Wiener städtisdien Dienst als Religionslehrer Anstel lung gefunden hatte, ein federgewandter Mann,der ein „Katholisches Sonntagsblatt" schuf, in dem er einen Extrakatholizismus predigte, den jeder besitzen sollte, der nicht auf dem Index seines Blattes stehen wollte. Er trieb es so arg, daß eines Tages Kardinal Nagl mich zu sich lud, um sich über eine autoritative Einstellung dieses privaten Ketzergerichtes auszusprechen. Er war unwillig und beunruhigt über die Folgen dieser Treibe reien, von denen er besorgte, daß sie in Rom unlieb same Wirkungen haben würden. Man hatte in Rom jedoch Besseres zu tun, als auf das Inquisitorium eines Wiener städtischen Religionslehrers zu hören, der über dieser Tätigkeit, wie mir der damalige Magistrats direktor Dr. Weiskirchner mitteilte, 146 seiner pflicht gemäßen Religionsstunden im letzten Schuljahr ver säumt hatte. Wiederholt schoß Mauß, der gesellschaftlich ein lieber Kerl und mir persönlich nicht unsympathisch war,ob ihrer „sdiadhaften Orthodoxie"die „Reichspost" heftig an. Ich tat, als ob ich davon nichts gehört und nichts gesehen hätte. Worauf mir der Autor aufgebracht erklärte; „Wenn ihr doch wenigstens einmal mich an greifen würdet, aber dieses euer Schweigen ist un erträglich, es ist empörend." Wir haben mit unserem Schweigen sein Reden überdauert. In gewissen Lagen, wenn man seiner eigenen Sache sicher ist, wird Schwei gen zur besten Parade. Nochmals muß wiederholt werden, daß Katechet Mauß ob seiner häufigen und langen Abwesenheit und seiner dadurch bedingten Vernachlässigung des Religionsunterrichtes'^) frühzeitig, das ist mit 15. Sep tember 1912, in den Ruhestand versetzt wurde"); auch ist anzumerken, daß er keinesfalls die theologische Ausbildung und Eignung besaß — er war nicht, wie gelegentlich irrtümlich behauptet wurde, Doktor der Theologie —,") auch war er nicht von seiner Obrigkeit für seine eigenwillige Tätigkeit befugt, dafür aber um so mehr gefürchtet, gemieden und belastet. Anmerkungen:') Als interessant sei erwähnt, daß es im Wiener Bistum bereits einen Anton Maus (nicht Mauß) gab, der 1737—1754 Pfarrer von Guntramsdorf war und über den es Köstliches zu berichten gab. Siehe Josef Knoll, Chronik der Markgemeinde und Pfarre Guntramsdorf. Ebda 1957, S. 167. — Lt. Mitteilung Dr. Gerhard Winners aus Archiv uxxd Personalstand der Diözese St. Pölten v. 5. November 1970. — ''l Erzb. Ordinariatsarchiv Wien. Personal-Tabelle II 673 f.; Wiener Diözesanblatt 1899, 36; 1901, 132; 1917, 136;Per sonalstand d. Wiener Erzdiözese; Nekrologium d. Geist lichkeit d. Erzdiözese Wien 1947, 115. — '*) Ebda. — ®) Trauer-Parte. — ®) Krebs Leopold, Das caritative Wirken der katholischen Kirche in Österreich im 20. Jahrhundert; Graz—Wien 1927, S. 132. — ^) Siehe dazu die Darlegung Mauß' in der Debatte: öster reichische Leo-Gesellschaft. Der zweite pädagogischkatechetische Kurs in Wien, 16. bis 29. Februar 1908, Wien 1908, S. 286—288. — ®) Siehe Schriftenverzeich nis. — ") Unterstaatssekretär für Auswärtige An gelegenheiten im päpstlichen Staatssekretariat. Mehr über diese bestimmende Persönlichkeit an der röm. Kurie bei Schmidlin Josef, Papstgeschichte der neue sten Zeit, München 1936, Bd. III; Engel-Janosi Fried rich, Österreich und der Vatikan (1903—1918) II, 1960; Poulat Emile, Integrisme et Catholicisme Integral, Paris 1969, u. a. — '") Nahm ihn als Mitglied in das vorbereitende Komitee des XXIII. eucharistischen Weltkongresses in Wien auf. WDBl. 1912, 67. — ") Lt. Mitteilung des Prälaten Josef Wagner, damals dessen f. e. Zeremoniär. — '-) Vom Gestern ins Heute. Aus dem Kaiserreich in die Republik. Wien 1952, S. 348. — "') Sein Vertreter als Religionslehrer mußte ausgerech net der heiligmäßige P. Dr. Gregior Gasser S.D.S. sein. P. Eliseus M. Gabelseder S. D. S. P. Dr. Gr. Gasser, Wien 1915, S. 101. — ") WDBl. 1912, 198. — 'S) So P. Angelus Walz OP. Andreas Frühwirth. Wien 1950, S. 347, worin es auch heißt, daß genannter Kirchenfürst oft mäßigend eingewirkt habe,leider aber vergeblich.