Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

liegenden Denkschrift sagt er wörtlich, daß mit Hülfe seines Buches nicht blos Seelsorger sondern auch Landsohullehrer u. Schulgehülfen ohne wissenschaftliche Bildung Taubstumme mit sicherem Erfolge unter richten können ohne je das Verfahren bey diesem Un terrichte igesehen zu haben. Auf der 12. Seite führt er sogar sich auf die Er fahrung berufend einzelne Landschullehrer als Beweis an, daß man ohne alle Anleitung bloß mit seinem Buch die Taubstummen unterrichten kann. Wie kommt es nun,daß itzt, wo das Werk von so vielen gekauft und sogar auf Kosten des Staates ver theilt worden ist, derselbe Mann so viele Professuren errichten und alle Theologen und Schullehrer die Vor lesungen zu besuchen zwingen will? Das f. Kons, muß zwar sagen, daß das vom Kate cheten Czech herausgegebene Werk weder etwas Neues noch besonders Gründliches enthält u. mehr den bei gefügten Bildern als dem Inhalt seinen Ruf verdankt; allein dasselbe glaubt doch daß ein denkender Mensch der Lust und Liebe zugleich besitzet, sich durch dieses Werk fähig machen kann einen Taubstummen zu unter richten. Das f. Kons, wünschet und hoffet daß so wie es bis itzt geschehen ist, einzelne Geistliche u. Lehramts Kandidaten das Taubstummen Institut besuchen u. sich dort die nothwendige Bildung erwerben werden; aber alle Theologen und alle Lehramtskandidaten zum Be such der Vorlesungen zu zwingen, hält dasselbe für überflüßig und zweckwidrig. Die Lehramtskandidaten welche höchstens durch 6 Monate sich ihre Bildung für die Volksschulen erwerben sollen sind wahrlich ohnedieß so beschäftigt, daß sie nur nothdürftig für den Unterricht der Vollsinnigen gebildet werden können. Will man nun die Zeit durch die Vorlesungen über Taubstummen Unterricht noch mehr beschänken, so werden sie zuletzt weder für die Vollsinnigen noch für die Taubstummen geeignet seyn. Wenn man bedenket daß nach diesem Antrage In jedem Jahr mehr als 60 Theologen und mehr als 140 Schulamts Kandidaten zu den Vorlesungen über den Taubstummen Unterricht gezwungen werden würden u. diese Zahl mit der Zahl der zu bildenden taubstum men Kinder vergleicht so dürfte der allgemeine Zweck sicher nicht als nothwendig erscheinen. Czech stellet den Grundsatz auf, daß jeder Geist liche zur religiösen Behandlung eines jeden Individu ums welche seines Beistandes bedarf,sich fähig machen müsse, daß daher jeder Geistliche sich die Bildungs fähigkeit für Taubstumme zu eiwerben verpflichtet sey. Dieser Grundsatz, der sehr wahr zu seyn scheinet würde wenn man ihn consequent durchführet zu wah ren Absurditäten führen. In der Wiener Diözese be finden sich über 20000 Böhmen vielleicht 2000 Fran zosen mehr als 8000 Italiener, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Es würde daher folgen, daß Czechs Theologe zur Erlernung der böhmischen italienischen französischen Sprache verpflichtet u. ge zwungen werden soll weil er nicht wissen kann ob er nicht in seiner Pfarre zu einem Menschen auf dem Sterbebett gerufen wind, der nur eine dieser Sprachen spricht. Gewiße Dinge sind auf dieser Erde allerdings wünschenswerth können aber nicht allgemein vorge schrieben u. gefordert werden. 3. Czech trägt darauf an,daß Dekanats u. Kreisschulen für die Taubstummen errichtet werden sollen. In der Wiener Diözese befinden sich 24 Dekanate, es müßten daher 24 Dekanats u. 2 Kreisschulen errichtet werden; welches für die Zahl von 6 Kindern etwas zu viel seyn dürfte. Wo die Taubsturamen sich nicht gerade am Orte des Dechantes oder der Kreisstadt befinden, so müßten sie dort untergebracht verkostet und verpflegt wer den. Wenn der Staat einen solchen Kostenaufwand zu machen Willens u. im Stand ist, so wäre es weit besser irgendwo auf dem Lande ein Institut zur Unterbrin gung aller laubstummen Kinder einer Diözese zu er richten wo die Kinder gemeinschaftlich unterrichtet und gebildet werden können. 