Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Matzinger war ein Mann der Unterrichtspraxis, die er sich aus seiner Tätigkeit als Religionslehrer an Volks- und (Knaben-)Hauptschulen^°), als Sonderlehrer in der Schule für verkrüppelte Kinder"), als Professor am Mädchengymnasium"'®), an der privaten FrauenOberschule'®) und an der Wiener Handelsakademie") erwarb und in Arbeitsgemeinschaften, Konferenzen und Vorträgen auswertete. 1928 als Bürgerschulkatechet in den Diözesanschulrat berufen'®), wurde er auch in den Vorstand des Wiener Katechetenvereins und des Reichsbundes der Katechetenvereine Österreichs aufgenommen'®). Als besonderen Vertrauenserweis und Einschät zung seines praktisch ausgerichteten Wirkens und schulischen Wissens von seiten der Religionslehrer und Religionsprofessoren konnte er seine Wahl zum Schrift leiter der „Christlich-pädagogischen Blätter" auffas sen, die er 1928 gemeinsam mit Kanonikus Wenzel Jaksch") und ab 1929 bis zur gewaltsamen Unter drückung durch den Nationalsozialismus'®) erfolgreich redigierte. Neben Artikeln (z. B. Neubau der Gesell schaft und religiöser Unterricht, christl.-pädag. Blätter 1926, 307/310) und Rezensionen zur Belebung der Kate chese und des Religionsunterrichtes gab er auch einige selbständige Publikationen, so „Katechetische Skizzen zur Salzburger Kirchengeschichte'"®), ein „Praktisches Handbüchlein zur Biblischen Geschichte und Ge schichte der katholischen Kirche"®®) und „Anruf Got tes" heraus, wie sich sein „Gebetbuch des katholischen Christen" nannte und das er in die Hand der Firm linge gegeben haben wollte®'). Zudem nahm er an der Herausgabe des neuen Katechismus, religiöser Klassen lektüre und anderer Behelfe für den Religionsunter richt regen Anteil®®). War er nebenbei schon Schriftleiter des „FrommeKalenders für den katholischen Klerus"®®), so sollte 1929 eine Aufgabe auf ihn zukommen, die so recht auf seine Art zugeschnitten war. Als Roman Gustav Him melbauer, Kapitular des Augustiner Chorherrn-Stiftes Klosterneuburg, Pfarrverweser von Kierling®"') und langjähriger mutiger Schriftleiter des „Korrespondenz blattes für den katholischen Klerus" im Februar wegen Kränklichkeit und Altersüberbürdung von der Redak tion zurücktrat, schlug er den bereits als Praktiker und Mitarbeiter bekannten Matzinger für die Nachfolge vor, der gleich bereit annahm und angenommen wurde. Da sein Aufruf im genannten Blatt über das in damali ger Zeit charakteristische und zugleich umstrittene Organ besten Aufschluß gibt, sei er im Wortlaut wiedergegeben®^): Hochwürdige Herren! Liebe Mitbrüder! Wie es kam Zum erstenmal seit 1891, zum zweitenmal seit Grün dung unseres Korrespondenzblattes überhaupt, tritt eine Veränderung in der Person des Schriftleiters ein. Mit unermüdlicher Sorge, unverdrossener, wenn auch oft verkannter Arbeit und mit jener unbezahlbar rei chen Erfahrung, welche die Leitung und übervolle Korrespondenz eines solchen Blattes in vier Jahr zehnten bringt, saß Pfarrer Himmelbauer Tag für Tag an seinem Schreibtisch, für sein Blatt arbeitend, dem er die schönsten und höchsten Kräfte seines Lebens ge weiht, dem er viel Freude und Freunde dankt! Aber das rasende Tempo der neuen Zeit und die Mahnungen des Alters drängten ihm die Sorge um einen Nachfolger auf. Da ich seit Jahren fast regel mäßig Beiträge für das Blatt lieferte und viel in den Klerusorganisationen mitarbeite, zog er mich in den letztvergangenen Jahren sehr stark zu engerer Mit arbeit heran. Manche Nachmittagsstunde durfte ich in seinem