Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

15. Die Renaissancealtäre von Sierndorf(Schluß) Dem Meister des Töpfer-Altares reciinet öttinger folgende Werke mit Sicherheit an: der Altar der Töpferzunft aus St. Stephan, heute in der St. Helena-Kirche in Baden bei Wien; um 1515; die Büsten des Wilhelm von Zelking und seiner GemahKn Margaretha auf der Empore der Schloßkirche in Sierndorf, 1516 datiert; das Epitaph des Professors und Domherren Kaltenmarkter im Südchor von St. Stephan, 1517 datiert mit N.T. monogrammiert; das Epitaph der Domherrn Hager (gest. 1514) und Huber (gest. 1521) im Domquerschiff, wohl um dieselbe Zeit entstanden; der Sierndorfer Hauptaltar, an der Predella 1518 datiert, die hölzernen Flügelreliefs, offenbar erst nach träglich dem Steinaltar angefügt; zwei weitere, zeitlich etwas vorangehende "Werke führt öttinger wegen ihrer schlechten Erhaltung nur versuchsweise an; das Epitaph des Andreas Feder (gest. 1499), heute in der Eligiuskapelle des Domes,um 1510; die Auferstandenen des Jüngsten Gerichtes von Noracher (das Original dort durch eine Kopie ersetzt und in den Katakomben aufbewahrt), um 1512 bis 1515. Abschließend meint öttinger über den Meister: Sehen wir richtig, so ist unser Künstler, um 1500 bis 1510 in Augsburg, vielleicht im Kreise Erharts und des jungen Loy Hering geschult worden und etwa zugleich mit dem Meister des Annenaltares nach Wien gelangt. Von seiner Einschätzung, daß er als einziger mit drei Werken für das Dominnere und mit der Ausstattung der Sierndorfer Schloßkapelle durch den mächtigen Herrn von Zelking betraut erscheint, die schon in Augs burg erlernten Renaissance-Elemente mag nach Seiberls Vermutung eine Italienreise um die Mitte des zweiten Jahrzehnts noch verstärkt haben. Ein dekoratives Talent von gutem zweitem Rang bereitet er die bald folgenden Importwerke Loy Herings vor. Zum Wesen von Pilgrams Kunst, dessen Büstenmotive er unbefangen übernimmt,steht auch er in klarem Gegen satz, nach Alter, Schulung und Charakter. Die Seitenaltäre sind laut öttinger Werke des Mei sters vom Falkh-Epitaph. Er schreibt:„...mit den Mei stern des Annen- und des Töpferaltares gehört ein dritter, etwas schwächerer,zusammen, auf den wir fol gende Arbeiten zurückführen: den Wultendorferaltar im n.ö. Landesmuseum; das Grabmal des kaiserlichen Sekretärs Johannes Falkh (gest. 1519), bei den Wiener Schotten; die vier Sierndorfer Nebenaltäre, gegen 1520; das Klausenburger Sakristeiportal von 1528". Abschließend meint Öttinger: „Diesen Meister könnte man ehestens für einen Einheimischen halten, der, vielleicht aus der Tischlerwerkstatt hervorgegan gen, vor allem bei dem Töpfer-Altarmeister, aber auch bei den übrigen führenden Wiener Bildhauern fallweise Anlehnung suchte und zumeist nur Nebenaufträge er hielt, wie es seinem bescheidenen Können zukam." Anmerkungen:') Keck Karl, Sierndorf, in Neues Wochenblatt, 14. 10. 1933. — Ebendort. — ») Keck, Heimatbudi des Bezirkes Korneuburg, Bezirksschulrat Korneuburg, Bd. I, Komeuburg 1957, 474 f. — ^) Wie i). — ") Wie ®). — ®) Testament des Christoph des Zelking, n.ö. Landesarchiv. — ") Wie '). — ®) Dr. Ed. Freiherr v. Sacken, über einige wenige bekannte Kunstdenkmäler des späten Mittelalters und der Frührenaissance in N.Ö., in Berichte und Mitteilungen des Altertumsver eines in Wien, 1881/XX., 117—130. — ®) öttinger Karl, Anton Pilgram und die Bildhauer von St. Stephan, Herold, Wien, 1951, 57 ff., 75, 86, III, 112. — i°) Pfarrgedenkbudi Sierndorf. —")Ebendort.—'-) Mitteilung von Karl Keck. — Wie — ") Wie ®). — '®) Der Annenaltar aus der Augustinerkirche, heute Dommuseum. 16. Prälat Dr. 3osef Oorbach und seine Notgottesdienststätten in der Wiener Erzdiözese (Eine vorläufige, von ihm beglaubigte Bestands aufnahme bis Dezember 1970) ROBl.Hedwig Matzke-Jähnl „Der Bau der Notkirchen soll ein Verdienst sein? Verdienst ist doch, was einem schwerfällt. Und mir hat diese Arbeit ja so viel Freude gemacht! Ich wäre viel ärmer, wenn idi die Heiligtümer nicht hätte bauen dürfen. Ich muß Gott für diese schöne Aufgabe ja so viel danken, sie war ein großes Geschenk, das ich in meiinem Leben nicht missen möchte!" Diese fast schon vollkommene Freude leuchtete dem 82jährigen Erbauer von 31 Notgottesdienststätten, davon 26 in Wien, Prälaten Dr. Gorbach, aus den trotz des hohen Greisenalters noch ungetrübten Augen, als er über sein, vor den Augen einer wertverdrehten Welt fast verborgenes und doch so einmaliges Lebenswerk berichtete. Die Gaben der Natur und Übernatur, ale mannische Zähigkeit und Energie, gemildert durdi die innere Heiterkeit echter Gotteskindschaft, prägen die Züge dieser starken Priesterpersönlichkeit aus dem „Ländle"(Vorarlberg), die mit den spürbar verlöschen den Kräften noch wirken will und muß, „so lange es Tag ist". Wer Prälat Dr. Gorbach an seinem letzten Wohn sitz, der Notgottesdienststätte in Sdmmering, Geisel bergstraße 13, ganz primitiv aus einer Lagerbaracke der Baufirma Negrelli, 1967 mit Privatunterkunft und Kin derhort entstanden, aufsucht, wird über die wahrhaft franziskanische Armut erschüttert sein, die an die Dürf tigkeit des Stalles von Bethlehem erinnert. Hier wird Nachfolge Christi zum Eroignis, denn Dr. Gorbach hätte auf Grund seiner schriftstellerischen Begabung und Vorarlberger Nüchternheit durch den nicht bloß geist lichen, sondern auch finanziellen Erfolg seines in einer Auflage von hunderttausenden Exemplaren erscheinen den „Zweigroschen-Blattes" einer der reichsten Priester der Erzdiözese Wien sein können. Der Anstoß zur Verwendung der bedeutenden Ein nahmen ausdem Verkauf dieses „Zwedgroschen-Blattes" für den Bau von Notkirchen erfolgte durch den be kannten Laienapostel von Wien und Direktor des Canisius-Werkes, Josef Moser. Von ihm wurde Dr. Gorbach 1930, damals Caritas-Direktor in Vor arlberg, in die Bundeshauptstadt eingeladen, um mit ihm einen ihm sehr am Herzen liegenden Apostolatsplan zu besprechen. Bed einem der pastoral so wert vollen Donneretag-Abend-Vorträge in der Privatwoh nung Direktor Mosers, im 1. Bezirk, kam neben der Seelsorgearbeit der Laien auch das ungelöste Problem der Wiener Notgottesdienststätten zur Sprache. Damals wurde der weittragende Plan, diese Notkdrchen mit sei23

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