5. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte von Wiener Neustadt. (Räumung der aufgehobenen Kloster kirchen der Pauliner und KarmeliterBarfüßer und Verwendung des Inventars [Fortsetzung]) P. Dr, Heinrich Alois Mayer OSCist. Mit den Bestandaufnahmen der beiden gesperrten Klosterkirchen stimmen allerdings zeitlich spätere Ver zeichnisse nicht in allem überein. Diese Differenzen sind wohl zum Teil auf Flüchtigkeitsfehler, zum Teil auf die einsetzende Abgabe von Einrichtungsgegen ständen an andere Kirchen zurückzuführen. Zum Inventar der Karmeliterkirche bringt ein Ver zeichnis, angelegt am 18len November 1788, einige wertvolle Ergänzungen. Es ist dort von drei Statuen die Rede, weiters noch von fünf Bildern, „nämlich der H. Mutter Gottes, des H. Joseph, des H. Johann von Kreuz, der H. Theresia, das fünfte mit Kindein", dann von einem großen Kruzifixbild aus der Klosterfrauenkirclie und aus der „alten Expaulinerkirche ein Frauenbild und das dort geweste Allarblatt des H.Pauli, Iten Einsiedlers". Die beiden zuletzt aufgeführten großen Altarbilder finden sich allei-dings auch schon im Inventar der Expaulinerkirche vom März 1787. Die Pauliner hatten also bei ihrer Übersiedlung in das leer gewordene Jesuitenkolleg in der Neunkirchnergasse 1775 das Bild ihres Ordenspatrons, des hl. Paulus Eremita, aus ihrer bisherigen Klosterkirche in der Niederländei'gasse mitgenommen. Das große Kreuzi gungsbild aus der Karmeliterinnenkirche war wohl bei der Sperrung dieses Gotteshauses 1782 erworben wor den. Die Aufzählung dieser Bilder im Verzeichnis von November 1788 unter dem Titel „Aus der Karmeliter kirche" läßt vermuten, daß diese Gegenstände bei der Aufhebung der Pauliner 1783 von den Karmelitern übernommen wurden. Zwei weitere Altäre werden in einem Schreiben des erzbischöflichen Konsistoriums an die n. ö. Regie rung mit Datum vom 12. August 1788 „unter Effekten, die unter der Verwahrung des Herrn Pröpsten Idelphons zu Neustadt gestanden", erwähnt, uzw. ein Seitenaltar der 14 Nothelfer und ein Kreuzaltar, beide aus Holz. Leider wird nicht gesagt, aus welcher Kirche diese beiden Altäre stammen. Da aber die übrigen dort angeführten Gegenstände aus der Karmeliterkirche stammen, liegt die Vermutung nahe, daß auch die beiden Altäre aus dieser Kirche kommen. Abschließend kann wohl zu den Inventaren der beiden ehemaligen Klosterkirchen gesagt werden, daß zur Zeit ihrer Abfassung im März 1787 die Einrichtung der beiden Gotteshäuser nicht mehr vollständig vor handen war. Es ist weder von einer Kanzel noch von einer Orgel die Rede imd es fehlen bei der Karmeliter kirche Hochaltar und Glocken. AU dies war wohl schon vorher weggeschafft worden. Ein Versuch, aus diesen Angaben die Einrichtung beiden großen Barockkirchen von Wiener Neustadt rekonstruieren zu wollen, stößt daher auf Schwierigkeiten. Die Angaben der Verzeich nisse sind meist sehr allgemein gehalten; bei den Statuen kein Hinweis auf die dargestellten Heiligen, keine Namen von Malern, Bildhauern und Kunsthand werkern. Ein undatierter Bericht des Abtes Alberich des Neuklosters, an eine nicht genannte Behörde — wahr scheinlich das erzbischöfliche Konsistorium — stellt eine Art Zwischenbilanz über die Durchführung der dem Abte aufgetragenen Räumung der Expauliner kirche in der Neunkirchnerstraße dar. Er ist in mehr facher Hinsicht interessant. Anmerkungen über die Gerätschaften der Ex paulinerkirche. 