Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Administratoren verwalteten. Auffallenderweise stimmt die seltene Schreibung „Breiner" der Liste mit der alten Inschrift des Gestühls überein, so daß ein Zu sammenhang zu bekräftigen ist. Gegenüber der heute üblichen Wiener Bischofs reihe, die im wesentlichen auf die diözesangeschichtlichen Forschungen des 19. und 20. Jahrhunderts-''') zurückgeht, fehlen hier folgende Oberhirten: die Admi nistratoren Johann Beckensloer (1480—82), der wohl versehentlich fehlt, Mathias Scheidt (1490—93), der aber nicht präsentiert und konflimiert war, Franz Bakocz (1504—09), der wohl versehentlich fehlt, Petrus Bonomo (1523), der ohne päpstliche Konfirmation nur „in temporalibus" tätig war, St. Petrus Canisius (1554—56), der nur die Spiritualien administrierte und Michael Heiding (1557—58), „Administrator in spiritualibus". Daraus ergibt sich, daß in die älteste Liste die „Teiladministratoren", die entweder nur die Spiritua lien Oder die Temporalien verwalteten, nicht aufge nommen wurden. Die Reihen der Wiener Oberhirten bei Schier''^) und Ogesser^") folgen dem Chorgestühl, auf dessen Darstellung sich ersterer hinsichtlich Spaur als erstem Bischof ausdrücklich beruft: „...es steht auch sein Bildniß in der Metropolltankirche am ersten Orte'"*®). IV. CHORGESTÜHL, BISCHOF UND KAPITEL Das Recht und die Gewohnheit, Bilder der Päpste und Bischöfe in den Kirchen anzubringen, geht auf die in Konstantinischer Zeit vom Kaiser übernommenen Ehrenrechte zurück. Frühe Reihen von Papst- und Bischofsbildnissen (Mosaiken)finden sich in Rom (AltSt. Peter, St. Paul) und Ravenna (San Apollinare in Classe)'^^). Das spätgotische Chorgestühl des Freisinger Domes von Ulrich Glurer (1485—88) trägt an den Stuhlwangen die Holzreliefs der Bischöfe mit der Unterschrift „N.episcopus..(Nr.) sedit annis.. ."■*-). Bischof Breuner finanzierte den Hochaltar aus Mit teln der mensa episcopalis. Für Chorgestühl, Chorpor tale und Oratorium gelang es ihm, das Kirchenmeisteramt zur Zahlung aus dem Domvermögen zu bewegen^^). So sind Bürgermeister und Rat, denen die Vermögens verwaltung des Domes unterstand, als Auftraggeber des vom Bischof initiierten Gestühls zu verstehen. Im Chorgestühl hatten Propst, Dechant und Kantor eigene, quergestellte Sitze an der Ostseite des Lettners inne. Seit 1480 diente der mittlere Stuhl als Thron und Ohorstuhl des Bischofs. Der Propst saß nun rechts, der Dechant links vom Bischof. Der Kustos erhielt den westlichsten Stuhl der rechten (südlichen) Reihe, den vorher der Kantor innehatte, der nun neben ihm seinen Platz hatte. Anschließend saßen, alternierend nach ihrem Ernennungsalter, die Kanoniker"''). Für das barocke Chorgestühl bestimmte Breuner eine neue, bis heute übliche Sitzordnung'"'). „Ad cornu Evangelii" haben, vom Hochaltar aus gesehen, Propst, Kustos und Kantor, auf der anderen Seite der Dechant und dann auf beiden Seiten abwechselnd die Domher ren ihre Stallen. Die von links nach rechts stets wech selnde Anordnung der Bischofsbüsten geht auf diese Sitzordnung zurück. Bischof Breuner errichtete 1647 den Bischofsthron an der Evangelienseite des Px-esbyteriums"®). Da das Kapitel von 1365 bis 1729 exemt war^ü» versuchten die Bischöfe wiederholt, Einfluß darauf zu erlangen. Wenn auch von Breuner keine diesbezüg lichen Bemühungen bekannt sind, so