Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Organisationen stehen wird. Ich bin überzeugt, daß sie der größte und wichtigste Faktor in der modernen Jugendbewegung überhaupt ist und die katholische Pfadfinderbewegung — auch wenn sie heute selbst von katholischer Seite oft belächelt wird — die Jugend bewegung ist, der die Zukunft gehört. Der Gedanke, von dem sie getragen wird, ist völkerverbindend, und wenn Ihr auch heute noch öfter selbst von katholischen Organisationen belächelt werdet, so wird doch nur das wahrhaft großzügige Werk zum Sieg gelangen, und großzügig ist eine Idee, die die Welt versöhnt. Der Urquell, aus dem Lord Baden-Powell die Kraft seiner Pfadfindergesetze geschöpft hat, ist die frohe Bot schaft aus Bethlehem: „Ehre sei Gott in der Hohe und Friede den Menschen auf Erden, die eines guten Wil lens sind!" Bleibt diesem Gedanken treu und treu Euch selbst, dann könnt Ihr einst die Welt versöhnen, ihr den Frieden geben, dessen sie so dringend be darf®®)!" Kein Wunder, daß Lord Robert Baden-Powell „für die herrlichen Worte, die ein katholischer Kirchen fürst seinem Werk gezollt habe", von ganzem Herzen dankte®"). Nur mehr kurze Lebenszeit war dem großen Wie ner Volksbischof beschieden. Bei seiner letzten Visi tationsreise vor seinem Tode im Frühjahr 1932 durfte noch ein Pfadfinder Chauffeur des Kardinals sein®'). Am 21. April 1932 schloß er die Augen für immer. Am 25. d. M. hielten St. Georgspfadfinder und Reichsbündler eine Betstunde im Stephansdom, Pfadfinder waren es auch, die gemeinsam mit Chargierten des CV Ehrenwache im eb. Palais hielten, wo der Tote aufgebahrt war®®). Sie eröffneten auch den männlichen Zug des Trauerkonduktes®®), und eine Abordnung be gleitete den Kardinal endlich zu seiner Ruhestätte in Kranichberg®"), wo Bundeskanzler Buresch die beim offenen Grabe stehenden Pfadfinder als die Abgesand ten von tausenden österreichischen Buben und Mädeln bezeichnete, die nun ihren väterlichen Berater, Füh rer und Freund betrauerten®'). . Mit Recht kann gesagt werden: Wie Pius XI. dem Pfadfindertum auf der Ebene der Weltkirche Aner kennung verschafft hatte, so war es Kardinal Piffl gewesen, der ihm in Österreich zum Durchbruch ver helfen hatte®®). Noch mehr: Der Kardinal hätte es auf das wärmste begrüßt, wenn einmal die Wiener Fron leichnamsprozession, der traditionelle „Stadtumgang", durch ein Pfadfinderspalier eingesäumt und geordnet hätte werden können®®). Quellen: Unser Weg. Eine Wiener Pfadfinderzei tung (Hrsg. österreichischer Pfadfinderbund) 1919/38. Der Pfadfinderführer (Hrsg. österreichisches Pfad finderkorps St. Georg) 1930/38. Christlidi-pädagogiscäie Blätter 1914/18. Wiener Kirchenblatt 1932. Reichspost 1926/32. — Mitteilungen von Ing. Adolf Klarer, Wien XIII., Veitingergasse 113, Franz Pospisil, Wien X., Neusetzgasse 5, und Dipl.-Ing. Robert Ulridi, Wien I., Hegelgasse 5. Anmerkungen: ') „Cosi ehe i Giovani Esploratori possono essere grati al Papa d'aver cosi ,canonizzato' il loro magnifico metoda../," Documenti pontifici sullo scoutismo (Roma 1952) V.'— ®) Vgl. Papst Pius XI. Ein Lebensbild. Berlin: Politisch-WissenscJiaftlicher Verlag (1931/32) 44f. (Bild: Pius XI. empfängt die Führer der katholischen Pfadfinder vor der LourdesGrotte in den Vatikanischen Gärten). — ®) Wilhelm Solzbacher, Pius XL als Verteidiger der menschlichen Persönlichkeit (1939) 214—218. — William Hillcourt, Baden-Powell. The two Lives of a Hero. (London 1966-*). 396. Pfadfinderführer 4 (1933) 114.