Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

und geneigt aufgenommen wurde. Viel psychische und physische Kraft war dabei nötig. Die vielen Verhand lungen, Sitzungen, Pastoralkonferenzen — wie der Autor z. T.selber beobachten konnte — und mitmachen mußte — forderten sie fast täglich vom Beauftragten ab, bis die zehn Hauptstellen: Caritas, Kunst und Wissenschaft, Schule und Erziehung, Volksbildung, männliche, weibliche Jugend, Frauen, Männer, Kinder, Ehe und Familie eingerichtet und aktionsfähig waren"*"). Schulungen durch Wort und Schrift erwiesen sich als dringlich. Dafür hatte er bereits eine unumgängliche Vorarbeit mit seiner Schrift: „Führertum, Gedanken an alle, die Führer sind oder die es werden wollen"'"), ge boten. Nach dem Woher und Was des Führertums, also dem Führertum im allgemeinen (1. Teil), nennt er darin als Eigenschaften des Führers: Verantwortlichkeit, Ziel strebigkeit, Selbstlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Anerken nungsbereitschaft, Verschwiegenheit, Selbstbewußtsein, Urteilssicherheit, Aktivität, Beharrlichkeit, Ruhe und Erfahrung (2. Teil), spricht dann „von den gehobenen Führerfähigkeiten" (3. Teil) und „vom Geschick des Führers" (4. Teil), legt weiters seine Gedanken über die Erziehung zum Führertum (5. Teil) vor und schließt seine Ausführungen echt christlich damit, daß der Führer sich in den Exerzitien kräftigt, der Heilige Geist die Vollendung im Führertum gibt und Christus der göttliche Führer der Menschheit ist. Diese bleibend aktuelle und daher noch heute anregende Schrift er zielte ihre Wirkung und verdiente weiterhin gewiß eine größere Aufmerksamkeit und Auswertung. 1937 kam noch das im Dezember des Vorjahres proklamierte Katholische Jungvolk dazu'*"). Nicht weniger Konzentration und Arbeitseinsatz erforderte auch die erste Wiener Diözesansynode, die schließlich am 16. und 17. März 1937 tagte und wozu Engelhart selbstverständlich als eines der Hauptthemen das ausführliche Referat über die Katholische Aktion zugeteilt erhielt*"). Das ganz vom zentralen Seelsorgsund Apostolatsgedanken ausgehende und davon durch tränkte Referat — zehn Jahre vorher hatte er bereits in einer Schrift: „Neue Wege der Seelsorge", wovon noch zu sprechen sein Wird, Gedanken darüber vorge legt, nicht bloß als schöne Theorie, sondern als ihn stets begleitende Praxis, wie sich in seiner Tätigkeit später als Pfarrer noch zeigen wird — erläuterte er klar und überzeugend Wesen, Aufgaben und Not wendigkeit der KA., wie sie gerade in der notvollen, fast apokalyptischen Zeitlage und Kirchensituation das brennende Anliegen aller aktiven Kirchenglieder sein müsse. Einige Hauptsätze seien daraus vorgelegt: Die KA. lasse sich nicht vom engen Raum einer einzigen Pfarre, am wenigsten von einer Landpfarre her beurteilen, sondern müsse mit weitem Blick über das gesamte Europa gesehen werden.— Zunächst sollten die einzel nen Menschen zum Apostolat erweckt werden. — Darum sei der Anfang und die Voraussetzung für die KA. die Seelsorge. — KA. sei vom Reich Gottes — Bewußtsein her zu bauen, vom Altar her, um den sich die betende und opfernde Gemeinschaft schare. — Ziel der Seelsorge mit dem Blick auf die KA. sei daher lebendige Pfarrgemeinschaft. — Bestehe natürlich die Notwendigkeit der KA.genau und gleich für Stadt und Land,so sei doch das Tempo verschieden. — Die Richt linien verlangten die Schaffung des Pfarrbeirates, was in erster Linie aber durch die Berufung der Führer der Naturstände geschehe, d. i. apostolischer Mitarbeiter, die dem Priester an die Hand zu gehen haben, die zuerst einmal lernen sollten, mit dem Pfarrer um die Seelen zu sorgen. — Vom einzelnen apostolischen Mit