Beiträge Diözesangesdiidite BE ILAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr, 11 (November 1971) 109. Jahrgang Nr.6 Wien,am 1. November 1971 12.Jahrgang Inhalt: 25. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte von Wiener Neustadt (Räumung der aufgehobenen Kloster kirchen der Pauliner und Karmeliter-Barfüßer und Verwendung des Inventars). — 26. Pfarrer Anton Drha, auch ein Vorläufer der volksliturgischen Bewegung (f 1936). — 27. Geschichtsüberblick der Pfarre St. Petrus zu Schleinbadi, Nö. — 28. P. Abraham a. S. Cl. (t 1709) und die vier „Nationen" bei St. Augustin in Wien. Eine Dokumentation, b) Die Böhmische Nation. — 29. Aus den Visitations berichten des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Firmian (1822—1831). 25. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte von Wiener Neustadt (Räumung der aufgehobenen Klosterkirchen der Pauliner und Karmeliter-Barfüßer und Verwendung des Inventars) F.Dr.Heinrich Alois Mayer OSCist Gerhard Winner schildert in seinem Buch „Die Klosteraufhebungen in Niederösterreich und Wien" in eindrucksvoller Weise Vorgeschichte, Durchführung und Auswirkungen der josephinischen Kirchenpolitik, die das religiös-kirchlidie Leben unserer Heimat so nach haltig beeinflußt hat. Akten des Archivs des Stiftes Neukloster in Wiener Neustadt geben hiezu einige interessante Details über das Schicksal zweier im Zuge der josephinischen Maßnahmen gesperrten Kloster kirchen der Stadt. Die 29 Akten des Faszikels L 81/8 des Neukloster Archivs (Wiener Neustadt) enthalten Briefe, Listen und Verzeichnisse, die aus der Zeit vom März 1787 bis Mai 1790 stammen.Es geht um die Räumung der beiden ehemaligen Klosterkirchen der Pauliner und der Karmeliter-Barfüßer und um die weitere Verwendung des noch vorhandenen Inventars dieser Gotteshäuser, die profanen Zwecken zugeführt werden sollten. Zur leichteren Orientierung soll zunächst ein kur zer Überblick über die Auswirkungen jener kloster feindlichen Maßnahmen für Wiener Neustadt gegeben werden. Bereits unter Maria Theresia wurde 1773 der Jesuitenorden aufgehoben, wodurch auch dessen Niederlassungen in unserer Stadt — Kolleg samt Kirche in der Neunkirdmerstraße und die Residenz St, Leopold in der Wiener Vorstadt — betroffen wur den. Den ersten Maßnahmen Josephs II. fiel 1782 das Kloster der unbeschuhten Karmeliterinnen in der Neugasse, heute Herzog Leopoldstraße, zum Opfer. Laut Dekret der Landesregierung vom 20. Juli 1783 waren unter den „in Absicht auf die Seelsorge ent behrlichen" Klöstern auch die Pauliner, Karmeliter und Kapuziner von Wiener Neustadt zur Aufhebung vor gesehen. Lediglich das dortige Cistercienserstift Neu kloster und die kleine Gemeinschaft von Piaristenpatres in der Theresianischen Militärakademie in der Neustädter Burg sollten weiter bestehen. Nur die Kapuziner konnten sidi dank günstiger Umstände vor diesem Schicksal bewahren, während die Pauliner, die erst 1775 ihr altes Kloster in der Niederländergasse mit dem leergewordenen Jesuitenkolleg in der Neun kirchnerstraße vertauscht hatten, 1783 aufgehoben wur den. Ebenso erging es 1785 den Karmeliter-Barfüßern, deren Kloster im Deutschherrenviertel an der Stadt mauer gegen Osten gelegen war. Die Akten des Neukloster Archivs setzen erst einige Jahre nach diesen Ereignissen ein. Im Zuge der Verwertung des eingezogenen Kirchengutes waren die beiden Kirchen Industriellen zur Einrichtung von Fabrikanlagen überlassen worden. Im Auftrag der Regierung ersuchte die kirchlidre Oberbehörde — das erzbischöfliche Konsistorium in Wien — den Abt des Cistercienserstiftes Neukloster, Alberich Stingel, sich um das noch vorhandene Kircheninventar zu kümmern. Das erste Schreiben in dieser Angelegenheit ist mit 12. April 1787 datiert. An den Herrn Alberik Stingel, Abbten des Stiftes Neukloster zu Neustadt. Durch Hofdekret vom Ilten März, praes. Ilten dieses haben Seine Majestät das Expaulinerkloster und Kirchengebäude zu Wienerisch Neustadt dem Seiden zeugfabrikanten Hengel zu überlassen geruht und be fohlen, die diesfällig verzeichneten Kirchenrequisiten und Paramenten hinweg und in Verwahrung zu nehmen. Der Herr Abt wird hiemit angegangen, wo ihm immer gefällig sein dürfte, diese Kirchenrequisiten und Paramenten anderswo zu unterbringen, in Verwahrung nehmen und schätzen zu lassen, und wann es beschehen, das Konsistorium hievon zu verständigen, um das weitere der Landesregierung abgeben zu können. Ex consistorio archpli, Edmundus Eppus Wien,den 12ten April 1787 Dr. Zoller, cancellarius Bereits zwei Tage später erging ein weiteres Schreiben an den Abt, diesmal das Karmeliterkloster betreffend: Dem Herrn Alberik Stingel, Abbten des Stiftes Neukloster. Das Konsistorium hat den 14ten dies, durch die landesfürstliche Regierung den Auftrag erhalten, nach getragenes Verzeidinis der Kirchengerätschaften in dem Karmelierklostergebäude zu Wienerisch Neustadt in Verwahrung bringen oder allenfalls verteilen zu lassen. An den Herrn Abt ergeht das weitere Ansinnen, diese allsogleich wie jene von der Expaulinerkirche in Ver wahrung zu bringen und schätzen zu lassen und über den Erfolg mit Beilegung der Sdiätzung zur erforder lichen Beförderung an Regierung das Konsitorium so bald möglidi zu unterrichten. Ex consistorio archpli Wien,den 14ten April 1787 Unterschriften wie oben Ein drittes Schreiben im Dezember desselben Jahres betraf ebenfalls die Karmeliterkirche: An den Herrn Abbten Alberik des Stiftes Neukloster zu Wienerisch Neustadt. Das Konsistorium erhält unterm 22ten letzthin und Empfang 19ten dies die hohe Verordnung: Die in der Karmeliterkirche zu Neustadt, welche an den Fabrikanten Andrä überlassen worden, vor findigen Kirchengerätschaften zu verteilen, allenfalls, wenn sie noch vorfindig, einen Unterbringungsort aus findig zu machen, bis diese versteigert werden können. 41
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