kann doch in der Errichtung des Chorgestühls mit seiner neuen Sitz ordnung eine gewisse Einflußnahme des Bischofs auf das Domkapitel gesehen werden. Die jüngere Ausgestaltung des Mittelchores steht zum Teil unter dem Einfluß des Chorgestühls. So konnte Möns. Josef GÖbel""') nachweisen, daß die Büste Papst Pius VI. von 1783/84, die zur Erinnerung an das Osterhochamt 1782 von Franz Vogl nach einem Modell von Johann v. Hagenauer geschaffen wurde^®), so Auf stellung fand, daß der Bischofsthron nunmehr in be deutungsvoller Anordnung zwischen ihr und der Büste Pauls II. vom Chorgestühl zu stehen kommt. Die heutige Bischofskathedra trägt das Wappen des regierenden Erzbischofs Franciscus Kardinal König. Zum Abschluß sei auf das anläßlich der Domeröff nung 1952 eingesetzte linke (nördliche) Längsfenster des Presbyteriums hingewiesen"®). Es zeigt das Wappen Kardinal Dr. Theodor Innitzers und unten die In schrift: TEMPLUM DEI ANNO MCMXLV DESTRUCTUM POST SEPTEM ANNOS DIE 26 APRILIS t THEODORI CARDINALIS INNITZER SACERDOTII QUINQUAGESIMO EPISCOPATUS / VIGESIMO ANNO RESTITUTUM. — GEYLING WIEN VI. Durch ^as Chorgestühl mit seinen Bischofsbüsten und Wappen und diese neueren Denkmäler ist das Hauptpresbyterium des Domes zu einem besonderen Denkmal der Wiener Diözesangeschichte geworden. Die historische Bedeutung des Chorgestühls liegt darin, daß seine Bischofsreihe nicht nur die älteste bildliche Darstellung aller Wiener Oberhirten bis zu einem be stimmten Zeitpunkt ist, sondern darüber hinaus für über zwei Jahrhunderte die Grundlage für alle ver öffentlichten Wiener Bischofsreihen bot. ANMERKUNGEN: ^) Personalstand der Erzdiözese Wien 1969, 66. — Flieder, V., Loidl, F., Stephansdom-Zerstörung xmd Wiederaufbau (1967) 41. — Klebel, E., Das alte Chor gestühl zu St. Stephan in Wien (1925). Chmel, L.—Süx, P. W., Die Wiener Passion (1950). — ^) Kieslinger, A., Die Steine von St. Stephan (1949) 396. — ") Tietze, H., Geschichte und Beschreibung des St. Stephansdomes in Wien (1931) 354 f. Kat. Stephansdom-Ausst. 1948, 58. — «) Tietze, a. a. O. 60. — ü Kat. Stephansdom 58. — ) Zschokke, H., Geschichte des Metropolitan-Capitels zum Hl. Stephan in Wien (1895) 399 n. 481. Testarellogasse, Wien XIII. — ®) Wiener Dombauvereinsblatt II (1889) 2. — 10) Tietze, a. a. O. 354 f. Kieslinger, a. a. O. 326. — 11) Klebel, a. a. O. 7 f. — i'-') Oettinger, K., Das Taufwerk von St. Stephan in Wien (1949) Taf. II. — •'') Ogesser, J-, Beschreibung der Metropolltankirche zu St. Stephan in Wien (1779) 115. Vgl. Testarello, a. a. O. 2 und Perger, A., Der Dom zu St. Stephan in Wien (1854) 55. — 11) Donin, L., Der Stephansdom xmd seine Geschichte (1873) 2441, mit Anm. 1. — i") (Höfer, C.,) Berichtigungen und Zusätze (1873) 11. — "j Dombauvereinsbl. II, 104. — ") Tietze, a. a. O. 66, Anm. 2. — 18) Testarello, a. a. O. 3. — i») Vgl. die Grundrisse bei Tschischka, F., Die Metropolltankirche zu St. Stephan in Wien (1843) 140 (Zustand 18. Jh.) und Tietze, a. a. O. 88. — -^0) Flieder-Loidl, a. a. O. 65. — "-^i) Personal stand 1969, 106. *^) Ebda 67. — ^3) Ebda 106. — ) Donin, L., Der hl. Stephan und die Stephaner (1873) 35. — Flieder-Loidl, a. a. O. 58, Abb. 46 — 5^") Ebda 65. — '^i) Ebda 91. — Donin, L., Der StephansDom und seine Diener (1874) 113. (Höfer, C.,) Ad geren13

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