bereiste, beleuchtet^). Nun soll versucht werden, ein Bild von der Lage zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges zu geben. Dazu dienen uns Briefe und Be richte-) des Dechanten Daniel Edinger von Muthmannsdorf aus den Jahren 1633—1641. Allerdings sind diese Dokumente lückenhaft; manches muß aus An deutungen erschlossen werden. Wegen der Eigenart der Briefe und wegen der Tatsache, daß sie noch nicht archivalisch geordnet sind, kann der genaue Ort der Zitate nicht angeführt werden. Am Ende des Auf satzes werden jedoch die wichtigsten Quellen regestenraäßig zusammengestellt. Zwei Vorbemerkungen scheinen notwendig: Wenn gleich der Hauptkriegsschauplatz im Dreißigjährigen Krieg weiter nördlich lag, stand doch das Grenzland an Fitten und Schwarza unter ständiger Bedrohung. Für 1621 und 1622 etwa sind Einfälle fremder Streif scharen bezeugt. Eine verblichene Inschrift an der Prigglitzer Kirche, in der Chronik festgehalten, er zählt:„Anno 1621 Ferdinande II. Imperatore mane hora VII, 30. Septemb. dum praeter spem Türe, et alii rebel ies ardenti furore in hanc convallem subito irrumperent, en, ego Laurentius Schott quatuor horis metu dirae mortis in ossario latens..." Am 20. Februar 1634 schreibt Dechant Edinger an den Bischof: „Ewer Fürstl. Gnaden hab ich hiemit unterthänigst berichten sollen, daß ich von unterschiedlichen ersuchet worden, daß ich Jeniger Ehleüten, deren weiber oder Mäner in die Türkische Servitut noch vor 12 Jahren geführet, ohne genügsam Erweisung, das der entführte Theill zeitlichen todts verschiden, oder umbkommen wäre, wie auch beygelegte Attestation außweist, widerumb zu heyraten bewilligen sollte..." In den dreißiger und vierziger Jahren war das Viertel unter dem Wienerwald Etappen- und Ersatzgebiet für die kaiser liche Armee^). Ferner waren die bedeutendsten Adelsgeschlechter unseres Gebietes, die ja mit der Grundherrschaft auch das Patronat über viele Kirchen innehatten, entweder — wie die Königsperger — selber protestantisch, oder sie neigten — obwohl katholisch — der lutherischen Lehre zu, wie etwa die Ursenbeck. Der Kaiser war auf die Unterstützung der Stände angewiesen, so daß die Rekatholisierung des Landes nur langsam Fort schritte machte. Und Josef Markus v. Altringen, Bischof von Seckau und Salzburger Generalvikar für den Neustädter Distrikt, führt noch an, daß manche Pfarren an das unkatholische Ungarn grenzten. So würde„dem gemainen Mann" vielleicht Anlaß gegeben, „auf das Hungarisch zu den Praedicanten sich zu ver fügen". Diesen Hintergrund muß man vor Augen haben, wenn man die wenig erfreulichen Berichte von Dechant Edinger liest. Im ganzen Gebiet gab es keinen Pfarrer, der ord nungsgemäß in sein Amt eingeführt worden wäre: „denn keiner, seytherwo ich unwürdiger Decanus, sich wie in anderen Dioecesen gewöhnlich installiren las sen, außgenommen H.Pfarrer zu Prigglas, welcher mir von Ihr Kayl: Mayst: zu installiren allergnedigest presentirt worden". Der Name dieses Prigglitzer Pfar rers lautet Nicolaus Gaiffus. Doch die Schuld liegt nicht an den Pfarrern allein. Sie sind vielfach ihren akatholischen Patronen und Vögten ausgeliefert, denn die Grundherren verfügen über die Pfründen nach Gutdünken. Der Dechant hat viel Ärger deswegen. Alle Pfarren des Distriktes hatten Privatpatrone. Nur Prigglitz war landesfürstlich. Die Pfarrherren, die ohne Legitimation auf ihren Pfründen saßen, kümmerten sich keinen Deut um ihre Vorgesetzten. Die Konferenzen und Synoden werden geschwänzt, bischöfliche Anordnungen ignoriert, ab- ^) Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte, 1967, S. 8ff. Diözesanarchiv Graz, Fasz. 