— Schließlich sei zu Qu. u. Lit. noch ergänzt, daß die Chronik von St. Ruprecht, das Wiener Diözesanarchiv, das HHSTArchiv in Wien, das Vatikanische Archiv, die Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs 1964/ 1965 und entsprechende Werke zu den oben genannten einzusehen wären, was aber hier nicht Aufgabe und daher auch nicht Absicht war.— Auch sollte als wichti ger Zeitgenosse, Augen- und Ohrenzeuge der schon genannte damalige f. e. Zeremoniär der Kardinäle Nagl und Piffl und nunmehrige Dompropst von St. Stephan, Josef Wagner befragt und vor allem dessen Tagebuch ausgewertet werden. Leider am 10. 5. 1972 gestorben. Schriftenverzeichnis: Mariazeller Wallfahrtsbüch lein, Wien 1901; O Maria, zu dir kommen wir! Gebete und Lieder auf der Wallfahrt nach Mariazell,Wien 1905, 1908 (4. Aufl.), 1914 (5. Aufl.); Mariazeller Glöddein, Monatsblättei', Wien 1907/1916; Österreichs katholisches Sonntagsblatt (2. I. 1910 — ii. IV. 1915), Wien. 27. Pfarre Rauchenwarth, series pastorum tFranz Langwieser Die unter dem Augustinerchorherrnstift St. Doro thea in Wien (heute I.) bis zu dessen Aufhebung 1782 bestehende rein bäuerliche Ortschaft Rauchenwarth samt Kirche und Wallfahrtskirche Maria Brünnl und Brünnlkapelle war vor der Erhebung zur Pfarre 1783 Filiale der Pfarre Wienerherberg und weist folgende Seelsorger-Liste aus: 1783—1794 Josef Koblitz (installiert 17. VI. 1774), 1794—1812 Ignaz Dreisch (Dreist), 1812—1823 Johann Camillus Wiester, 1823—1824 unbesetzt, 1824—1832 Johann Nepomuk Stainitz, 1832—1871 Jakob Dopf(pensioniert), 1871—1882 Johann Jung, 1882—1898 Johann Charbula, 1898—1913 Alois Nader(gest. in Rauchenwarth 28. X.1913), 1914—1930 Karl Mylik (gest.in Rauchenwarth 24. VI. 1930), Exkurr.-Prov. Bruno Huber, Lok.-Prov. von Wiener herberg, 1933—1955 Wilhelm van den Bergh 1955— Lok.-Prov.Rudolf Leeb. Maschingeschriebene Chronik der Gemeinde und Pfarre Rauchenwarth (Pfarrarchiv), S.34. 28.Erscheinungstäuschung in der Bründlkapelle zu Rauchenwarth Im }ahre 1930. Nur hier? „Im Mai 1930 verbreitete sich in Rauchenwarth und in der Umgebung das Gerücht, daß an dem Chri stuskopf des großen alten Holzkreuzes in der Bründl kapelle*) Veränderungen zu bemerken seien. Während viele Leute nichts bemerkten, behaupteten einige — nicht ganz unglaubwürdige — Frauen, daß sie deutlich sahen, wie sich die Zunge im Munde bewege, als ob der Heiland sprechen wollte. Diese Vorgänge seien aber nur sekundenlang zu beobachten. — Es ist nicht aus geschlossen, daß die eigenartigen Belichtungsverhält nisse gerade um die Mundhöhle des Christuskopfes der Anlaß und Ursache dieser Beobachtungen bildete. Zu den Spöttern, die sich reichlich fanden, ist auch der hiesige s. o. O zu recihnen. Da weitere Beobachtun gen nicht mehr gemaciit wurden, geriet die Sache bald wieder in Vergessenheit." (Eintragung im letzten Jahre des am 24. Juni 1930 verstorbenen Pfarrers Karl Myslik von Rauchenwarth in der dortigen Pfarrchronik). Dr. F. L. *) Filial- und Wallfahrtskapelle Maria Brünnl. Bezirksbote (Schwechat)vom 26. Mai 1929. 30
RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=