1""> Die vier Altäre, als namentlich der Hochaltar und drei Seitenaltäre würden kaum die Un kosten des Abbrechens und der Überführung ertragen, wenn ich nicht, den Tischler und Zimmermann aus genommen, meine Leithe und Pferdzüge zu Hilfe ge nommen hätte. Denn der Hochaltar auf bloß theatrali schen, auf Latten und Brettern angehefteten Krieges zeichen, von holzgeschnitzten Pauken, Trummein, Fah nen usw. bestehet. Das Bild selbst auch H.Leopold vor stellend, gar keiner Achtung oder Schätzungswert und von solcher Größe, nämlich 4^/2 Klafter breit und 5^/2 hoch, daß es in keine Dorfkirche anwendbar. Dieses ist aber 2'Iij von denen drei Seitenaltärln zu sagen, die aus schwarz gepazten Holz, aber schon fast ganz in Ver moderung gehend, bestehen, auch kein Altarbild schät zungswürdig. gtii) Die Sakristeikästen, welche meist in kleinen Kelchkästchen bestehen und wie gewöhnlich in den Sakristeien zusammengesetzt und geleimt worden, zer fallen in bloßes Holz. Die Fabrikanten haben sich doch angetragen, dieselben um den Schätzungspreis zu neh men. In Rücksicht dessen stehen sie noch alldort und erwarten den hohen Befehl. 4'" Von Paramenten ist nichts vorhanden, die H. Regierungsrat von Münzburg schon vorhin abgefihret. Die übrigen Kleinigkeiten fallen von sich auf, welch unechte Waren es seien. Hiebet auch die ge horsamste Anfrage mache, was mit den Reliquienkästln, deren keines signiert oder mit Authentiken ver sehen,zu tun sei. 5'" Da ich die Kirche der Karmeliterinnen mir nur von der Stadt auf 6 Wochen eingeräumt worden, nach welcher Zeit dieselbe zu etwas anderem verwendet und gebauet werden soll, als habe angelegentlichst bitten sollen, daß die Anstalten getroffen werden, die Gerät schaften zu verteilen oder auf was Immer für eine Art aus dem Weg zu bringen. Gehorsamster Diener. Albericus, Abt zu Wiener Neustadt, Zisterz.ord. Ganz offensichtlich hatte der Abt des Neuklosters mit seiner Aufgabe keine rechte Freude. Er hatte nicht bloß Auslagen, auch die weitere Lagerung der Gegen stände war ein Problem, da die Stadt das bisherige Depot — die ehemalige Karraeliterinnenkirche — für sich beanspruchte. Er drängte deshalb auf eine rasche Entscheidung der Behörden über das weitere Schicksal des noch vorhandenen Inventars. Der Abt weist auf von schlechten und unbedeutenden Pinsel" folglich geringen Kunstwert der Altäre und der „übrigen Kleinigkeiten". Ähnlich geringschätzig urteilen auch spätere Verzeichnisse: „Alle diese Altäre von halbver moderten Holz zu gar keinen Gebrauch, die Altarbilder von schlechten und unbedeutenden Pinsel"...„folglich nunmehr nur als Brennholz anzusehen.. Ein Blick auf die heute noch in Neustädter Kirchen erhalten gebliebenen Einrichtungsgegenstände aus dem 17. und 18. Jahrhundert läßt freilich an der Objektivität dieser Urteile berechtigten Zweifel aufkommen. In der Stadt ai-beiteten damals gute, ja zum Teil hervor ragende Künstler und Kunsthandwerker aller Sparten. Oder war es die Geringschätzung für ein bereits aus der Mode gekommenes Barock? Auch über das weitere Schicksal dieser Gegen stände geben die Neukloster Archivakten einige, wenn auch nicht erschöpfende Auskunft. Hofdekrete vom 4. und 9. Mai 1782 bestimmten die wertvollexen Teile der Kirchenausstattungen, wie Kelche, Monstranzen und Paramente zum Verkauf, weniger Wertvolles sollte an arme Pfarren abgegeben werden. Eine wohl amtliche Schätzung der Gerätschaften der Expaulinerkirche liegt den Akten bei. Aus ihr ist zu ersehen, daß keine großen Erträgnisse zu erwarten waren. Allein der Hochaltar und die beiden Kirchenglocken waren höher bewertet, uzw. mit 150 fl, 67 und 36 fl. Die Seitenaltäre waren auf 12 fl geschätzt, die übrigen Stücke wie Beichtstühle, Sakristeinschränke, Statuen, Altarleuchter usw. waren noch billiger zu haben. Fast wertlos waren Reliquiare, so etwa „ein Kastl mit gefaßter Anna-Hand... 10 Kreuzer". Höher eingeschätzt wurde in einem an deren Verzeichnis der Wert der Seitenaltäre der Kar meliterkirche: je 40 fl. Viele dieser Gegenstände fanden in den folgenden Jah ren Interessenten und eine neue Verwendung. Es be warben sich vor allem neuerrichtete Pfarren und
RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=