d. 12. April schlugen die Flammen aus St. Stephan empor. Am Freitag, d. 13., ging ich mit dem Pfarrer von Hernais, Msgr. Reibenwein, in die Stadt. Wir wollten jemanden wegen des Religionsunterrichtes sprechen. Die Innere Stadt war ein Heerlager der Russen. Wir sahen die Ruinen von St. Stephan und den brennenden Schutthaufen, in dem die Reste der Pummerin ver borgen waren. Wir kamen besser als andere Teile von Wien durch die Tage des Kampfes.Im Bereich unserer Pfarre wurde nicht gekämpft; es kamen auch keine nennenswerten Plünderungen vor. Es trug sich auf dem Territorium der Pfarre auch kein Fall von Schän dung 2u. Kirche und Pfarrhof hatten keinen Schaden erlitten. Überblick über Nazi-Herrschaft: wahrhaftig sine ira! Nun ist die Herrschaft des NS.zu Ende. Wie hat sie sich in unserer Pfarre ausgewirkt? Am 13. März 1938 wui^e das von der Gemeinde gemietete Pfarrheim ge plündert und von der Partei besetzt (OttakringerStraße 150). Die Vereine mußten aufgelöst werden. Auch das Vermögen der Vdnzenz-Konferenz wurde be schlagnahmt. In den Jahren 1938 und 1939 fielen auf Grund der ns. Propaganda mehr als 3000 Personen von der Kirche ab. Die Seelsorgspriester durften nicht in die Schule gehen zum Religionsunterricht. Sehr viele Ehen wurden nur standesamtlich geschlossen. Viele Kinder wurden nicht getauft. Viele waren bis zum Schulaustritt nicht bei den hl. Sakramenten. Der Kindergarten Ottakringerstr. 125 ging endgültig ver loren. Pfarrer Paletz hatte ihn gegründet. Der „Verein der Kinderbewahranstalten" wurde aufgelöst,das Haus dem Caritasverband eingewiesen. Dieser verkaufte das Haus an die Firma Proksch & Co. Besser ging es mit dem Haus in der Rückertgasse. Auch der Verein „Ottakringer Jugendschutz" wurde aufgelöst und das Haus dem Caritosverband eingewiesen, der es heute noch hat. In den Jahren 1938—1945 durften die Schwestern an einheimischen Kindern nicht arbeiten, Ihnen waren nur Mischlinge (meistens Juden)zugewiesen. Was den Klerus angeht, so hatten wir in allen sieben Jahren keinen Zusammenstoß mit der Partei oder der Gestapo. Wir suchten jeden Berührungs- und Anknüpfungspunkt zu vermeiden, gingen unsere Wege und waren außer der allgemeinen gesetzlichen Lage in der Seelsorge nicht behindert. Russen-Kommando: Am Sonntag, den 15. April, war der Pfarrer mit drei anderen Herren geistiger Berufe zum russischen Bezirkskommando, einem Major, in die Kommandatur am Schuhmeierplatz bestellt. Der erkundigte sich um die kirchl. Verhältnisse 'im Bezirk und gab die Ver sicherung, daß durch die Rote Armee keine Behinde rung eintreten wird. Nun lag alles darnieder. Alles geschlossen,kein Ver kehr. Auch die Häuser waren tagsüber versperrt. Die Leichen konnten nicht beerdigt werden. Durch Wochen hindurch brachten die Leute ihre Toten selbst auf den Friedhof, wenn es gut ging, hatten sie statt der Särge Kisten. Wir hatten Wechseldienst. Jeden Tag besorgte eine andere Pfarre des Dekanates dde Einsegnungen am Friedhof. Schon in der ersten Woche bemühte ich mich, das Pfarrheim (Schule Ottakringerstraße 150) wieder zu rückzubekommen. Der kommunistische Bezirksvor steher sprach es mir zu. Alsbald wurde das „Sozialwerk der Pfarre zur hl. Familie" errichtet. Mai: Die Maipredigten hielt wieder der Pfarrer über das Thema „Maria in unserer Zeit". Behandelt wurden die Erscheinungen der Muttergottes im letzten Jahrhundert, und zwar in La Salette, Lourdes und Fatima. Am 14. Okt. hielten wir abends ein feierliches Hochamt zur Danksagung für die Beendigung des Krieges. Am 28. Okt. erschien zum erstenmal wieder das „Wiener Kirchenblatt". Wir erhielten nur 30 Stück. 