Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

vom österreichischen Kulturinstitut in London zusam men mit einem Transport kostbarer Handschriften im Auto nach Wien gebracht. Zur Verwendung des Steins ergab sich, daß in der Thomas-Morus-Kirche der Tabernakel noch nicht voll endet war, der Stein aber in seiner Dimension gerade als Tabemakeltür paßte. Er wird nun in tief sinnvoller Weise als solche Verwendung finden. Es darf vielleicht vermerkt werden, daß des in Juristenkreisen angese henen Ministerialrats Dr. Hans Weiler (am Gedächt nistag des Todes des hl. Thomas Morus, am 6. Juli, im Jahr 1966, im Dienste der Nächstenliebe tödlich verunglückt) von seinen Freunden in dieser Kirche besonders gedacht worden ist und man aus dem Ergeb nis einer Spendenaktion dabei einen namhaften Betrag mit der Widmung für die Errichtung des Tabernakels beiseitelegen konnte. Der anglikanische Pfarrer Abiin von St. Dunstans war über die Verwendung des Steins als Tabemakel tür besonders erfreut. Die Roper-Kapelle in seiner Kirche ist das Ziel bes. auch kath. Wallfahrer ge worden. Er hat nun über Vorschlag von Prof. Plöchl die Absicht, diese Kapelle durch ein Gitter von der Pfarrkirche abzugrenzen, so daß sie ohne weiteres sowohl für anglikanische sowie katholische Gottes dienste Verwendimg finden könne. Als besondere ökumenische Geste ist zu werten, daß bei der Konsekration der Kirche auf dem Schafberg R. D. Trevor-Roper anwesend war, der auch eine Ansprache hielt. Das Lebenswerk des P. Petrus hat so eine überraschend weite Dimension gewonnen: Den Juristen erstand ein Heiligtum der Einkehr und Besinnung auf das Ethos ihres Berufes. Der ökume nische Gedanke findet seine tiefe Symbolik, da wohl erstmals in einer katholischen Kirche das CanterburyKreuz eine Tabernakeltür verziert, gemeißelt in einen Stein, der durch Jahrhunderte kostbare Last trug: das Haupt eines Märtyrers der Gerechtigkeit und eines Vertreters eines wahrhaft modernen christlichen Hu manismus, der damals anhob und der dann leider durch die Glaubenskämpfe zurückgeworfen worden war, heute jedoch wieder seine besondere Aktualität gewinnt. Dazu: Wiener Kirchenzeitung, 1970, v. 12. VII. (Nr. 28). — Fenster von Lucia Jirgal. — Juristenfenster in der WKZ abgebildet. 8. Die Auferstehungsprozession des Jahres 1825 bei den Wiener Mechltharlsten S.Joseph Topalian (Mechitharist) 29. März 1823. — Unter diesem Datum beschreibt der Chronist^ die Auferstehungsfeier, die immer am Karsamstagabend außerhalb des Gotteshauses statt fand. Nachdem er alles so genau berichtet hat, näm lich: die allgemeine Freude und Bewunderung des Vol kes, die Balkone und Fenster der benachbarten Häuser voll Menschen, die neugierigen Kinder voll von Froh sinn und Beglückung und den unendlichen Andrang, gesteht er, daß er sich kurz fassen wird. Er notiert: „Es wäre uns durchaus nicht möglich, durch die Menge fortkommen zu können, wenn da nidit eine Soldaten gruppe bereit gewesen wäre, die mit Gewalt das Volk aus dem Weg räumen konnte." Inzwischen fand in der Kirche, die selbstverständlich ganz voll besetzt war, die Zeremonie statt, die der Generalabt und Erzbischof Adeodat Babik hielt. Nachdem er das Lied in armenischer Sprache „Heute ist Er auferstanden" ge sungen hatte, segnete er mit der Monstranz die Gläu bigen. Und damit hat die Prozession begonnen. „Aber nun", schreibt der Chronist, „halte ich es wert, die wesentlichen Teile dieses Umzuges mit kur zen Worten zu schildern: 1. An der Spitze der Prozession schritt die oben genannte Soldatengruppe mit den Trommeln. 2. Dann kamen zwei Personen mit Laternen. 3. Grüne Kirchenfahne. 4. Jetzt folgten sechzig Schüler; jeder von ihnen hatte in der Hand eine brennende Kerze. 5. Gelbe Kirchenfahne der hl. Jungfrau Maria. 6. Hinterher kamen zweiundvierzig kleine weißge kleidete Mädchen mit leuchtenden Kerzen. 7. Zwei Laternen. 8. Zwei gleichgroße, himmelblaue Kirchenfahnen. 9. Zwölf Kinder, ebenfalls mit brennenden Kerzen, deren Füße der Generalabt in diesem Jahr gewa schen hatte. 10. Eine kleine, herrliche, himmelblaue Kirchenfahne. 11. Nachher kamen zwanzig Knaben, die in ihrer Sprache die Auferstehungslieder sehr schön san gen. 12. Ihnen folgten Soldaten, die auf ihren Musikinstru menten spielten. 13. Eine goldene Kirchenfahne, viel prächtiger als die anderen. 14. Eine Gruppe kleiner Mädchen mit brennenden Kerzen, genannt salbende Frauen, die ganz schnee weiß gekleidet waren. 15. Trommeln und Harfen. 16. Dann kamen dreißig Burschen, alle schwarz ange zogen, mit brennenden Kerzen. 17. Zwei Laternen. 18. Ihnen folgten zu zweit Sängerknaben, die in latei nischer Sprache schöne Lieder sangen. 19. Das erzbischöfliche Kreuz. 20. Jetzt kamen vierzig Studenten und Kleriker von der Universität. 21. Ihnen folgten alle unsere Seminaristen, eingeklei det in die armenischen Ministrantenhabite mit Schulternkragen. 22. Sechs Priester mit der Dalmatika. 23. Zehn Pluvialträger von unseren Priestern. 24. Erst jetzt kam unser hochwürdiger P. Superior, der das prächtige Pluviale umgehängt hatte. 25. Zahlreiche Ordensleute folgten ihm. 26. Dann kamen vier Diakone als Assistenten des Erzbischofs. 27. Nun kam endlich der Generalabt mit der Mon stranz unter dem Baldachin. Es waren um ihn sechs Laternenträger. Wieder auf beiden Seiten schritten zwei Soldatenreihen. 28. Hinter dem Allerheiligsten kamen die Persönlich keiten, an deren Spitze ein berühmter Graf stand. 29. Zuletzt marschierte eine Soldatengruppe. Nach dieser Einleitung des Chronisten kann selbstverständlich der heutige Chronikleser behaup ten, daß soldie Prozessionen die Bewunderung der Wiener Bevölkerung erregten. Selbst die Chronik be jaht es: die Prozession dieses Jahres war so pracht voll und feierlich, daß viele sagten: „Bis jetzt haben wir noch nidit einen solchen Umzug in unserer Stadt gesehen." Wie ging nun der kirchliche Umzug weiter? — Der Chronist schreibt: „Unterdessen... kamen imerwarteterweise Se. Majestät der greise König von Neapel®) mit seiner Gemahlin®) und der große Fürst Anto nius^), der Schwager des Kaisers, welche in der Kirche 10

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