arbeiter gehen über den Weg der Zellenarbeit zum Naturstand, der imstande sein müsse,tonangebend und meinungsbildend auf die übrige Bevölkerung zu -wirken. (Interessant nun die Deutung der Eingliederungskarten der KA., die nach dem Vorbild Italiens auch in Öster reich, nun eingeführt wurden!): Wie sich die Kirche in vielen Belangen der Schriftstücke, auch da, wo es sich um übernatürliche, sakramentale Wirksamkeiten handle, bediene (litterae testimoniales vor den Weihen, Beicht- oder Pfarr-Jurisdiktion u. a.), so solle auch hier, wo es sich bei der Berufung und Sendung durch den hierarchischen Führer(den Bischof) um einen Vor gang drehe, der in den übernatürlichen Bereich des Reiches Gottes gehört, dies durch die Eingliederungs karte zum Ausdruck kommen. — Nach den einsatz fähigen Menschen brauche man auch geistige Zentren, die imstande seien, eine geistige Strömung zu erzeu gen und sich mit anderen Strömungen zu messen, weil dadurch erst der KA. die Dynamik verliehen werde; und dies seien Arbeitsgemeinschaften, deren Schwer gewicht bei den Referenten und ihren Arbeitskreisen lägen. — Bei der großen Aufgabe der KA. müsse auf Planmäßigkeit und Einheitlichkeit der gesamten Arbeit unbedingt geachtet werden. — Der seit jeher der Kirche innewohnende Autoritäts- und Sendungs gedanke sei letztlich auch ein wesentlicher Grund, der zur inneren Umbildung der katholischen Vereine ge führt habe, da bisher fast alle Vereinstätigkeit auf jenem demokratischen Prinzip aufgebaut habe, nach dem die Generalversammlung und nicht der Bischof die letzten und wichtigsten Entscheidungen getroffen habe. Der weitere Grund zur Umänderung (und Statutenänderung) liege in dem Konkordat"*^), das ja den Vereinen der KA. die volle Freiheit der Organi sation und Betätigung gebe, dafür aber die Unterord nung unter die Gewalt des Bischofs voraussetze, der wiederum dem Staat gegenüber die Verantwortung trage. — Nach all dem sei die Forderung des Monats opfers zur finanziellen Fundierung verständlich.—Zum Schluß wurde betont: der Priester stehe in der KA. nicht allein als Seelsorger, sondern auch als Führer der Laien, was viele Anforderungen an sein Wissen, sein Taktgefühl und an seine Opferfähigkeit stelle. Auch brächte die KA. für ihn nicht nur eine Ver stärkung der gesamten kirchlichen Kräfte, sondern auch eine Vermehrung der priesterlichen Arbeitslast und Verantwortung. Nicht abwarten, sondern Einsatz sei die Lösung und Forderung. Denn die Kirche bleibe unbezwinglich, wenn wir unsere letzten Kräfte für sie einsetzten. Begreiflich die Anmerkung: daß das höchst aktuelle Thema eine ganze Reihe von Anfragen und Vorschlägen ausgelöst habe, so daß sich die Wechsel rede bis in die späten Abendstunden hinzog^'"'). Unterdessen hatte Engelharts einstiger Schul kamerad Dollfuß die Kanzlerschaft angetreten und ab 1934 den Auf- und Ausbau des nach der päpstlichen Enzyklika Quadragesimo anno (v. 15. Mai 1931) ange regten neuen Gesellschaftsbildes, des christlichen Ständestaates in Angriff genommen. Bei der Suche und Auswahl von tüchtigen, verläßlichen und patriotischen Persönlichkeiten im Klerus war er auch auf den durch seine Stellung einflußreichen Generalsekretär der KA. gekommen, der nun mit 1. November 1934 als Mit glied in den Bundeskulturrat und mit 29. d. M. als Abgeordneter, d. i. als Bundesrat in den Bundestag berufen wurde-*") und auch hier als Priester und echter Österreicher seinen Mann stellte, wie erwartet wurde; und dies bis vor dem gewaltsamen Ende des öster reichischen Vaterlandes. Eingeschaltet sei die als Dank und Vertrauensakt seines Oberhirten zu wertende Ernennung zum Wirkn

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