Reinschrift der Prozeßakten aufgenommen, so daß wir ihn kennen. Darin heißt es: „Anno 1677 die 30. Maii Infans natus et per Admodum Reverendum Dominum Georgium Szemglikowicz, protunc Parochum Nagy Levardiensem baptizatus 3. lunii nomine Joannes Sigismundus.. Daraus ersehen wir, daß nach dem Zeugnis der Taufbücher der Pfarre („ex libro baptismali ecclesiae nostrae Nagy Levardiensis") Wiens erster Fürsterzbischof am Sonntag,den 30. Mai 1677, als Sohn des Grafen Siegmund von Kollonitz und der Regina Elisabeth, geborenen Freiin von Speidl (Spaydel), in Groß-Schützen (Kreis Malacky) in der Slowakei(unga risch: Nagy-Levärd, tschechisch: Vel'ke Levary), das Licht der Welt erblickte"'^) und am Donnerstag, den 3. Juni, durch den Ortspfarrer getauft wurde, wobei als Paten Graf Otto Heinrich von Hohenfeld und dessen Gemahlin Eva Ludmilla, geborene Petringerin fungier ten. Gleichfalls erfahren wir noch die Namen der übri gen anwesenden Standespersonen, die zum Verwand tenkreis gehörten, nämlich Johann Bernhard Freiherr von Fünfkirchen und dessen Gattin Sophia Elisabeth, geborene Hohenfeld, und Christian Freiherr von Egkh und dessen Gemahlin Eva Christine, geborene Speidl, wohl eine Schwester der Kindesmutter. Wie das Datum dieser Taufbestätigung zeigt, ist sie am 7.Juli 1708 durch den damaligen Ortspfarrer Johann Emerich Nyokataziz ausgestellt worden, zu einem Zeitpunkt also, da man sich bemühte, dem jungen Johann Siegmund von Kol lonitz eine erfolgversprechende kirchliche Karriere zu sichern. ' Daß auch die vom Nuntius befragten Prozeßzeugen „Levath" als Geburtsort und den Mai 1677 als Geburts datum nennen, würde den Wert unserer Quellen erheb lich erhöhen, wenn sie nicht ihre Kenntnis größtenteils diesem Dokument verdankten. So stützt sich nämlich Ladislaus Adam Graf von Erdödy, damals Bischof von Neutra (Nyitra) und von 1698 bis 1700 Mitstudent Kol lonitz' in Rom, für seine Aussagen bezüglich der Ge burtsdaten des Elekten („in oppido eius familiae Levath nuncupato" bzw. „in Maio anni 1677") auf jenes „fl'des baptismalis", das er eingesehen habe^"). Das gleiche tut der 40jährige Protonotar und Doktor der Theologie Johann Baptist Sigonius aus Görz, wenn er erklärt: „ortus est in Hungarja, dioecesi Strigoniensi, oppido Levath nuncupato, ad eius familiam pertinente" und bezüglich des Alters sagt: „est in aetate annorum circiter 32", denn auch seine Quelle war das Taufzeugnis „in manibus Domini Promovendi"^®). Mehr Gewicht kommt hingegen den Angaben des 53jährigen Rektors des Collegium Pazmaneum in Wien, P. Gabriel Hevenesi S.J., zu, der sich bei seiner Aussage („Natus est in Hungaria, Comitatu Posoniensi, dioecesi Strigoniensi, in loco Levath nuncupato") auf KoUonitz' Erzählung („ex ipsius relatione") und den Wohnsitz der Eltern dortselbst beruft („ex habitatione parentum in eodem loco pertinente ad eius familiam")^'). Wenn diese kurzen Ausführungen mithelfen, mit einem Irrtum in der Diözesangeschichtsschreibung und einer wohl patriotischen Legende, die Kollonitz gern als gebürtigen Wiener ausweisen wollte, aufzuräumen, wäre ihr Zweck voll und ganz erreicht. Denn nunmehr steht eindeutig fest, daß Wiens erster Fürsterzbischof, Siegmund Kardinal Graf von Kollonitz, am 30. Mai 1677 auf dem Familienbesitz in Groß-Schützen (heute CSSR) das Licht der Welt erblickte. Anmerkungen: 1) Wien 1779, 