der erscheint als 2. Gatte der Wtwe. nach dem Pastor von Erdberg in Mähren, Andreas Janitius, der dort von ca. 1590 bis 1606 gewirkt hatte''). 1607 hatte Kern einen Zusammenstoß mit dem Pfarrer von Hausleiten, Jakob Philipp Hennion, der den Pastor im Hause des Richters von Gaisruch packte und-ihm zurief: Was wiltu hier? Ich vnnd nicht du bin Pfarrer zu Stetteldorf vnd du bist iztin Meiner gewalt. Ich bin dein Herr und nicht der Graf, ich habe Macht, dich auf meinen wagen zu werffen, gen Haußleutten zu führen, dich allda zu priegeln vnd in Koter zu schieben'®). 1613 verkaufte Kern sein Haus, 1614 bittet er, der Pfleger Adam von Ullerstorf möge ihm sein Darlehen zurückzahlen, da er für seinen Sohn das Kostgeld in Znaim zu zahlen habe"). 1619 aber ist ein Martin Keggerlin Hofprediger. Dieser hatte kurz vorher mit Elisabeth, der Tochter Kerns, den Heiratskontrakt gemacht. Keggerlin,damalsPfar rer zu Wolfpassing bei Hausleiten, gibt darin seiner Braut 30 Gulden zu freiem Eigen und 100 Gulden Heiratsgut, das der Brautvater mit 50 Gulden wider legt. Elisabeth erhält 30 Gulden mütterliches Erbgut, einen silbernen Gürtel zu 40 Lot, eine silberne Mes serscheide, ein gerichtes Bett, eine Kuh, einen Ochsen und noch anderes für den Fall guten Zusammenlebens und sollte nach des Vaters Tode die Hälfte erben'®). 1621 klagt die Witwe Elisabeth nach Pfarrer Michael Kern, der wegen 2 mißratener Töchter abgesetzt und mit dem Entzug der Fechsung bestraft worden war, daß sie mit ihren kleinen Kindern mittellos dastehe und bittet, die Fechsung erfolgen zu lassen. Auch bit tet sie, mit den 3 Stieftöchtern Salome, Sabine und Anna abhandeln zu dürfen'®). 1619 gab es auch Ver druß mit dem widertäuferischen Weinzierl des Gra fen, dem Jakob Traxler aus Südmähren (Helltaufer genannt), der allezeit neben der Gotteskirche eine Kapelle bauen wolle. Traxler scheint also Anhänger seiner Sekte gehabt zu haben®^). Der letzte evangeli sche Pfarrer war Peter Ziegler, der von 1610 bis 1617 in Oberabsdorf, am 20. 6. 1620 schon in Stetteldorf wirkte®'). Ziegler erlebte die kaiserliche Verordnung, wonach bis zum 28. September 1627 alle evangelischen Prädikanten (Kirchendienei') und Schulmeister (Schuldiener) das Land verlassen mußten.Ziegler aber hatte sein Korn noch nicht gedroschen, konnte seine 29

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=