0/2—109. ®) Vgl. Karl Gutkas, Geschichte des Landes Niederösterreich, II S. 91 ff. geforderte Berichte einfach nicht gemacht. — Mit Staunen verfolgt man den Streit des Mönichkirchner Pfarrers mit dem Grundhei-rn: Pfarrer Madtier hatte widerrechtlich im herrschaftlichen Wald Holz geschlägert, d. h. gestohlen. WoHf Mathias von Königsperg ließ daraufhin die Ochsen des Pfarrers pfänden. Der Dechant wird eingeschaltet und redet dem Pfar rer gut zu. Der Pfarrer verspricht Schadenersatz, doch kaum ist der Dechant weg, holt er sich eigenmächtig die Ochsen aus dem herrschaftlichen Stall. Kurz dar auf hat er sich, wohl um Weiterungen zu vermeiden, „sambt der concubia unnd kindern hinwegbegeben, wohin ist zur Zeit noch unbewußt". Der Lebenswandel der Geistlichen liegt im argen. Viele Pfarrer haben Konkubinen, aber nicht etwa heimlich. Der Dechant ist machtlos dagegen. Pfarrer Fischer von Aspang soll 1638 wegen seiner Konkubine „abgeschafft" werden. Er verspricht Besserung. 1641 scheint er wiederum auf der Liste der Konkubinarier auf. Der Dechant muß sich rechtfertigen, daß er nichts unternommen habe. Zum Teil sind es die wirren Zeitläufte, zum Teil Kompetenzschwierigkeiten, die den Dechanten in der Ausübung seiner Pflichten behindern. Der Bischof von Wiener Neustadt, der Propst von Reichersberg sowie von Neukloster, Grundherren und Landmarschälle machen dem Dechanten das Leben sauer. Gegen die unbotmäßigen Pfarrer muß „bracchium saeculare zu Hülff" gerufen werden. Wenn kirchliche Zensuren nichts erreichen, geht die weltliche Behörde mit Geld strafen gegen die Geistlichen vor. 1637 werden den Pfarrern von Mönichkirchen, Schönau und Bromberg die Hälfte ihrer Einkünfte entzogen, die Pfarrvikare von St. Lorenzen und St. Valentin von ihrem Abt (Heiligenkreuz) „auctoritate amoniert" und mit 300 fl. Geldstrafe belegt. Daß zu solch drastischen Zwangs mitteln gegriffen werden muß, zeugt vom traurigen Zustand des Klerus. Denn diese Strafen wurden erst verhängt, wenn gütliches Vorgehen und geistliche Strafen nichts fruchteten. Daß solche Priester wenig Ansehen im Volk be saßen, ist nicht verwunderlich. Eine Episode soll dies dartun: Pfarrer Fischer aus Aspang war auf einer Hochzeit aufgefordert worden, auf das Wohl des Reichersberger Propstes zu trinken.„Nachdem ich aber schon weit über die zehen Mal auf die selbige Gesundtheit getrunken hab", habe er abgelehnt,- worauf „mihr der bräutigam alsobaldt einen solchen streich gewen ohnversehener weis, daß ich darüber zu boden gefallen und wol eine gute stundt, midt Ehren zu reden, aus mundt und nasen geschweißet..." (Der Bräutigam war Schwager des Propstes!) Erst spät im 17. Jahrhundert besserten sich die Verhältnisse. Dazu haben nicht wenig die neuen Herr schaftsgeschlechter der Hoyos, Pergen und Walsegg beigetragen. Ohne die Unterstützung der weltlichen Grafen hätten die Bemühungen der Bischöfe wenig Erfolg gezeitigt. Angesichts der heutigen Schwierigkeiten in der Kirche mag eine solche Dokumentation nützlich, sein: Sie zeigt, daß schon ärgere Krisen überwunden wer den konnten. Sie zeigt aber auch, daß die Schwierig keiten durch Zusammenwirken des ganzen Volkes Gottes — Klerus wie Laien — gemeistert werden müssen. Dokumentation 1. 1633, X 21. Seggau. Obwohl Dechant Edinger die abgelaufene Lizenz, ab haeresi zu absolvieren, seinem Gesuch nicht beigelegt hat, befür wortet Bischof Josef Marx**) das Ansuchen um Neugewährung, „damit die armen Seelen aldort nicht gefahren(= in Gefahr kommen) oder ain saumbsal verspührt möchte werden". •^) Josef Markus v. Altringen, Bischof von Seckau (1633—1664) 46
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