flut eine wahre SisjTphusarbeit war. Dr. Robert Braun schreibt in seinem Nachruf'): „Wenn ich P. Cyrill in seinem Wiener Kloster besuchte, pflegte er mir selbst die Pforte zu öffnen und midi über die gewundene Treppe in seine Zelle zu führen. Der altertümliche Raum mit seinen dicken Mauern, vergitterten Fenstern lind mit seiner niedergewölbten Decke bot einen eigen artigen Anblick: überall lagen Stöße von Zeitungs- (und Zeitsdariften-)Ausschnitten. Sie verbarrikadierten den Schreibtisch, waren am Boden aufgestapelt, sahen aus dem offenen Schrank und hielten den Stuhl des Besuchers besetzt, so daß der Pater in Eile erst Platz schaffen mußte." So reich und bunt war dieses Belege- (Roh-)Material, daß er in einem seiner letzten Briefe aus Kalifornien (2. Februar 1945) mitteilen konnte, um 20.000 Ausschnitte gehe es, die er für eine schriftstellerisdie Arbeit nun gesichtet habe. Er kam nicht mehr dazu. Zu hohen Stößen aufgeschichtet, harrt es im Franziskanerkloster von Santa Barbara (Kalifornien) der Bearbeitung und Auswertung. Darunter findet sich aber auch Material über den Nationalsozialismus (= Nazismus), in dem er den wahren Totengräber sei ner Heimat, des katholischen Österreichs erblickte und den er mit prophetischer Schau entlarvte und mit patriotischer Leidenschaftlichkeit ablehnte und be kämpfte, sah er doch darin schon Jahre vor dem unseligen März 1938 die größte Gefahr für Österreich. In seinem „Christuskreuz und Hakenkreuz?" schreibt er: „Eine wahre Adventsstimmung voll Not und Ver zweiflung liegt über unserem Volke. Immer lauter und eindringlicher ruft und seufzt es nach Erlösung aus den Abgründen wirtschaftlicher, politischer und nicht zuletzt seelischer Bedrängnis... Mitten in dieser Ver zweiflungsstimmung treten nun die Phrasenheilande des Nationalsozialismus auf.. „preisen eine Religion des Blutes an, predigen einen verderblichen, krank haften Rassismus, eine fast tierische Rassenzucht, vergötzen die Nation usw."; alles Übel, die unsere Genera tion bitter durchleiden mußte. In kühner Schrift und Rede stand dieser Pater wie in einem „wahren Michaelskampf" für die katholischen Gnmdsätze ein. Von den Freidenkern angegriffen, mochte er sich zu verteidigen, vor dem mörderischen Nazismus mußte er fliehen, gleich im März 1938 nach dem benachbarten Ungarn, dann nach den USA, wo er vom Juni 1938 bis 1940 in Cincinnati und von 1940 bis 1945 im Franziskanerkonvent von Santa Barbara in Kalifornien gastliche Aufnahme fand und zuerst unter dem Pseudonym Frank Shields sich niederlassen konnte. Bereits aber längere Zeit schon kränkelnd, mußte er sich nach Entfernung einer Niere 1944 einer neuen Operation unterziehen, „emigrierte aber nach drei Monaten in die andere Welt" am 11. Mai 1945 und wurde in der „Old Mission" des dortigen Konvents begraben®). Wie dem um Österreichs wirtschaftlicher und poli tischer Sanierung bemühten Bundeskanzler, Prälat Dr.Ignaz Seipel(t 1932), ging es auch P. Cyrill Fischer um die echte Seelensanierung des Volkes, das er wie ein zweiter Alban Stolz ernst und kernig, stets originell anzusprechen verstand. So in seinem von Kardinal Piffl eingeleiteten Buch „Kelle und Schwert" (Wien 1925, 232 Seiten), worin er in den Abschnitten: Gottes jahr und Menschengeist, Glaube und Leben, Rosen und Domen, Christen und Werke beredt aufzeigt, was in der Zeit nottut, und voll köstlichen Humors den saum seligen Christen ins Gewissen redet wie schon die Titel: Weihnachtsdemokratie, Krippensozialismus, Osterrevolution, Neue Religion, Dickschädel der christ lichen Nächstenliebe, Schwarzgardisten, Jugend voran usw. verraten. Getrieben von echtester Seelsorge um Kinder und Jugendliche, also um die heranwachsende Generation, wandte er sich vor allem an die katholischen Eltern und überhaupt an alle Verantwortlichen in den Schulorgariisationen und Elternvereinen durch Aufklärung über christliche und antichristliche Erziehung, und