Beiträge zur Wiener Diözesangesdiidite BEILAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr. 1 (Jänner 1972) 110. Jahrgang Nr.1 Wien,am 1. Jänner 1972 13.Jahrgang Inhalt: 1. Zum Jahresbeginn: Eine Chronik-Einleitung. — 2. Wann und wo wurde Siegmund Kardinal Graf von Kollonitz, erster Fürsterzbischof von Wien, geboren? — 3. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte von Wiener Neustadt. Räumung der aufgehobenen Klosterkirchen der Pauliner und Karmeliter-Barfüßer und Verwendung des Inventars (Fortsetzung). — 4. Series pastorum der Pfarre Kranichberg. — 5. Dr. Meinrad Langhammer O. Präm.(t 1942). Organisator und Experte des höheren Religionsunter richtes. — 6. Aus den Visitationsberichten des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Firmian (1822 bis 1831). 1.Zum Jahresbeginn;Eine ChronikEinleitung „Laudetur Jesus Christus! Ein weißes leeres Blatt, das wohl die Geschidce dieser Pfarre für ein kommendes Jahrhundert zu fassen im Stande, liegt vor mir. Ich muß es beginnen, weil die geschilderten Leiden und Freuden meiner würdigen Vorgänger während ihrer hiesigen Seelsorge die Blät ter des früheren Gedenkbuches gefüllt. Ich beginne es gerne im Namen Gottes; denn auch ich will ja gerne meines und meiner Gemeinde Schicksal kommenden Nachfolgern mittheilen, da ja getheilte Freude dop pelte Freude, getheilter Schmerz, halber Schmerz. Diese Blätter, sie sollen mein Seelsorgebuch bilden, ihnen will ich offen mein Bekenntnis meines hiesigen Wirkens anvertrauen, frei von allen persönlichen Empfindeleien, Gott allein die Ehre gebend. Große Thaten werden wohl diese Blätter kaum berichten können, da ja die Verhältnisse selbst hier so klein, so bescheiden sind. Aber, sagt nicht schon Ovid: ,Glücklich lebte, wer in glücklicherer Verborgenheit lebte.' Nun, die Verborgenheit wäre da, gebe der All mächtige mir und dir, lieber Leser, das Glück dazu." (So der Pfarrer B. im Gedenkbuch der Kirche und Pfarre zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit zu Hundsheim, Dekanat Hainburg, angefangen 1872.) 2. Wann und wo wurde Siegmund Kardinal Graf von Kollonitz, erster Fürsterzbischof von Wien, geboren? Alfred A.S t rn a d (Rom) Bei der Beschäftigung mit der Geschichte des Wie ner Erzbistums wird bald deutlich, daß hinsichtlich der Geburtsdaten des ersten Fürsterzbischofs, Johann Sieg mund Graf von Kollonitz (auch Kollonitsch, Kollonics bzw. Kollonich), große Unklarheit herrscht. Dabei fällt auf, daß gerade in der älteren Literatur, wie z. B. in Joseph Ogessers Beschreibung der Metropolitankirche zu St. Stephan in Wien^), darüber überhaupt nichts zu finden ist, während die neueren Darstellungen, bei spielsweise Wurzbach'-^), Maurer^)oder Kopallik'),jedoch den 30. Mai 1676 als dies natalis und die Donaumetro pole als Geburtsort anführen^)— eine Ansicht, die auch in der neuesten Studie von Christine Kitzler vertreten wird"). Da die Wiener Quellen zu dieser Frage leider schweigen"), ist diese verworrene Situation in der diözesangeschichtlichen Literatur verständlich und er klärbar, zumal sich sogar in zeitgenössischen Nach richten falsche Angaben finden"). Deshalb mag es an gebracht sein, wenn im folgenden das Taufzeugnis des späteren Wiener Fürsterzbischofs bekannt gemacht wird, das sich in kopialer Überlieferung im Informativ prozeß erhalten hat, der aus Anlaß von Kollonitz' Er hebung auf das ungarische Bistum Waitzen (Väc) im Jahre 1709 vor dem päpstlichen Nuntius in Wien ge führt wurde"). Es braucht hier nicht besonders hervorgehoben zu werden, daß auf Grund der Bestimmungen des Konzils von Trient (sess. XXII de ref. c. 2 und sess. XXIV de ref. c. 1) vor der Besetzung eines Bischofsstuhles ein sogenannter Informativprozeß zur Prüfung der kanoni schen Eignung eines Bischofskandidaten durchgeführt werden mußte, in dessen Verlauf mehrere Zeugen (in der Regel waren es drei bis fünf) über die Qualitäten des Elekten und über den Stand der Diözese unter Eid einvernommen wurden^"). Erst auf Grund dieser Unter lagen und ihrer Prüfung im sogenannten Definitivpro zeß durch die zuständige Kardinalskongregation wurde im päpstliclien Konsistorium die Promotion des Kandi daten vorgenommen,wobei der jeweilige Landesprotek tor zu referieren hatte^^). Da sich in den Prozeßakten meistens auch Origi nale der dem Nuntius oder seinem Stellvertreter vor gelegten Personaldokumente, zumindest aber notariell beglaubigte Abschriften derselben finden, bilden diese eine wichtige Quelle für die persönlichen Verhältnisse der Kirchenfürsten. Den Aussagen der befragten Per sonen kommt in der Regel weniger Gewicht zu, da diese zumeist bestrebt waren, positiv für den Kandidaten auszusagen. Feinde und Rivalen desselben waren näm lich schon auf Grund der Prozeßbestimmungen ebenso von einer Einvernahme ausgeschlossen, wie Vei-wandte oder befreundete Persönlichkeiten^-). Leider hat sich in unserem Falle das Original der Taufbestätigung (fides baptismalis) nicht erhalten, doch wurde ihr Text abschriftlich in die nach Rom gesandte
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