friedlichen Pfarrhof verbringen. Nicht ungern erzählte er bei solchen Gelegenheiten mit einem viel bedeutenden Blick auf das Korrespondenzblattarchiv von Leiden und Freuden aus verklungenen Tagen und manch wertvoller Fingerzeig aus der Lebensarbeit dieses Unermüdlichen ward mir zuteil. Inzwischen war ich durch einen unserer größten Priesterorganisatoren auch beim Eigentümer und Ver leger eingeführt worden. So ergab es sich gewisser maßen von selbst, daß Eigentümer und Schriftleiter in der Frage der Nachfolgeschaft auf den gleichen Namen kamen. Und so habe ich mit Genehmigung meiner kirchlichen Obrigkeit, über Bitte des Verlages und mit dem Patriarchensegen des hochwürdigen Herrn Pfar rers Himmelbauer die Führung unseres Standesblattes übernommen. Wie es bleiben soll „Actiones nostras, quaesumus. Domine, adspirando praeveni et adjuvando prosequere.. ." Die Hilfe und der Segen Gottes bleibe uns! Er hat das Blatt groß werden und reiche Früchte bringen lassen. Seine seg nende Vaterhand bleibe schützend über dem Blatt, über all seinen Mitarbeitern und Lesern. Die kirchliche Obrigkeit hat sich wiederholt aner kennend über das Blatt ausgesprochen. Korrekte Hal tung, maßvolle Sprache und treue Arbeit im Weinberge des Heim sollen das Blatt dieser Anerkennung würdig erhalten. In die Hunderte geht die Zahl der Mitarbeiter, welche durch ihre Artikel, Einsendungen und Empfeh lungen dem Blatt und seiner Sache wertvolle Dienste geleistet haben. Ich bitte alle innigst und von ganzem Herzen, ihre reiche Erfahrung und ihr Wissen aus Theorie und Praxis auch weiterhin zur Verfügung zu stellen. Insbesondere auch an die liebenswürdigen Herren des Stiftes Klosterneuburg wende ich mich um freundliche Mitarbeit sowie an jene, welche sich seit längerer Zeit nicht mehr gerührt haben, und nicht zuletzt an die lieben Mitbrüder, welche künstliche Wegschranken von St.-Germain von uns getrennt haben. Für geistige Mitarbeit gibt es keine trennenden Friedensverträge. Eine besondere Bitte ergeht an die geistlichen Mitbrüder in den Volksvertretungen. Unser Blatt bleibt Standesorgan. Würdige mate rielle Stellung des Priesters, Hochachtung vor seinem Stand und Wertschätzung seiner Diözese und rück haltlose Abwehr aller zu unrecht erhobenen Angriffe ist immer Grundaufgabe unseres Blattes gewesen und muß es bleiben. Jeder Mitbruder kommt mit seinen Gedanken und Meinungen zu Wort! Freilich, als erste der christlichen Tugenden steht seit alther im Katechis mus die christliche Klugheit. Nicht immer eignet sich eine momentane Expektoration auch für das Licht der Öffentlichkeit! Es bleiben die „Kurzen" mit ihrer Urwüchsigkeit, die „Beiblätter" und die „Fragen". Je mehr Mitarbeiter, desto reichhaltiger kann das Blatt ausgestaltet werden. Niemand scheue die paar Groschen Porto, um in Füh lung mit der Leitung des Blattes zu bleiben. Die da durch geschaffene geistige Gemeinschaft lohnt sich reichlichst für beide Teile. Wie es werden soll Offenen Auges, die Seele voll Liebe und Verantwor tung, schaue ich den großen Aufgaben der Zukunft ent gegen. Und da gilt meine heißeste Bitte den jüngeren Brüdern. Viele von ihnen ignorieren die schweren Kämpfe der älteren um die bisherigen Errungen schaften des Klerus, stehen abseits, weil sie Wert, Vor teil und Notwendigkeit des Zusammenstehens erst ken nenlernen müssen. Wer kann heute sagen, vor welch ungeahnte Situationen uns schon das kommende Jahr zehnt stellen wird. „Was du ererbt von deinen Vätern, 13

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