neues Gebäude errichtet, das wegen seiner Größe ein Bethaus werden dürfte". Ein protestantischer Schul lehrer habe seine Tätigkeit bereits aufgenommen, so daß auch bald ein Pastor hier angestellt werden wird. Der Vorteil, den die protestantischen Bewohner gegen über den Katholiken für sida budien können, wird klar, wenn man bedenkt, daß die Kinder der Katholiken weder Schule noch Pfarre im Ort haben. Firmian rechnet auch mit der Möglichkeit, daß ein eigenes Pastorat hier errichtet werden könnte. Ernstliche Maß regeln zur Verhinderung der „Verführung der katholi schen Unterthanen" sind daher nach des Erzbischofs Ansicht sehr notwendig und dringend, „weil die Ge birgsbewohner, dergleichen die hiesigen Einwohner sind, in der Regel im Denken beschränkter, und daher für Irrthümer mehr als andere empfänglich sind, und wenn sie dieselben in ihrer unbehülflichen Einsamkeit einseitig eingelernt haben, davon gar nicht mehr ab zubringen sind"^-). Um diesem Zustand abzuhelfen, wird der Pfarrer von Schwarzau beauftragt, neben der ohnehin allgemein üblichen wöchentlichen „Christenlehr" noch zusätzlich ein- bis zweimal in der Woche dieses Tal zu besuchen und Unterricht zu geben, wobei besonderes Augenmerk auf diejenigen gelegt werden solle, die nicht zur Schule oder zur Kirche kommen können^^). Außerdran wird in Schwarzau ein zweiter Geistlicher angestellt werden. Der Weltklerus: In jedem der Visitationsberichte, die Fürsterz bischof Firmian seinem Kaiser vorlegte, nimmt die Be handlung des Klerus einen breiten Raum ein. Ganz allgemein läßt sidi dabei feststellen, daß den Kloster pfarren eine bessere Zensur ausgestellt wird als den Pfarren, die von Weltpriestern besetzt sind. Auch seien Mißstände in Klosterpfarren leichter abzustellen als in den anderem''^). Die Abgeschiedenheit vieler Pfarren in der Diözese und oft noch dazu ihre gebirgige Lage'®) kann sicher als Ursache angeführt werden, wenn von der Ungebildetheit des Weltklerus auf dem Lande die Rede ist. Zudem ist zu bedenken, daß die Möglich keiten zur Weiterbildung ja beschränkt waren. Und daß sich einzelne Priester infolge ihrer schlechten finanziellen Lage eben nur das zum Leben notwendige besorgen konnten, wobei natürlich für Bücher u. dgl. kaum etwas übrig blieb, wird von Bischof Firmian mehrmals erwähnt'"). Umso bemerkenswerter ist es, wenn man erfährt, daß der Klerus in manchen Ge bieten'") als „sehr gebildet" beurteilt wird. Leider sind die Bibliotheken der beiden Zisterzienserstifte Heili genkreuz und Neukloster'") nur für die „Stifts individuen" bestimmt, weshalb der Erzbischof die Er richtung von Dekanatsbibliotheken freudig begrüßt'®). Was die Verrichtung der priesterlichen Amts pflichten betrifft, so kann sich Firmian meist günstig äußern. Der Klerus zeige in der Regel „Fleiß und Eyfer" in seinem Beruf, die Gottesdienste werden „allenthalben genau und erbaulich abgehalten",Predig ten und Katechesen werden fast in jeder Pfarre ge halten, und audi die Spendung der Sakramente zur Zufriedenheit des Erzbischofs durchgeführt. Besonders „den Kranken und Sterbenden wird der Trost der Religion fleißig mitgetheilt"'®). Firmian scheint auch Pfarrangehörige gerne befragt zu haben, denn immer wieder kann er dem Kaiser mitteilen, wie die Meinung des „Volkes" über den zuständigen Seelsorger lautet. Auch über die „Sitten und Moralität" des Klerus er fährt man aus diesen Visitationsberichten einiges. Sehr viele Priester bemühten sich, „viel Anstand in den Sitten zu zeigen". Uber sie wird jedoch kaum Näheres berichtet, nur am Schluß des jeweiligen Berichtes sind sie mit Namen und Wirkungsort angeführt. Dagegen wird von Firmian auf jene wenigen aufmerksam ge macht, die „Aufsehen erregt" haben. In solchen Fällen schritt der Erzbischof gleich an Ort und Stelle ein, meist solcherart, daß er „Abhülfe durch augenblick liche Entfernung" schaffen konnte"). Ein einziges Mal wird von einem Pfarrer berichtet, dessen Betragen Firmian offenbar für so strafwürdig hielt, daß er den Kaiser genau darüber informiert"). Dieser Priester sei „dem Trunke ergeben" und in der Erfüllung seiner priesterlichen Pflichten sehr nachlässig. Außerdem sei er bereits „wiederholt gewarnt" worden, was aber kaum etwas genützt haben dürfte, denn Firmian mußte ihn nun „durch 5 Tage nach Wien in den ConsistorialCarcer zur Correction einberufen". Sollte auch diese Maßnahme nichts nützen, wäre der Erzbischof ge zwungen, ihn von der Pfarre zu entfernen und ihn nach Gutenstein „zur Correction abzusenden, bis er durdi seine Besserung wieder für die Anstellung in der Seelsorge sich geeignet und würdig gemacht haben würde."-") (Diese „Corrections-Anstalt" für straffällig gewordene Weltpriester war im Servitenkloster in Gutenstein untergebracht, allerdings nach Firmians eigener Angabe aus verschiedenen Gründen nicht ge eignet, die ihr zugedachte Aufgabe wirkungsvoll zu erfüllen)'-'). Hin und wieder erwähnt Firmian auch Einzel schicksale von Priestern, die er gern ,,verbessert" wissen möchte. So berichtet er u. a. vom Pfarrer von Ollersdorf"), Karl Jaresch, der völlig erschöpft sei und infolge seiner Krankheit nicht in der Lage sei, die geistlichen Funktionen und den Schuldienst zu ver sehen. Dennoch möchte er nicht auf die Pfarre resignie ren — obwohl er selbst und auch die Pfarrgemeinde diesen unhaltbaren Zustand erkennt —, da er fürchtet, keine „Provision" zu erhalten. Firmian hat inzwischen einen „Spiritual-Provisor" angestellt. Später spricht er sich noch einmal zu diesem Thema aus: Am meisten leiden jene Seelsorgstationen, die schon durch längere Zeit unbesetzt geblieben sind, denn die Pfarrer üben auch die Aufsicht über die Schule und den Unterricht aus. Fällt diese Aufsicht weg, so ist es nicht nur mit der Qualität der Lehrpersonen, sondern auch um die „allgemeine Sittlichkeit'"')" schlecht bestellt. Daß im Zusammenhang damit die Religiosität überhaupt ab sinke und sich eine „Lauigkeit" bemerkbar mache, ist nur verständlich. (Fortsetzung folgt) Herausgeber, Verleger und Eigentümer; Erzb. Ordinariat, Wien I, Rotenturmstraße 2. — Verantwortlicher Schriftwalter: Univ.-Prof. Dr. Franz Loidl, Wien I, Rotenturmstraße 2. — Druck und Versendung: Mechitharisten-Buchdruckerei, Wien VII, Mechitaristengasse 4. 8
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