246. ^) Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikpn des Kaiserthums Oesterreich 12(Wien 1864) 363 und Stammtafel I (allerdings ohne Ortsangabe). '*) Joseph Maurer, Cardinal Leopold Graf Kollonitsch, Primas von Ungarn. Sein Leben und sein Wirken (Innsbruck 1887) 408. •') Joseph Kopallik, Regesten zur Geschichte der Erzdiöcese Wien II (Wien 1894) 331. ") Anton Klein, Geschichte des Christenthums in Oesterreich und Steiermark VI (Wien 1842) 118 bringt ebenso wie Ludwig Donin, Der Heilige Ste fan und die Stefaner (Wien 1873) 415 bloß 1676 als Geburtsjahr.Ernst Tomek,Kirchengeschichte Öster reichs 3 (Innsbrudc—Wien—München 1959) 138 Anm.287 hat „1676 zu Wien" als Geburtsdaten. ") Christine Kitzler, Die Errichtung des Erzbistums Wien 1718—1729. Veröffentlichungen des kirchen historischen Instituts der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien 7 (Wien 1969) 23 Anm.1. '') Briefliche Auskunft von M. Dr. Henriette Peters IBMV,Archivarin des Wiener Diözesanardiivs, vom 31. März 1971, wofür auch an dieser Stelle herzlidi gedankt sei. ^) Archivio Segreto Vaticano, Acta Camerarii 34, fol. 73r anläßlich des Ablebens: „Sigismundus a Kol lonitz, Germanus, lit. S. Chrisogoni, archiepiscopus Viennensis in Austria, natus Viennae die 28. Maii 1677, creatus Cardinalis 26. Novembris 1727, obiit Viennae 12. Aprilis 1751". Vgl. auch Remigius Ritz ler — Pirminus Sefrin, Hierarchia catholica medii et recentioris aevi V (Patavii 1952) 37 Nr. 10, doch wird 402 Anm. 9 (sub voce Vacien.) das richtige Datum nach dem Informativprozeß gebracht. ") Archivio Segreto Vaticano, Fondo Concistoriale Processus consistoriales 101, fol. 487—499. Vgl. das dazugehörige Protokoll ebd. Archivio della Nunziatura di Vienna, Processi canonici 312 (ohne Doku mente des Elekten). ^") Dazu vgl. nur Hubert Jedin,Die Reform des bischöf lichen Informativprozesses auf dem Konzil von Trient. Archiv für katholisches Kirchenrecht 116 (1936) 389—413. ^^) Vgl. Josef Wodka, Zur Geschidite der nationalen Protektorate der Kardinäle an der römischen Kurie. Publikationen des ehem. österreichischen Histori schen Instituts in Rom IV/1 (Innsbruck—Leipzig 1938). ^2) Vgl. Tihamer Vanyö, Das Archiv der KonsistorialkongregaUon in Rom die die kirchlichen Zustände Ungarns in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Festschrift zur Feier des 200jährigen Bestandes des Haus-, Hof- und Staatsarchivs I (Wien 1949) bes. 160—164. ^^) Archivio Segreto Vaticano, Processus consistoriales 101, fol. 498v. ^•^) Die Ortschaft gehörte damals zum Komitat Preß burg und zur Erzdiözese Gran. Vgl. Ritter's Geo graphisch-statistisches Lexikon II (Leipzig 1883) 44 bzw.L. W.Rochowanski,Columbus in der Slowakei (ölten—Leipzig—Wien—Bratislava 1936) 168—174. Archivio Segreto Vaticano, Processus consistoriales 101, fol. 489v (Aussage vom 19. Dezember 1708). Über Erdödy vgl, Cardinal Andreas Steinhuber, Geschichte des Collegium Germanicum Hungaricum in Rom II (Freiburg 1895) 126 und Ritzler-Sefrin V, 290 (sub voce Nitrien.). Er war von 1707 bis 1736 Bischof von Neutra. ^°) Archivio Segreto Vaticano, Processus consistoriales 101, fol. 492r. ^^) Ebd., fol. 494r. Bezüglich des Alters heißt es: „Excedit trigesimum annum, ut mihi relatum est, et ex eius aspectu ac conversatione cognovi".
RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=