4. Czech trägt darauf an daß die Dechante bey ihren Visitationen den Unterricht der Taubstummen über wachen, darüber den Bischöfen Bericht erstatten, diese der Landesstelle, diese der Studienhof-Commission mit Beilegung der Ausarbeitungen der Taubstummen einen allgemeinen Bericht vorlegen sollen. Wo weder bey den Landesstellen noch bey der h. Studienhof Kommission ein Mann sich befindet der den Taubstummen Unter richt kennt, so soll ein General Inspektor des Taub stummen Unterrichtes, wiie 'es sub B. Seite 31 weit läufig auseinandersetzt angestellt werden. In diesem Antrag eines General Inspektors scheint der Schlüssel zu dem ganzen Vorschlag zu liegen u. das f. Kons, hält es für überflüssig, sich hierüber deut licher auszusprechen. 5. Um die nothwendigen Kosten für alle die vorgetra genen Bildungs Anstalten aufzubringen macht Czech folgende Vorschläge: A. der Kamerfond (?) B.der Schulfond sollte in Anspruch genommen werden. C.der Normalschulfonds Beitrag sollte erhöhet werden; bey Verlassenschaften, bey Verleihungen an Bewer bern, bey Ernennungen sollten Abgaben festgesetzt werden. D. Der in N. Oesterreich zur Unterstützung armer Unterthanen seit dem J. 1826 vorhandene Fonds sollte in Anspruch genommen werden. E. Die Stände sollten um einen Beitrag angegangen werden. Wenn man alle diese Quellen eröffnen will, so glaubt das f. Kons, daß aus denselben wirklich ein nicht nur zur Bildung sondern auch zur Ernährung sämtlicher Taubstummen hinreichender Fonds fließen würde;allein einzelne Quellen zu eröffnen dürfte Citwas schwierig seyn u. von einzelnen Seiten würde wahr scheinlich ein Widerspruch erfolgen. Hierüber etwas Näheres zu äußern liegt außer dem Wirkungskreise des Konsistoriums. Wenn Czech um seine Anträge durchgehen zu machen die Kosten nur auf 2000 f. in der Diözese be rechnet so wird die h. Landesstelle wenn sie erwäget daß die meisten taubstummen Kinder in den zu er richtenden Dekanats, Kreisschulen u. an den theolo gischen u. Schullehrer Lehr Anstalten untergebracht werden müßten bald einsehen, daß dieses (...?) in h. Grade überschritten werden würde. Nach dieser unvorgredflichen Auseinandersetzung und Aeußerung über die Czechschen Vorschläge ist das f. Kons, nachfolgender Meinung. 1. Es sollte wie bisher in Wien jedem Theologen und Lehrer frey stehen, dem Unterricht im TaubstAimmen Institut beizuwohnen u. dort sich zu bilden. Der Direktor d^ Taubstummen Institutes in Wien der als ein gründlicher Denker u. sehr gebildeter Mann dem f. Kons, bekannt ist u. der Katechet wären zu verpflichten Jedem der sich meldet den gewünschten Unterricht zu ertheilen. Dieselbe Verfügung wäre auch in den Provinzen wo ein Taubsturamen Institut ist z. B.Prag, Brünn zu erlassen. 2. Denjenigen H.Bischöfen in deren Diözese sich kein Taubstummen Institut befindet wäre es frey zu stellen einen Priester zu seiner Bildung auf einige Monate in das nächstgelegene Taubstummen Insti tut zu schicken, wo mehrere Bischöfe dieses ohnedieß bereits gethan haben z. B.der von Ledtmeritz, St. Pölten etc. u. wie Czech selbst gestehet daß diese Priester binnen zwey Monaten vollständig und hlnreiohend gebildet worden sind, so wird dadurch jede weitere Verfügung überflüssig. 3. Die einzelnen Seelsorger auf dem Lande können u. werden sich mit Hilfe der vorhandenen Bücher im Falle wenn ein Taubstummer in ihrer Pfarre sich befindet sich zum Unterricht desselben geeignet machen wie Czech früher selbst gesagt hat, daß auch der ungebildeste Landschullehrer mit Hilfe seines Bilderbuches sich vollständig lehrfähig 18

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