Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

KR. und Vizedechant an der March, Franz Romeyer, dahin unterwiesen, daß Kollweg, „zwar von guten Sitten und Eifer für seine Pflichten sei, wegen Anzüg lichkeiten in einer jüngsten Predigt jedoch habe „ge ahndet werden müssen", und ihm bedeutet, „besonders auf dessen Vortrag im Wortgottes achtzuhaben und dessen Predigten, bevor selbe gesagt werden, sich schriftlich zur Einsicht vorzeigen zu lassen." Ebenfalls noch am 4. Mai konnte Pfarrer Zando natti dem Kanzler des Konsistoriums, Möns. Jean Bapt. Noble de Zoller, mitteilen: „Der Herr K. ist heute früh würklich mit der Absicht aus meinem Hause um 8 Uhr aufgebrochen, um in der Kanzley laut Gnädigstem Auftrag'seine Predigt abzuschreiben". Zugleich erklärte er, der Herr Karl Vollgruber von Wilfersdorf sei ihm aus den Händen Sr. Hochfürstl. Eminenz ganz anständig, lieb und angenehm, nur wünsche er zu wissen, ob er es dem H. V. melden oder ob es diesem von dem Rev. Consist. zukommen und angedeutet werde, daß er sich zu ihm verfügen möchte. Dieses sei es, was er Sr. Hochfürstl. Em. zu Füßen legen und er sieh demütigst empfehlen wolle." Am 11. Mai meldete er dem Rev. Consist. davon, daß er von Eminenz (Migazzi) den Auftrag erhalten habe: 1. den H. Vicar K. dahin zu vermögen, daß er den Orthsrichter verständigen möchte, er habe in der bekannten Predigt diesen zu beleidigen nie vermeint, sondern seine Rede wäre mit einer allgemeinen und nie besonders treffenden Absicht gesagt worden, — 2. die in heiligenden zwei Bögen unterzeichneten 31 Nachbarn von allem etwa aufrührerischen Verdacht zu entfernen und die Gemeinde zu beruhigen, und erstattete hierüber den schriftlich abgeforderten Be richt: „ad 1. Der Herr- K. ist über meinen ihm ge machten Vortrag, ob er nicht etwa als ein Priester zum Richter gehe, allen Feindseligkeiten ein gutes Ende zu machen, mit ihm sich freundschaftlich be sprechen wollte und selben auch zu verständigen, daß er denselben zu beleidigen nie des Sinnes gewesen, sondern in einer ganz allgemeinen Absicht gepredigt hätte. H. K. versprach augenblicklich, und noch dar über wolle er nicht nur allein dem Richter, sondern allen seinen mit ihm Klagenden diesen Wahn zu benehmen suchen. Um aber allen etwa zu befürchtenden Hitzigkeiten vorzubeugen, bath ich den H. K., er möchte ja nicht allein gehen, sondern sich jemanden aus der Nachbarschaft mitneh men, den er sich gleichsam zum Schutzmann erwählte, und als Zeigen seines bescheidenen Betragens aus weisen könnte: wir verfiellen beide auf den Schul meister, der zugleich ein Mitgeschworener des Dorfes ist. Diesem gab ich in geheime folgenden Unterricht: Der H. K. wolle als ein gottesfürchtiger Priester den H. Richter und allen Anklägern den Wahn benehmen, daß er sie in der bekannten Predigt nie habe belei digen wollen, er wolle allso, da er nun befehliget wor den, von hinnen wegzugehen, als ein guter Freund alle seiner priesterlichen Danksagungsart versichern und sich allerseits empfehlen; der Schulmeister möchte sowohl den H. K. als alle übrigen beobachten, auf daß nicht etwa ein oder der andere bey dieser guten Ab sicht die Schranken der Rechtschaffenheit über schreite. — Der H. K. ging also mit seinem Geleits mann, und der Schulmeister sagte mir: daß der