unterstützte so in wirksamster Weise den durch sein massenhaft verbreitetes Kinder- und Jugendblatt (im Rahmen des Wiener Kirchenblattes) charismatischen Kinderapostel und Kirchenblattredakteur Prälat Johann Mörzinger wider die aufsteigende Konkurrenz der Sozialisten und Freidenker. „Sozialistische Erzie hung", ebenfalls von Kardinal Piffl eingeleitet, Wien 1925 und 1926 (232 Seiten), entwickelt die Geschichte des sozialdemokratischen Erziehungs- und Schulver eins „Freie Schule — Kinderfreunde", Wesen, Arbeits methode, Ziel und Stellung zur Religion belegt durch Eingeständnisse mitbestimmender Sozialdemokraten, und stellt dem gegenüber den um die religiös-caritative Betreuung bemühten katholischen Verein „Frohe Kind heit" vor. Ein volkstümlicher Auszug (Die Kinder freunde-Bewegung, Zeitwichtige Hefte 7, Wien 1924, 151 S., 1926, 3. Auflage), „Kinderfreunde und Rote Falken"(Wien 1925, 1929, 2. Aufl.), zahllose Artikel in Fach- und Popular-Zeitschriften kreisten immer wie der um katholische Kinder- und Jugendbetreuung im Verein „Frohe Kindheit" und sozialistische Kinderund Jugenderziehung in den Vereinen „Kinderfreunde" und „Rote Falken", um das Für und Wider den Reli gionsunterricht in der Schule, um Freidenkertum und mit all den zusammenhängenden Problemen und um die schwierigen und lebensnotwendigen Aufgaben der Er ziehung und Seelsorge und Verantwortlichkeit der Eltern, Elternvereine und ähnlichen Organisationen. So muß P. Fischer das Verdienst zugebilligt werden, als erster die katholische Welt auf die Bedeutung der sozia listischen „Kinderfreunde" aufmerksam gemacht zu haben. In den dreißiger Jahren wandte er sich dem richtig gefährlichen und von ihm als Todfeind eingeschätzten radikal aufsteigenden Nationalsozialismus zu, dem er sich dann auch mutig stellte und das Visier vom Ge sicht riß, nicht selten sogar in der rüden, landsknecht artigen Sprache dieser Katholiken- und österreich feinde wie die Titel: „Der Nazisozi", Wien 1932, „Die Hakenkreuzler", Wien 1932, und Aufsätze und Flug blätter erkennen lassen. Eine gründliche Auseinander setzung und Warnung erfolgte bereits im genannten „Christuskreuz und Hakenkreuz?". Auch mit der da mals so verzerrten Judenfrage und dem Problem Palästina beschäftigte er sich objektiv und erklärte mutig und nüchtern im Artikel „Der Zionismus"(Theo logisch-praktische Quartalsschrift, Linz 1934, S. 50—68): „Die Judenfrage ist also wieder einmal ganz besonders aktuell.,Juda verrefcke' und ,Juden hinaus!' sind volks tümlichste Ausdrücke dafür. Aber weder mit Sprech chören oder dem straßenfüllenden Indianergeheul ,Der Jud' ist schuld!', noch auch mit Judenboykott ist die Judenfrage gelöst. Wenn der Jude schon hinaus soll — auch er selbst will es vielfach! —,dann muß man ihn nicht bloß hinauslassen, sondern ihm sagen und Sicher heiten geben, wohin er gehen und sich niederlassen darf. ,Ho rucic nach Palästina!' antwortet darauf der nationale Pöbel, die Gebildeten aber reden von ,Zio nismus'. Wir wollen uns nun in ganz großen Umrissen mit dem Problem des modernen Zionismus befassen.'' Eine Zusammenstellung, freilich nur in Auswahl und unvollständig, möge weitere Einblicke in die, trotz der wenigen Jahre, da ihm die Möglichkeit offenen Wir kens beschieden war, geleistete Arbeit gewähren. Die „Frohe Kindheit" in Österreich, in Alois Hudal, „Der Katholizismus in Österreich, sein Wirken,Kämp fen und Hoffen", Innsbruck —Wien — München 1931, S. 252—263; „Die sozialistischen Kinderfreunde in Deutschland". Kevelaer 2. Aufl.; „Falsche Kinder freunde" (Predigten). Nr. 6 der „Homiletischen Zeit fragen", München. Christlich-pädagogische Blätter: Jg49 (1926) Rezension „Sozialistische Erziehung", p. 92; 49 U926) Rezension „Kampf um Kind und Schule", p. 328; 50 (1927) Rezension „Die Kinderfreunde-Bewegung", p. 255; 51 (1928) Rezension „Die Kinderfreunde-Bewegung", p. 168; 12
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