1946: Das neue Jahr wurde wieder durch eine nächtliche Anbetungsstunde eingeleitet. 13. Jänner: Pontifikalamt durch Kard. Innltzer. Weihe des Sozialwerkes. Im kalten Winter wurde eine Wärmestube eingerichtet. Weißer Sonntag: Tauferneuerung. Firmung wird g^pendet. 12. Oktober: Volksmission im Dekanat von St. Gabriel aus. 1947: Fest der Hl. Familie, Hochamt Kard. Innitzers. Juli: Wallfahrt nach Mariazell. 170 Teilnehmer. 1948: April: Pfarrer im Spital, an Diabetes erkrankt. Autobusfahrt nach St. Corona, Maria Schutz, Maria Taferl, Hafnerberg, Kleinmariazell, St. Corona am Schöpfl, Maria-Dreieichen. Pfarrer zum zweitenmal im Spital. An Gelbsucht erkrankt. 31. Juli bis 18. September. Ab 3. Oktober Feierlichkeiten zum 50jährigen Jubi läum der Kirche. Das Fest wurde durch Monate im Pfarrboten vorbereitet. Auch die Glockenweihe wurde eingebaut. Das Material wurde zum Guß gesammelt. Pfarrer predigte: von 10. bis 17. Oktober, Glaubens woche:„Ur^er Leben im Reich Gottes"(Pfarrgemeinde und Sakramente). 17. Oktober Hauptfesttag. Akademie im Festsaal des Sozäalwerkes. Letzte Eintragung durch Pfarrer Engelhart: Abends wurde das Te Deum gesungen, nach dem hl. Segen der 23. Psalm von Regenschori Prof. Hans Bauernfednd in der B^etzung von vierstimmigem Chor, Bläsern und Orgel uraufgeführt. Gesinnung und Wirken des Pfarrers offenbarte sich vielleicht sogar noch deutlicher auch aus dem von ihm redigierten „Pfarrboten der Pfarre zur hl. Familie, Wien 16.", der nach siebenjähriger Pause wiederum als 14. Jg. erscheinen konnte, worin der Pfarrer sich zehnmal im Jahre an seine Pfarrangehörigen wandte! Sein Zentralthema klang auch hier immer wieder auf: Verlebendigung der Pfarrgemeinde und möglichst jedes ihrer Glieder. Gleich begann er mit Jänner 1947 d'ieses „schlichte Mitteilungsblatt (4 Seiten Oktav) mit seinem Lieblings thema: Bfarrgemeinschaft, ein lebendiges Gebilde, denn „in ihr erleben wir dias Reich Gottes auf Erden; im Mittelpunkt dieser Gemeinschaft steht der Altar; dort wird das hl. Opfer dargebracht, von dem unge ahnter Segen in die einzelnen Seelen strömt; daher Mitteilung, welcher Gottesdienst stattfindet und wie er gestaltet wird. — Kirche eine Liebesgemeinschaft, daher Bericht über verschiedene soziale Einrichtun gen. — Kirche Trägerin der Kultur, daher Information über Vorträge, Kurse, künstlerische Veranstaltungen u. a., auch über Taufe, Trauungen und Todesfälle, alles Ereignisse, die in einer lebendigen Gemeinschaft nicht unbeachtet bleiben." Da wir so viele und oft drückend schwere Anliegen haben und die Gemeinschaft gewiß gern mitbebet, sollen auch Gebetsmeinungen angekün digt werden. Daran schloß sich der Wunsch:„Möge uns der Pfarrbote ein Mittel sein, das uns näher zusam menbringt und die Pfarrgemeinschaft wachsen läßt. Gott segne alle, die Ihn lesen und verbreiten!" Nr. 2 (Februar): Das Caritas-Monatsopfer. Drückte darin die Hoffnung aus, „daß sich in der Durchführung die Innere Stärke der Pfarrgemeinschaft erweist". Nr. 3(März): Zeit der Einkehr, die Fastenzeit. Rief darin zu einer Steigerung des religiösen Löbens durch Gebet und Selbstüberwindung und diesmal besonders zum Friedenstiften in Familie, Nachbarschaft und Be rufsstätte auf. Nr. 4 (April): „Den Frieden, den der Auferstandene den Jüngern verkündete, wünschen zum hl. Osterfeste allen Pfarrkindern — die Seelsorger." Fronleichnam.— Freudige Genugtuung und Dankbarkeit, daß wir dem eucharistischen Gott einen Triumphzug bereiten kön nen, aber Weh,daß sich in der Großstadt so viele Chri sten ehrfurchtslos und indifferent davor benehmen." 20 ,'i.
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