Beiträge zur Wiener Dlözesangesdiidite BE ILAQE DES WIENER DIÖZESANBLATTES Nr. 3(März 1971) 109. Jahrgang Nr.2 Wien,am 1. März 1971 12.Jahrgang Inhalt: 9. Ehren-Kanonikus Leopold Engelhart (1892/1950).— 10. Möns.Stephan Matzinger,Katechet und Publi zist (t 1948). — 11. Immaculata-Verehrung auch in Pestnöten (1679 und 1713). — 12. Die Renaissance altäre von Siemdorf. 9. Ehrenkanonikus Leopold Engelhart (1892/1950) Dr. Franz Loidl Engelhart wurde in der Periode zwischen den zwei Weltkriegen wenigstens für die Wiener Erzdiözese eine von seiner Zeit und ihren Erfordernissen geprägte, aber auch sie wiederum mitprägende Priesterpersön lichkeit, was keinesfalls als Übertreibung oder gar Verhimmelung anzusehen ist. Eine stattliche, vornehme, sachliche und doch liebenswürdig-gütige und umgängliche Erscheinung, war er wie geschaffen zu Führertum und Verant wortungsübernahme. Er bewies es in den einschnei denden und umgestaltenden Abschnitten der Diözesangeschichte, in den Not- und Umsturzjahren 1918/19 und 1938/39, und wurde dadurch vorbereitet und befähigt für die nicht weniger schwierigen Jahre 1945/46. Für den Biographen ist die Skizzierung dieses Lebens- und Leistungsablaufes dadurch einigermaßen erleichtert, daß er Engelhart nicht bloß kannte und beobachten konnte, sondern auch in Kontakt mit ihm stand und als junger Kaplan von ihm sogar für Ver trauensaufträge ausersehen war, als es um den Auf bau der Katholischen Aktion und dabei wiederum um die Neugestaltung der Kinder- und Jugendseelsorge ging. Er konnte jedoch nicht einsteigen, sosehr es Engelhart betrieb, da ihm inzwischen die Lehr- und Wissenschaftstätigkeit zugeteilt wurde. Engelhart war mittlerweile mit dem damaligen Seelsorge-Institutsleiter Prälaten Dr. Karl Rudolf und auch mit dem Vereins- und Presse-Organisator Prä laten Jakob Fried zu einer geistlichen Schlüsselfigur der durch Papst Pius XI. propagierten und mächtig ge wordenen Katholischen Aktion und des 1933 bis 1938 wirksamen christlichen Ständestaates aufgestiegen, was auch zugleich den Höhepunkt in seiner reichen und verantwortungsvollen Tätigkeit bedeutete. Es wäre jedoch zu einseitig, wollte man nur diese Ämter und Leistungen hervorheben; denn Engelhart war eine zu vielseitige und aufgeschlossene Priester- und Seel sorgerpersönlichkeit, als daß sie eine solche Einengung vertrüge. In der Zeit der religiösen Sammlung und des politischen Aufstieges der kleinen Leute, vornehmlich des aus Handwerkern, Gewerbetreibenden und Han delsleuten gebildeten Mittelstandes unter dem Volks bürgermeister Dr. Karl Lueger und dem Männerapostel P. Heinrich Abel S. J.^) am 15. November 1892 im X. Wiener Gemeindebezirk (Simmeringerstraße 173, heute Gudrunstraße) geboren, erhielt der Knabe wie selbstverständlich bei der Taufe am 23. d. M. in der seit 1876 bestehenden einzigen Pfarrkirche dieses volk reichen Bezirkes „zum hl. Johann Evangelisten"^) den Namen des Heiligen seines Geburtstages, des öster reichischen Landespatrons und Wiener Schutzheiligen Leopold, und als zweiten Namen den des hl. Johannes®). Der Vater, Leopold E., war Spenglermeister und stammte aus Linz**), die Mutter, Anna geb. Regels perger, war aus dem Weinbauort Zöbing®), Dekanat Krems, Diözese St. Pölten, gebürtig. Sie hatten bei einem Altersunterschied von dreißig Jahren am 15. Ok tober 1890 die Ehe geschlossen®). Bald Halb- und dann Vollwaise geworden, soll der Knabe in einem Waisen haus aufgewachsen sein. Er verdankte zum nicht ge ringen Teil seiner älteren Schwester Marianne die Er möglichung des Studiums. Sie starb im März 1939 bei ihm, Pfarrhof Neu-Ottakring und liegt auf demselben Friedhof wie er später, das ist auf dem in Ottakring, begraben"^). Den frommen und eifrigen Ministranten zog es zum Priesterideal hin und so kam er ins eb. Knaben seminar (Ober-)Hollabrunn und besuchte von 1905 bis 1913 daselbst das Staatsgymnasium®). Unter seinen Klassenkollegen befand sich auch der spätere Bundes kanzler Dr. Engelbert Dollfuß®), in dessen Biographie wir einiges über das Leben und Treiben in Knaben seminar und Schule nachlesen können. So z. B. vom begeisterten Fußballspiel, wofür die Klassengemein schaft einen Ball kaufte, den Engelhart zum Gaudium aller aus Wien mitbringen durfte^®). Von den Profes soren scheint als richtig markante Persönlichkeit der Klassenvorstand und Geschichtslehrer Dr. Karl Hof bauer die Schüler weitgehendst beeindruckt zu haben, nicht nur wegen seiner Strenge und Originalität^^), sondern wegen seiner Ablehnung der einseitigen Öster reich-feindlichen, preußischen Geschichtsschreibung, wie sie damals bei den Deutschnational-Liberalen im Kurs stand, und wegen seiner mutigen und lebendigen Vortragsweise über gerechte österreichische Geschichte, wodurch er in den Herzen seiner Schüler den Patrio tismus vorbereiten half, den dann Dollfuß und sein Freund Engelhart öffentlich auch vertraten^^). Von den 34 Kandidaten des Jahrgangs 1913 erhielten neun ein Maturazeugnis mit Auszeichnung. Auch Engelharts
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