II) 1933 (Dezember): Beschluß der österreichischen Bischofskonferenz bezüglich der politischen Betätigung des Klerus: Nach reiflicher "Überlegung, ob es günstig oder ungünstig sei, daß katholische Geistliche unter den gegenwärtig besonders heiklen politischen Verhältnis sen als politische Mandatare sich weiter betätigen, hat die Bischofskonferenz den Beschluß gefaßt, die für die Ausübung des Mandates erforderliclie beschöfliche Zu stimmung in sinngemäßer Durchführung des can. 139, § 4, vorübergehend und allgemein zurüclczunehmen. Jene hochwürdigen Herren, welche als Nationalräte, Bundesräte, Landtagsabgeordnete oder Landesräte oder Gemeinderats- und Gemeindeausschußmitglieder politische Mandate innehaben, werden hiemit aufgefor dert, ihre Mandate bis zum 15. Dezember niederzu legen. Das gleiche gilt von jeder führenden politischen Stellung. Geistliche, die sidi sonst politisch betätigen wollen, bedürfen der besonderen Erlaubnis ihres zu ständigen Ordinarius. Wien, am 30. November 1933 (WDBl. 1933 Nr. 12, S. 99). III) Vgl. dazu den anschließenden Hirtenbrief der österreichischen Bischöfe zum großen Katholikentag in Wien (7. bis 12. September 1933), ebda 99—105, worin sie die Verdächtigungen einer Parteipolitik wider legten. Dazu: Eine vorübergehende Maßnahme und ihr Echo in der Presse III a) Die Zurücklegung politischer Mandate von Seite der Geistlichen hat naturgemäß in der gesamten Presse Stellungnahmen ausgelöst. Scheinheilig, wie die Phari säer allzumal, hoben die Gegner die großen Verdienste politischer Mandatsträger aus dem Klerus hervor, aber man spürte förmlich ihr höhnisches Gegrinse, daß eine alte Forderung des Liberalismus und Marxismus nun endlich in Erfüllung zu gehen scheint. Sie wissen nur zu gut, daß es für den Mandatsträger aus dem Klerus immer eine Ehre bedeutete, nicht bloß um seines Stan des willen, sondern in erster Linie für die Bedürfnisse des Volkes den nicht immer leichten oder gar schönen Aufgaben eines Politikers gerecht zu werden. Sie wis sen ganz gut. daß er in ungezählten Fällen auch mate riell für seine Landsleute eintreten konnte, ja vielfach dieses Hilfebringen einen Großteil seiner Tätigkeit aus machte. Sie wissen ganz gut, daß durch sein politisches Mandat der Geistliche Gelegenheit hatte, rechtzeitig von drohenden Gefahren Kenntnis zu erhalten und rechtzeitig im Interesse des Volkes und seines Standes Vorkehrungen zu treffen. Sie wissen ganz gut, daß Hindernisse nicht selten von der Hochbürokratie aus gingen, der gegenüber fast nur der politische Mandatar imstande war, ein entsprechendes Gegengewicht in die Waagschale zu werfen. Daß der Klerus selbst nicht gerade mit jeder Aktion der politischen Mandatare aus seinen Reihen einer Meinung war, daß es Zeiten gab, in denen ein Geistlicher in der politischen Kampffront anscheinend eine gewisse Belastung für die Seelsorge bedeutete und daß der Klerus im Kirchenbereiche selber kein politisches Wort will, hätten die gegnerischen Blätter aus so und so vielen Kundmachungen endlich einmal wissen und glauben können. Freilich gibt es in den eigenen Reihen Einzelgänger, welche glauben, sich und der Sache den größten Dienst zu erweisen, wenn sie sich vor jedem politischen Worte die Ohren zuhalten. Freilich gibt es in den eigenen Reihen Blätter, Informationsblätter nicht ausgenommen, welche diese vorübergehende Maßnahme mit ganz merkwürdigen Sätzen begleiteten. Aber schließlich ist es unsere eigene Sache, wie wir den nun geänderten Verhältnissen bei kommen. Der Klerus hat nicht erst jetzt erkannt, daß ein Umbruch der Zeit vor sich geht, er hat seit dem Um stürze in unermüdlicher, fast bis zur Selbstaufopferung reichender Arbeit, der neuen Zeit Rechnung getragen. Er hat sich dort, wo es möglich war, Laienführer herangebildet, er hat aber auch das Hauptkontingent an Arbeit gestellt für die Aufrechterhaltung