Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Beiträge Diözesangesdiidite BEILAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr. 3(März 1973) III. Jahrgang Nr.2 Wien,am 1. März 1973 14. Jahrgang Inhalt: 8. Viktor Flieder (f 1970).(Nachruf auf einen jungen Diözesanhistoriker).— 9. Möns.Franz Xaver Hofstaetter (1902—1968). (Kämpfer für die christliche Sportidee). — 10. P. Cyrill Fischer OFM.(f 1945). (Schuldiger Kurznachruf). — 11. Franz Wotawa (t 1954). (Einsegnungspriester). — 12. Frauenkirche und ehem. Kloster der Augustiner-Eremiten in Baden bei Wien. — 13. Herz-Jesu-Pfarre in Mödling (1925—1967).(Eine Skizze). — 14. Wiener Diözesanhistorisches. 8. Viktor Flieder (t1970) Nachruf auf einen jungen Diözesanhistoriker Dr.Peter Broucek, Wien Nicht oft— meist nur in Kriegszeiten, oder diesmal infolge einer plötzlich auftretenden Krankheit — muß des Todes eines jungen Menschen gedacht werden, der als Gelehrter ein so zahlreiches und gehaltvolles Oeuvre aufzuweisen hat. Gibt uns diese Fülle an fun dierten, mit Fleiß und Akribie erarbeiteten Werken den Mut zur Ansicht, Gott habe ihm Zeit und Kraft geschenkt, nicht nur den guten Kampf zu kämpfen, sondern auch seinen Weg zu vollenden? Daß er den Glauben immer und bis zuletzt bewahrte, dürfen alle vermuten, die ihn gekannt haben. Dabei blieben ihm Prüfungen keineswegs erspart. Am 19. Dezember 1935 in Wien als Sohn des Bankange- , stellten Viktor Josef Flieder und der Karoline geb.Tondl geboren, war seine Kindheit durch den Zweiten Welt krieg überschattet. Noch am Tag nach dem Waffen stillstand, am 9. Mai 1945, fiel der Vater in der Tschechoslowakei. Trotz der nunmehr sehr beengten Verhältnisse tat die Mutter alles, um dem Sohn, der schon frühzeitig eine große Wißbegierde zeigte, ein Mittelschul- und dann ein Hochschulstudium zu er möglichen. Die Ausbildung an Bundesrealschulen in Wien von 1945 bis 1952 ging demgemäß Hand in Hand mit der Erziehung zu großer Bedürfnislosigkeit und sympathischer Bescheidenheit, die aber den von allen Freunden geschätzten trockenen Humor des Schülers und Studenten keineswegs unterdrückte. Am 6. Juli 1953 maturierte Flieder an der Bundesrealschule Wien X und ab dem Wintersemester 1953/54 inskri bierte er an der Philosophischen Fakultät der Wiener Universität Vorlesungen der Fächer Geschichte und Geographie, wobei er noch die Hürde der Ergänzungs prüfung in lateinischer Sprache zu überwinden hatte. Während der Studienzeit betätigte er sich in der dem Cartellverband angehörenden katholisch-österreichi schen Hochschulverbindung „Pannonia", blieb aber auch seiner Kongregation an der Pfarre St. Petrus Canisius in Wien IX treu. Seine Neigung zu Problemen der Kirchengeschichte ließen ihn „Die Frühgeschichte der Cisfercienserabtei Heiligenkreuz im Wienerwald (1133 bis 1246)" als Thema seiner Doktorarbeit bei Univ.Prof. Alphons Lhotsky wählen. Angeleitet durch seine Lehrer und väterlichen Freunde, unter denen vor allem P. Dr. Leopold Grill S.O.eist, zu nennen ist, erbrachte die Dissertation anerkennenswerte wissenschaftliche Ausbeute: so die Bestätigung des Gründungsjahres 1133, neue Erkennt nisse zur Besitzgeschichte, Schlüsse auf die Entste hungsgeschichte anderer Klöster, femer neue Ergeb nisse für die Bau- und die Personengeschichte, sowie auch für die Kenntnis der Grabstätten der Baben berger. Flieder promovierte am 14. November 1957 zum Doktor der Philosophie und legte am 23. Juni 1958 auch die Lehramtsprüfung für Geschichte imd Geo graphie ab. Mit vollem Einsatz widmete er sich nunmehr seinem Beruf als Mittelschullehrer, dem er an ver schiedenen Anstalten, die längste Zeit aber, nämlich von 1961 bis 1967, am Albertus-Magnus-Gymnasium der Marianisten nachging. Während dieser Zeit wirkte er auch an der Gestaltung mehrerer Sendungen für das Schulfernsehen mit. Die Jahresberichte und Schul nachrichten seiner Schule erlaubten ihm bald weitere publizistische Tätigkeit und erleichterten den Weg zur Erkenntnis, daß seine Begabung eher auf dem Gebiet der Forschung und Lehrtätigkeit an hohen Schulen, nicht dem der Erziehung gelegen war. Zudem war er ab 1965 vom Ordinarius für Kirchengeschichte imd Patrologie an der Wiener katholisch-theologischen Fakultät als Mitarbeiter herangezogen worden. So ent stand 1967 in Zusammenarbeit die Chronik und Dokumentation „Stephansdom — Zerstörung und Wiederaufbau". In diesem Werk konnten mündliche und schriftliche Aussagen über dieses traurige imd zugleich ermutigende Kapitel der Wiener Dom- und Zeitgeschichte zusammengestellt werden. Auf dieser Grundlage gelang dann die Darstellung aller Phasen der Wiederaufbauarbeit in engster Verbindimg mit dem gottesdienstlichen Leben. Es ist für den Arbeitseifer Flieders bezeichnend, daß daneben gleichzeitig sein — wie man rückblickend feststellen muß — Hauptwerk heranreifte: die diözesan- und rechtsgeschichtliche Untersuchung „Stephansdom und Wiener Bistumsgründung". Auf einer Fülle historiographischer, urkundlicher und ding licher Quellen fußend unternahm es der Autor, zu die sem wichtigen Problem der mittelalterlichen öster reichischen Kirchengeschichte neue Quellenfunde vor zulegen, verschiedene Vermutungen zur Diskussion zu stellen und auch eine erstmalige Zusammenschau bis heriger an entlegenen Stellen publizierter Forschungs ergebnisse zu bieten. Unter anderem legte er dar, daß das Domkapitel nicht „zuerst an der Allerheiligen kapelle der Wiener Burg 1358 gegründet und 1365 nach St. Stephan übertragen, sondern erst 1365 an St. Stephan überhaupt errichtet wurde". Flieder legte neue Forschungsergebnisse zur Geschichte des Kirchenmeisteramtes, aber auch der Bürgerschule zu St. Stephan vor, gab einen eingehenden Uberblick der Verhandlungen, die zur Bistumsgründung führten, und verwendete sein geographisches Rüstzeug dazu,um den Umfang des Diözesangebietes zur Zeit der Promulgation nach der Erforschung kartographisch festzuhalten. Flieders Arbelt fand Anerkennung und gab Anlaß zu fruchtbaren Erörterungen. •Es hatte sich für seine Arbeiten als besonders nützlich erwiesen, daß er den Entschluß gefaßt hatte, ab dem Wintersemester 1967/68 Studien an der juri dischen Fakultät aufzunehmen und durch die Able gung der staatswissenschaftlichen Staatsprüfung auch in den zweiten Studienabschnitt einzutreten. Die Herausarbeitung rechtlicher Komponenten beim Ab-

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