Beiträge zur Wiener Diözesangeschidite BEILAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr. 11 (November 1972) 110. Jahrgang Nr.6 Wien, am 1. November 1972 13. Jahrgang Inhalt: 36. Zur Pfarr- und Kirchengeschichte von Oberstinkenbrunn. — 37. Kardinal Dr. F. G. Piffl und der Priesterdefizientenverein. — 38. Altbundespräsident Mihlas kondoliert zum Tod Erzbischofs Kamprath 1952. — 39. Gottesdienst-Stätte im Winarsky-Hof, Wien XX (1934/1935). — 40. Ein Pontifikal-Motiv im Barock.— 41. Die Pfarrer und Provisoren der Pfarre Karnabrunn. — 42. P. Franz Ser. Volbert SJ. Immerwährender Beichtvater (t 1966). — 43. Kirchliche Verhältnisse im Neustädter Distrikt 1633— 1641. — 44. Ubernahms-Protokoll der ehemaligen k. u. k. Burgkapelle 1920. — 45. Die Preußen im Kriegsjahr 1866 in der Pfarre Schöngrabern. 56.Zur Pfarr- und Kirchengeschichte von Oberstinkenbrunn Karl Keck. Senning Im entfernteren Raum von Wien gibt es drei Orte, deren Namen mit einem „stinkenden" Brunnen zu sammenhängt; zwei im Weinviertel und einer im Burgenland (Oberstinkenbrunn, Unterstinkenbrunn, Stinkenbrunn/Bgld.) Oberstinkenbrunn hat seinen Namen von einer Schwefelquelle, bei der jetzt eine Andachtsstätte be steht. Unterstinkenbrunn wollte seinen Namen in einen Petersbrunnen umwandeln; man scheint aber wieder davon abgekommen zu sein. Oberstinkenbrunn wurde 1338 durch Herzog Albrecht III. dem von ihm gestifteten Kartäuserkloster Gaming geschenkt^). Gaming vermehrte durch Schenkungen und Käufe seinen Besitz-) und hatte 1590 mit 56 Untertanen auch das Dorfgericht zu eigen^). In Aspersdorf gab es ein Haus, das dem Pfarrer von Aspersdorf gehörte; es war etwa für die Erlaubnis zur Gründung der Filiale an Aspersdorf gekommen. Bei der Aufhebung dieses um die Kultivierung des ötschergebietes hochverdienten Klosters 1782 ist Gaming Staatsherrschaft geworden. Der Staat verkaufte den Besitz über Stinkenbrunn 1816 an den Advokaten Lewitschnigg^). 1848 hörte die Untertänigkeit auf, das Herrschaftshaus ist jetzt ein Bauernhaus (Nr. 81). Im Dorf — es ist unbekannt, wann es Markt gemeinde geworden ist — besteht eine Leonhardikirche, die 1400 das erste Mal genannt wird, aber in ältere Zeit hinauf reicht^). 1429 wird an ihr gebaut; ein Peter der Gugl ver macht am 3. Dezember zum Bau einen Weingarten''). Die jetzige Kirche entstand 1653 als Zubau zum Presbyterium, das im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts erstellt wurde. 1400 taucht der Flurname „bey der kirchenn" auf. Der Aufbau des Turmes erfolgte 1668. Im Jahre 1764 wurde der Kii-chenturm, weil dem Ein sturz nahe, neu aufgeführt. 1715 Vvmrde das Gewölbe neu geschaffen. Es fiel architektonisch nicht sehr glücklich aus, da der Rundbogen, der Presbyterium und Schiff trennt, weitgehend die Sicht auf das Kreuz rippengewölbe im Altarraum nimmt'). Um 1925/26 waren kirchlicherseits Bestrebungen im Gange, eine neue, größere Kirche zu bauen. Bei der Kirche bestand schon 1368 ein Widern (Pfarrhof)^). 1762 wohnte der neue Provisor in einem Bauernhaus®). 1779 brannte der Pfarrhof ab und wurde am 18. Mai 1785 wieder bezogen^®). 1793 wurde er durch einen aus besseren Baustoffen erstellten ersetzt''). 1786 war zum Pfarrhof ein Weinkeller gekauft wor den'^). 20. März 1298 bestand die Leonhardikirche, als das Gotteshaus Espansdorf (Aspersdorf) einen Ablaßbrief empfing, wohl noch nicht; in der römischen Urkunde für Aspersdorf stehen wohl als Ablaßtage St Leonhard und St. Nikolaus'®), welchen Heiligen in Oberstinken brunn der Hochaltar und ein Seitenaltar geweiht waren. Hauptanziehungspunkt in der Kirche war der Seitenaltar (ein Marienaltar bestand außerdem 1686''']). Er und die Schwefelquelle seitwärts der Kirche werden nicht nur zu Leonhardi besucht worden sein. 1761 gab es am Leonharditag eine Kollekte von 100 Gulden, die nicht nur von verkauften Bildern einkam, sondern auch von Gebildwachs(Figuren von Menschen,Körper teilen, von Tieren und Sachen) herrühren wird'^), denn in der Kirchenrechnung von 1783 heißt es: den „Män nern bei der Wachskammer" für 1783/84 zwei Gulden, dem Bründlvater 1 Gulden'®). Auch Votivtafeln dürften in der Kirche aufgemacht worden sein, denn 12. Dezem ber 1760 verlangte Pfarrer J. M. Reff von Aspersdorf, daß eine zu Ehren St. Leonhards geopferte Tafel ab genommen werde"). Am Leonhardialtar bestand ein eigener Kaplan. 1400, am Nikolaustag, gelobte ein Simon Frey dem Prior Friedrich von Gaming als Patron Gehorsam'®). Ein Stephan von Niedersievering hatte zur Kirche (oder zum Seitenaltar) eine Stiftung gemacht. Durch die Husiten war das Einkommen geschmälert worden. Die Gemeinde behob dies und entschädigte den Pfarrer Hans Selb von Aspersdorf, der das Patronat dem Prior Friedrich und dem Konvent Gaming überlassen hatte, 1438 durch Hingabe von je einem Weingarten im Kleinen-, bzw. Mitternberg'®). 1440 schrieb der kaiserliche Notar Nicolaus Gerlaci diesen Brief lateinisch und deutsch ab-®). Der Kaplan am Leonhardi altar scheint auch den Dienst am Hauptaltar ver sehen zu haben, bis Priestermangel den Pfarrer von Aspersdorf zwang, den ganzen Kirchendienst zu lei sten. 26. November 1475 hatte der Kardinalpriester Baptista von St. Anastasia zu Rom auf Betreiben des Laien Thomas Hyebarth zum Nikolausaltar einen Ab laß von 100 Tagen, darunter auf Maria Geburt ge geben-'). Als Seelsorger erscheinen 1469 ein Plebanus Purckhardus, der den Herbstteil eines Breviers (jetzt im Stiftsarchiv Vorau) abgeschrieben hatte®^). 1504, am 9. und 12. Juni ein Capellanus Ciriacus als Beneficiat. Sein Patron ist der Prior von Gaming, der mit dem Pfarrer von Aspersdorf im Streit ist"'). 1555 und 1556 wirkt in Oberstinkenbrunn der Diakon, bzw. Provisor Philipp Schwab, auch Cecus (der Blinde genannt^'). Um diese Zeit bemühte sich der Gutsherr Michael Ludwig von Puchalm über Göllersdorf und Aspersdorf mit Eifer, in den Besitz des Patronat^rechtes zu kom4J
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