Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Beiträge Diözesangesdildite BE ILAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr. 9 (September 1972) 110. Jahrgang Nr.5 Wien,1.September 1972 13.Jahrgang Inhalt: 30. Vom Heilig-Geist-Kult im Wiener Erzbistum (In neuerer Zeit). — 31. Möns. Josef Altrichter (t 1967). Apostel des Wiener Seraphischen Liebeswerkes.— 32. Von der Januarius-Kapelle,einem ver gessenen, noch bestehenden Heiligtum. — 33. Pummerin-Gedächtnis in Linz. — 34. Eine Klärung in: Stiftskirche, Wien VII.— 35. Neubauten des Kirchlichen Bauamtes der Erzdiözese Wien von 1945 bis 1971. 30.Vom Heilig-Geist-Kult im Wiener Erzbistum (In neuerer Zelt) Dr. Franz Loidl Ist gewiß der Kult des Heiligen Geistes in den Drei faltigkeitskult, der im Spätmittelalter und im Barode eine weitverbreitete und echt volkstümliche Pflege ge funden hat, eingeschlossen, rief man doch in den Pestund Türkennöten die Allerheiligste Dreieinigkeit innigst an und errichtete überall ihr zu Ehren Gelübdund Denksäulen, Kirchen und Bruderschaften^), so ge noß doch auch, wie die Frömmigkeits- und Andachts geschichte erweist, die dritte göttliche Person wie die zweite, wenn allerdings weitaus nicht so häufig und lebendig, eine spezielle Verehrung (Anbetung) und Anrufung. Im fromm-gläubigen Spätmittelalter, da edle Wohl täter (meist Heilig-Geist-Bruderschaften) fast in jedem größeren Ort ein Spital stifteten, wurde die Kapelle nach dem Muster des römischen Hospitals Santo Spirito in Sassia dem Heiligen Geist als „Tröster und Vater der Armen" geweiht und das Spital als HeiligenGeist-Spital gekennzeichnet^). Im alten Wien stiftete der Arzt und Kaplan Herzogs Leopold VI. des Glorreichen (1208/30), Meister Gerhard, außerhalb des Kärntnertors (am Wienfluß) das nach dem Heilig-Geist-Orden benannte Hospital, das all mählich mit guten Stiftungen bedacht wurde, aber im ersten Türkensturm 1529 untergegangen ist®). Auch Apotheken wurden mit Namen und Zeichen oder Symbol (Taube mit Nimbus) des Hl. Geistes be dacht, wofür noch in der Nibelungengasse (Wien I) ein schönes Beispiel vorhanden ist. Selbstverständlich ist die Erinnerung fast un nötig, daß Liturgie, Pflngstnovene, Pfingstfest, Rituale, Brevier, Chorgebet, Rosenkranz und die Unzahl an Ge beten bis heute das Ihrige zum Gedächtnis an den Hei ligen Geist beitragen"'), daß auch in Katechese, Firm unterricht und bei der Spendung der Firmung durch Ansprachen und Texte schon die jungen Christen und bei dieser Gelegenheit auch die älteren Jahrgänge (die Paten und Patinnen) für den Hl. Geist lebendig und warmherzig angesprochen werden u. n. a. Hier muß vor allem an den charismatischen Schriftleiter des „Wiener Kifchenblattes", Prälaten Johann Mörzinger (t 22. 4. 1944), gedacht werden, der durch die einmalige Massenauflage von Hundert tausenden „Feuerzeichen, Ein Brief an die Firmlinge"®), alles bisher für den Heiligen-Geist-Kult Geleistete übertroffen hat. Auch eigene Heilig-Geist-Bücher®) und Artikel wären anzuführen. Aber die Klagen über zuwenig und gar über einen doch mehr oder minder „unbekannten Gott"') wollten nicht verstummen und scheinen auch für das Erzbis tum nicht ohne Berechtigung zu sein. Auch die ge legentlichen Predigten im Ablauf des Kirchenjahres vermögen nicht voll zu befriedigen®). Um so erfreulicher und geradezu als anregend und beispielhaft imd verdienstlich wirken deshalb da und dort Versuche und Bemühungen um ein höheres Ver ständnis des Heiligen Geistes und vor allem die prak tische Pflege seines dauernden, in den Alltag eingrei fenden Kultes. So wurde unter anderem 1882 an der Lazaristenkirche in Wien VII (Kaiserstraße) die Erzbruderschaft zur immerwährenden Anbetung und Verherrlichung des Hl. Geistes gegründet, mit Ablässen versehen und zur Erzbruderschaft für die Österreich-ungarische Monarchie erhoben. Ein Hauptzweck sei auch gewesen, heißt es, das Gebet um Priester zu fördern, „die ja die Organe des HI. Geistes seien". Und seither habe man eine auffallende Zunahme von Anmeldungen zum Priesterstand wahrnehmen können®). Zu den bedeutendsten Förderern des Heilig-GeistKultes im Wiener Bistum und darüber hinaus wurden der Stifter der Steyler Missionäre bzw.der Gesellschaft des göttlichen Wortes(auch Väter vom göttlichen Wort) Arnold Jannssen (f 1909), der 1889 das Missionshaus St. Gabriel bei Maria Enzersdorf oder Mödling, Nö., begründete und durch die dem Heiligen Geist geweihte Kirche hier ein lebendiges Zentrum des Heilig-GeistKultes erweckte"), und sein Bruder Johannes Jannssren (t 1898), Rektor des Hauses in St. Gabriel (1889—1898), der als noch glühenderer Verehrer des Heiligen Geistes galt"). Auch der weibliche Zweig, die Missions genossenschaft der Dienerinnen des Heiligen Geistes, dient seit 1889 diesem besonderen Anliegen^^). Daß in St. Gabriel auch eine Bruderschaft bzw. Erzbruder schaft zu Ehren des Hl. Geistes ins Leben trat und ge pflegt wurde, ist nur selbstverständlich^®). Nach der großen Heilig-Geist-Kirche zu St. Gabriel weist das Erzbistum bisher nur drei Heilig-GeistKirchen und zwei Heilig-Geist-Filialkirchen bzw. pri vate Schloßkapellen auf: die 1911 erstmals mit Eisen beton aufgeführte Heilig-Geist-Kirche auf der Schmelz (Wien-Ottakring), an der seit 1930 die Herz-JesuPriester die Pfarrseelsorge ausüben^"'), dann die 1966 vom Ardiitekten Nobis im modernen Stil ausgefühirte Pfarrkirche in Spillern bei Stockerau^®) und neuestens die am 20. Dezember 1970 in der Südstadt von Wien ge weihte Heilig-Geist-Kirche"). Dazu sind zu nennen: die Pillalkirche und private Schloßkapelle in Kirch stetten, Pfarre Neudorf bei Staatz, und die Pilialkirche in Tiefental, Pfarre Niederrußbach (Dekanat Großweikersdorf)^"^). Als Besonderheit sei noch in Erinnerung gebracht, daß Österreich und damit die Wiener Erzdiözese nicht nur dem Herzen Jesu (schon 1899 und im Kriegsjahr 1915) und der Unbefleckten Empfängnis (im Kriegsjahr 1944, am 7. Oktober)^®), sondern in der Bedrängnis des 33

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