einer ver läßlichen Schar in der Bevölkerung. Die Gegner wissen ganz gut, daß die kommende Verfassung, soll sie zu tiefst im Volke wurzeln, viel Erklärung und viel des Hineintragens bis in das letzte Dorf braucht. Sie haben nun vielleicht Gelegenheit, dies in ihrem Sinne auszunützen. Ob nicht gerade hier für den erfahrenen Klerus ein Feld gewesen wäre, das im Interesse unseres Volkes und seiner angestammten Güter angelegentlichst zu bebauen gewesen wäre. Eines haben alle Blätter übersehen oder übersehen wollen: Eine vorübergehende Maßnahme! Korrespondenzblatt für den katholischen Klerus, Wien 1933, Nr. 22, S. 221. IV) 1938 (Mai): Aus Anlaß der Zwischenschaltung der „Arbeitsgemeinschaft für den religiösen Frieden" gab das eb. Ordinariat das begründete Aviso heraus: Da alle Seelsorger, besonders auch die Bischöfe für die Seelsorge als wichtiger Volksbetreuung den religiösen Frieden ohnehin wünschen und kirchliche und staat liche Stellen eine klare Scheidung der beiderseitigen Belange anstrebten, für diese Aufgabe die verantwort liche Führung dieser Stellen berufen sei und jedes auch gut gemeinte Eingreifen einzelner Priester in diese oder andere politische Belange eine unerwünschte Belastung bedeute, wird deshalb den Priestern jed wede politische Betätigung in der Seelsorge, aber auch neben der Seelsorge untersagt (WDBl. 1938, Nr. 5, S. 45). V) 1945 (August): Weisungen. 1. Z. 708 V. 4. April 1945: Die Seelsorger haben sich im Sinne der Weisungen (WDBl. 1938, S. 45) in der Predigt wie in der ganzen Seelsorge auf das rein Religiöse und Charitative zu beschränken. — Die Seel sorger mögen sich sowohl selbst weit möglichst caritativ bestätigen als auch die Gläubigen dringendst dazu auffordern. — 2. Z. 708 V. 17. April 1945: Gemäß can. 138 CIC darf ohne Ordinariatserlaubnis kein Priester eine Zeitung oder Zeitschrift herausgeben oder daran mitarbeiten. Gemäß can. 139 CIC darf kein Priester ein öffentliches Amt ohne Ordinariatserlaubnis übernehmen. Es ist mein ausdrücklicher Auftrag, daß die Priester sich von der Übernahme öffentlicher Ämter fernhalten, in politische Angelegenheiten sich nicht einmengen und keinerlei Empfehlungen für weltliche Stellen geben. — Die Bildung von Priestervereinigungen oder Ausschüs sen irgendwelcher Art bedarf der Ordinariatsgenehmi gung. (WDBl. 1945, Nr. 5/8, 9). VI) 1945 (August): Plakate politischer Parteien dürfen an der Kirche nicht angeschlagen werden. (WDBl. 1945, Nr. 5/8, 19). VH) 1947 (Februar): Der gegenwärtig in Preßburg laufende Staatsprozeß gegen Dr. Tiso gab Gelegenheit, daß maßgebende vatikanische Stellen einen Kom mentar über die aktive Beteiligung von Priestern an der Politik abgaben. Gegenüber der Behauptung, der Hl. Stuhl habe nie Vorbehalte bezüglich der Politik Dr. Tisos gemacht, wird erklärt, daß diese nicht nur nie eine Billigung fand, sondern daß der ehemalige Präsident der Slowakei vom Hl. Stuhl gelegentlich stark kritisiert worden ist. Besonders als die mit dem Christentum unvereinbare Rassengesetzgebung einge führt wurde, brachte der Vatikan beim zuständigen Diözesanbischof von Dr. Tiso seine Vorbehalte an. Es ist jedoch irrig, wenn behauptet wird, der Vatikan werde den Fall Tiso zum Anlaß nehmen, um ein allge meines Verbot der politischen Betätigung von Priestern zu erlassen. Schon heute geht die kirchliche Auffas sung eindeutig dahin, daß die Geistlichen an Partei politik sich in keiner Weise beteiligen sollen. Geist und Mission der katholischen Kirche sind auf die Allge meinheit gerichtet, Parteipolitik ist ihrer Natur nach parteiisch. Priester dürfen darum keine Haltung ein nehmen, die in bestimmten Lagen mit ihrer geistlichen Aufgabe unvereinbar werden könnte. In Übereinstim mung mit diesen Grundsätzen enthalten darum ver schiedene Konkordate ein ausdrückliches Verbot der
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