— ^) Uber die Haltung des am 4. Feb. 1913 verstorbenen Kardinals Franz Xaver Nagl ist nichts mehr in Erfahrung zu bringen. Er wird die Pfadfinderbewegung auch noch kaum näher gekannt haben. Piffl wurde am 2. V. 1913 Wiener Erzbischof und am 25. V. 1914 Kardinal. — ") „Tagebuch des Pfadfinderkorps St. Georg in WienFavoriten", 19. V. 1919, (Im Besitz F. Pospisil). Adolf Klarer,Zwanzig Jahre katholische Pfadfinder in Öster reich, in: Pfadfinderführer 3 (1932) 71. — ') Gedenk buch der Pfarre St. Anton, Bd. II, 22. XII. 1913. — ^) An diesem Tag trug Josef Wagner, Zeremoniär des Erzbischofs, in sein Tagebuch ein: „Heute Baronin Wulff bei Ae. (= Archiepiscopus) in Angelegenheit der von ihr gegründeten katholischen Pfadfinder", zit. bei Gerhard Schultes, Der Reichsbund der katholischen deutschen Jugend Österreichs (1967) 204. — ") Christ lich-pädagogische Blätter 38 (1915) 372. — '") „Aufruf des Vereines zur Erhaltung des Pfadfinderkorps ,St. Georg' in Wien" (1916) (Flugblatt, im Besitz von F. Pospisil). Neben Krauß waren noch die Priester Josef Wolny und August Kube in der Vereinsleitung tätig. Ebd. — ") Vgl. Emmerich Teuber, Ein wenig Geschichte, in: Unser Weg 9 (1928) 13—16, 25—29. — '®) Am 10. III. 1912 hatte August Fineisen der Ver sammlung südwestdeutscher Freimaurer empfohlen, von der Gründung einer eigenen Jugendorganisation der Freidenker abzusehen, dafür aber bestehende Jugendvereine wie Pfadfinderbund, Wandervögel usw. in geeigneter Weise zu unterstützen. Stimmen aus Maria Laach Bd. 85 (1913) 409. Die französischen Bischöfe hatten wegen Verdachtes freimaurerischer Umtriebe die Pfadfinderbewegung fürs erste verboten („nous interdisons absolument..."), während der eng lische Kardinal Francis Bourne (1861—1935) sie von Anfang an guthieß und förderte. Zeitschrift des österr. u. Ungar. Klerus 2 (1913) Nr. 30, 4. Hillcourt, BadenPowell 298. Pfadfinderführer 4 (1933) 23. — '®) Lt. Mtlg. Ing. Adolf Klarer und Dipl.-Ing. Robert Ulrich. Der Name dieses Führers ist dem Verfasser bekannt. Enttäuscht von der Freimaurerei zog er sich aller dings später wieder von der Loge zurück. — ") Seit 1913 Pfadfinder'im dortigen St. Georgskorps, übersie delte 1921 nach Wien. — Wiener Kirchenblatt, Nr. 19 v. 8. V. 1932, 3f. Das Heim dieser Gruppe befand sich in Wien VIII., Josefstädterstr. 39. Unser Weg 4 (1923) 95. —'®) Discorso agli scouts romani nella festa di S. Giorgio, 23 Aprile 1922, in: Documenti pontifici sullo scoutismo 15f. — ^') „...ehe e stato anche un pö il nostro...". Documenti 17. — '^) Lt. Mtlg. Ing. Adolf Klarer. — **•) Vgl. Reichspost, Nr. 93 v. 3. IV. 1926, und Linzer Volksblatt, Nr. 84 v. 11. IV. 1926. Prof. Loidl machte auf Einladung seines ehem. Religionslehrers und Kuraten Franz Kaltenbrunner (t 1939) aus Bad Ischl im Sommer 1926 das Lager im Weißenbachtal mit und suchte auch sonst Kontakte zur Pfadfinderbewe gung. Leider war es ihm aus Fehleinst^lung seiner Pfarrer nicht vergönnt,als Kurat mitzuwirken,und war ihm auf seinen Posten stets die Seelsorge an der weibl. Jugend übertragen (Mitteilung). — ®") Vgl. Schultes, Reichsbund 207. — ®') Pfadfinderführer 3 (1932) 67. — ®®) Reichspost, Nr. 317 v. 14. XI. 1928. — ®®) Reichspost, Nr. 115 v. 27. IV. 1930. Pfadfinderführer 1 (1930) Nr. 6, 2. Enzyklika „Divini illius Magistri" v. 31. XII. 1929. — ®^) Reichspost, Nr. 205 v. 27. VII. 1931. Pfadfinderführer 2 (1931) 131. — ®^) Pfadfinder führer 2 (1931) 131.— ®®) Reichspost, Nr. 205 v. 27. VII. 1931. — ®') Pfadfinderführer 3 (1932) 66. — ®®) Reichs post, Nr. 114 V. 23. IV. 1932 u. Nr. 116 v. 25. TV. 1932. — ®") Wiener Kirchenblatt, Nr. 19 v. 8. V. 1932, S. 6. — ®°) Wurde am 18. X. 1954 über Anordnung Kardinal Innitzers nach Wien überführt und in der Bischofs gruft bei St. Stephan beigesetzt. Viktor Flieder, Franz Loidl, Stephansdom. Zerstörung und Wiederaufbau (1967) 77. — ®*) Pfadfinderführer 3(1932) 67. — ®®) Wie ner Kirchenblatt, Nr. 19 v. 8. V. 1932, S. 6 (P. Reisen berger). — ®®) Ebd. 29

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