Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Beiträge Diözesangesdiidite BE ILAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr. 9 (September 1970) 108. Jahrgang Nr.5 Wien,am 1.September 1970 11.Jahrgang Inhalt: 21. Das Projekt der Kapistrankirdie auf der „Schmelz". — 22. Pfarrer Jakob Zeggl und seine „Be tende Gemeinde" (t 1967) 0Ein gebührender Nachruf). — 23. Möns. Ottokar Sykora, Geistlicher Assistent beim Canisiuswerk und diözesanhistorischer Schriftsteller (t 1951). — 24. Von den im II. Weltkrieg gefallenen Weltpriestern der Wiener Erzdiözese. — 25. Vom I. Hochschulkurs für Laienkatechese an der kath.-theol. Fakultät in Wien (Eiericht einer Teilnehmerin). — 26. Maximi lian Kollweg (t 1824) und seine umstrittene Predigt. — 27. Nachtrag: Bischofsweihen in Wien. — 28. Schlöglmühl/Gloggnitz: Fabrikskapelle mit Meßlizenz und Schule. — 29. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. 21. Das Projekt der Kapistrankirche auf der „Schmelz" „Schon seit Jahren traten verschiedene Mängel in der Wiener Großstaditseelsorge zutage: In der Millio nenstadt hatten einzelne Bezirke einen enormen Be völkerungszuwachs erfahren — war ja z. B. die ehe malige Vorstadt neben der Schmelz zu einer Stadt mit 170.000 Einwohnern angewachsen — der Stand der Seeisorgegeistlichlkeit war der gleiche geblieben, Neu bauten von Kirchen waren wenig erstanden. Speziell in Ottiakring, im rasch dicht verbauten Gebiete in Zwischenlbrücken und in Neu-Margareten machte sich der Mangel an Gotteshäusern und Seelsorgern stark fühlbar. Kardinal Gruscha und'Bischof Marschall faß ten den Bau der Notkirchen von Zwischenbrücken und Neumargareten ins Auge, deren eine der Kaiser auf seine Kosten erbauen ließ. Die Gemeinde Wien war durch dde bekannte Verwaltungsgerichtshofent scheidung sehr beengt in der Verwirklichung ihrer Absichten, und so lag es mit dem Projekt des Ottakringer Kirchenbaues sehr im argen als Kardinal Nagl sein Amt antrat. Als er wenige Tage nach seinem Eintreffen in Wien (1910) erfuhr, daß der Ottakringer Kirchenibau finanziellen Schwierigkeiten begegne, trotzdem dieser Bezirk mit einer Einwohnerzahl, jener von Triest vergleichbar, nur zwei Kirchen besitzt, er schien er sofort in der nächsten Versammlung des Kirchenbauvereines zur Erbauung einer Kirche nächst der Schmelz, hielt eine erfreuende Ansprache und widbnete selbst sofort eine größere Spende. Der Er folg blieb nicht aus: Bald danach — es war damals Dr. Nagl zum ersten Mal unter seinen Diözesanen erschienen — flössen die Spenden reichlich; bald konnte man in der Krypta der Kirche bei der Schmelz mit der Zelebrierung eines regelmäßigen Notgottes dienstes beginnen, und vor kurzem wurde der erste feierliche Gottesdienst in der Kirche selbst gelesen, das geräumige Gotteshaus geht der Vollendung ent gegen. Als Erbe nach seinem Vorgänger war Dr. Nagl eifrigst für den Allgemeinen Wiener Kirchenbauverein,dessen Agenden Msgr. Merinsky als Vereinsdirek tor besorgte.Ein besonderes Projekt in dieser Hinsicht hatte Kardinal Dr. Nagl am Herzen: Er erhoffte vom Eucharistischen Kongreß (1912) ein größeres finanziel les Ergetnis und' ucllte daraus dem Priesterhelden aus der Zeit der Türkenlkämipfe in Wien, dem heiligen Johannes von Capestrano, eine Kirche in Wien er bauen. Die Abrechnung ist in der Zentralkanzlei des Eucharistischen Kongresses infolge vieler Schwierig keiten' noch nicht zu Ende gediehen, und so kann heute noch n5cht die Antwort auf die Frage gegeben "werden, wie weit sich der Wunsch des Kardinals der Erfüllung nähert. Wohl aber steh't fest, daß auch mit diesem Plan der Kardinal aus der Stimmung dei; Wiener heraus gefühlt hat." So der Bericht in der „Reichspost" v. 4. Februar '1913 (Nr. 58), S. 3. Dazu ebda v. 10. Jänner 1913 (Nr. 15), S. 9. Das Gotrtieshaus, der erste kirchliche Eisenbeton bau Wiens, 1911—1913 von Josef Pleönik als Saal kirche mit Krypta unterm Altarraum erbaut^), seit 1930 Pfarre auf der Schmelz (Wien XVI-Ottakring) und der Kongregation der Herz-Jesu-Priester anver traut^), wurde, was sicher entsprechender sein mag, dem Heiligen Geist als zu selten gewähltem Kirchen patron — geweiht?). Der hl. Johannes von Capestrano wurdie jedoch deshalb in Wien keineswegs vergessen. Hat er doch sein herrliches Denkmal, die nach ihm benannte Kanzel am Stephansdom^), dann eine nach ihm Capistran benannte Gasse unweit der Kirche St. Josef ob der Laimgrube im VI. Gemeindebezirk®) und gibt es seit 1939 die ednst von Kardinal Nagl geplante St. Kapistran-Pfarre in Wien XX(Zwischenbrücken)^) und wurde der 500. Todestag dieses großen Bußpredigers, Hussitenmissionärs, Türkenstreiters und „Apostels Europas'") und „Heiligen, der durch Wien ging"®), i. J. 1956 durch Festakte vor der Kan zel-, im r.'ö. Landhaus (mi't Ausstellung) und durch Vorträge und Publikationen gebührend gefeiert®). Anmerkungen: ^) Missong, Alfred, Heiliges Wien. Wien 1948, 276—278 mit Abb. 38, S. 277. — Wien XVI, Klausgasse 18. — Kirchenveiwaltung um österr. Wi derstandsbewegung verdient, da im April 1945 52 ukrainische Arbeiter und Kriegsgefangene sowie fah nenflüchtige Soldaten aus der benachbarten Radetzkykaserne in der Krypta verborgen wurden. — Vgl. auch (lexikal. Ausgaben): Dehio, Handbuch der Kunstdenk mäler, Bd. Wien, 5. ergänzte Aufl., Wien-München, 1954, 172. — ^) Personalstand der Wr. Erzdiözese. — ®) Missong a. a. O. — Neuausgabe von P. Dr. Ottokar Bonmann, Rom, unter dem Titel: Johannes Kapistran, Ein Leben im Kampf um die Reform der Kirche, Hei delberg 1964/1965, 1130 Seiten mit 10 Abb., Bd. 1/ II.—•*) Missong a. a.0.17 mit Abb.III.— ®)Ebda.171.— Tomek, Ernst, Kirchengeschichte Österreichs, 1949, II, 26 ff. — Benennung, weil Joh. v. Capestrano hier 1451 33

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