H. K. durch sein besonderes Betragen alle seine Kläger zum bitteren Weinen und Reue bewogen habe. K. sagte es allda, daß er in seiner Predigt nie einen Riditer, eine Gemeinde oder eine Herrschaft vermeint, sondern von allen überhaupt, welche etwa laut gemachten Schilderungen betroffen werden dürften, geredet, ge dacht und gepredigt habe. Ad 2. Ich habe aus den in beiliegenden Bögen Unterschriebenen einige zu mir gebetten,ihnen in guter Art beygebracht, daß sich selbe über den Abschied des H. K. beruhigen und befriedigen möchten. — Ich trug ihnen folgende Gründe vor: Die Bittsteller möchten sich vorstellen, daß wir den H. K. durch mehrere Fälle doch immer verlieren könnten. Er könnte einmal eine Pfarre antreten, oder eine weitere Versorgung finden, er könnte sterben, oder sonst durch eine Krank heit uns entrissen werden, er könnte von sich selbst alle Tage von hier den Abschied nehmen, und niemand könnte ihn dazubleiben zwingen. Was würden wir dann thun? Wir müßten es doch immer leiden, und ihn vermüssen. Besonders aber, da er als Priester seinem Bischof den Gehorsam geschworen, und er bereit willigst demselben zu gehorsamen, so sollen sie seinen Gehorsam loben, und in der Stille seinen Verlust be dauern, und ihm alles Gute nachwünschen. Endlich da S. Hochfürstl. Em. mein und Euer gnädigster Fürst ihm H. K. gewiß nicht ihre Väter liche Hand zu entziehen, sondern vielmehr sein Schick sal zu verbessern gnädigst gedenken, indem HÖchstdiesellben ihm H. K.zu einem H. Pfarrer übersetzen, der seinem H. Vikar einen weit besseren Gehalt, Kost und mehrere andere Gefäligkeiten erweisen kann, allwo er seine priesterlichen Arbeiten mit mehreren Mitgehilfen theilen, mehr Ruhe und Zeit zum Studium genüssen wird, so glaubte ich, daß sich die Bittsteller befriedigen und beruhigen sollten. Betreffend aber den Orthsrichter sagte ich ihnen, daß S. Hochfürstl. Em. eine (?) angeordert; ich aber bath sie, daß sie sich wohl Bedenken machen, nur ja die Ungnade ihres gnädigsten Fürsten nicht zuzuzie hen, sie sind es vor Gott schuldig und sie hätten es beschworen, gehorsam zu seyn, sie sollten den, den sie sich selbst so einhällig erwählet, auch einhällig lieben und heren, sie wollen nur ihrer eigenen Wahl, weil sie gerade mit dem unzufrieden sind, den man ihnen auf keine Art aufgedrungen, sondern den sie sich selbst ungebeten, ungezwungen, freywiilig, ein stimmig und ohne aller Widerrede so erwählet haben; auf diese und dergleichen gemachten Vorstellungen ward Stille und Ruhe; nichts wurde weiters gesagt: wenigstens hörte ich nichts anderes, als daß sie dem H. K. eine gute Reise, glückliche Tage wünschten,imd für seine gehabten Bemühungen dankten, auch ver sprachen, sich ruhig zu betrachten." Kollweg hatte aber damit noch keine Ruhe, da er vor seinem Abgang am 27. Mai (1789) zu einer Tag satzung (Verhandlung) vor das Kreisamt Unterwiener wald in Traiskirchen vorgeladen wurde, wo es um das unerlaubte Einsteigen und Holzsammeln im Lainzer Tiergarten ging, wessentwegen Leute aus St. Veit, Lainz und Speising angeklagt waren, und um eine Äußerung Kollwegs in der Predigt, daß das Einsteigen über die Mauer erlaubt sei. Die Verständigung ging über das Konsistorium an Kollweg, der hinwiederum 39

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=