Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

stellen. Mit Ausnahme von Bernhard von Pollheim, der mit dem Doktorhut (Barett)— da er keine höheren Weihen empfangen, aber Rektor der Univei-sität Padua gewesen sei — und Kardinal Klesl, Fürstbischof Wolfradt und Fürstbischof Breuner, die rndt Birett und Mozetta abgebildet seien, seien alle übrigen Bischöfe mit (verschieden verzierten) Infein und Vespermänteln abgebildet. Ludwig Donin")übernimmt nach älteren Berichten die Beschreibung des Gestühls und nennt folgende dargestellte Bischöfe: 1. Leo von Spaur, 2. Bernhard von Rohr, 3. Urban Döczi, 4. Johann Vitez, 5. Bernhard von Pollhaimb, 6. Georg von Slatkonia, 7. Johann von Revell'is, 8. Johann Faber,9. Friedrich Nausea, 10. Chri stoph Wertwein, 11. Anton von Müglitz, 12. Urban von Gurk,13. Caspar Neuböck, 14. Melchior Klesl, 15. Anfon Wolfrath und 16. Philipp Friedrich Graf von Breuner. In Wahrheit waren aber zu dieser Zeit, wie auch heute, nur mehr 14 Bischofsbüsten vor'handen, da mittlerweile das Gestühl um beiderseits je einen Sitz verkürzt wurde. Nach den 1873 (ohne Jahresangabe) anonym erschienenen „Berichtigungen und Zusätzen zu L. Donin, Der Stefansdom und seine Geschdchte"^^) besaß es damals bereits nur 16 Sitze, da bei einer Umgestaltung auf jeder Seite ein Sitz weggeschnitten wurde. Diese Umgestaltung ist meines Erachtens mit der Vergrößerung des Preäbyteriums in Zusammenhang zu bringen, die bereits 1782 geplant^") und 1806 wegen der großen Zahl der Alumnen durchgeführt wurde''"), wofür der Stadtbaumeister Josef Raymund 29^2 11. 20 kr., der Steinmetzmeister Franz Jäger 775 fl., der Tischler Lingner 600 fl. usw. erhielten. Die Gesamt kosten betrugen 2187 fl. 20 kr. Damals wurde u. a. das schwarz-weiß-marmorne Speisgitter Breuners von 1650'") durch ein neugotisches ersetzt, das weiter westlich verlief'®). Diese Kommunäonbank aus Leithakalksandstein erlitt durch den Gewölbeeinsturz 1945 so schwere Beschädigungen, daß sie entfernt werden mußte.Im Jahre 1952^") wurde unter Verwendung von Teilen der ehemaligen Altarschranken der PrinzEugen-Kapelle und der Unteren Sakristei von Dom baumeister Karl Holey ein neubarockes Speisgitter vor dem Hochaltar geschaffen. Es sei darauf hingewie sen, daß der etwas plumpe Schranken von 1806 das älteste Denkmal der Neugotik im Dom war. Das 1758^') von Erzbischof Christoph Anton Kar dinal Migazzi (1757—1803)^^) gestiftete Alumnat hatte bis zu seiner Verlegung in die Boltzmanngasse (Wien IX)im Jahre 1914'^^) seinen Sitz im Erzbisehöflichen Ourhaus, Wien I, Stephansplatz 3. Es hatte zunächst den dritten Stock des Curhauses inne. Unter Kaiser Franz I. wollte man das Seminar erweitern, weshalb 1806 ein vierter Stock auf das ganze Gebäude aufgesetzt wurde^^). Diese Nachiicht stimmt mit der vorhin erwähnten Erweiterung des Dompresbyteriums überein. Wie eine genaue Bestandsuntersuchung des Chor gestühls und die unten edierte Beschreibung von 1889 zeigen, wurde bei der Veränderung zu Beginn des 19. Jahrhunderts beiderseits je der westlichste Stuhl weggenommen. Damit ging an der nördlichen Stuhlredhe die Büste des ersten Fürstbischofs Anton Wolf rath verloren. Hinsichtlich der Büsten der südlichen Stuhlreihe wurde eine Verschiebung vorgenommen. Die ehemals über dem westlichsten Stuhl angebrachte Büste Fürstbischof Breuners vertauschte man samt zugehöriger Inschrift und Wappenkartusche gegen die früher im dritten Felde von Westen befindliche Büste des Administrators Urban von Gurk. Bei der letzten Restaurierung des Gestühls im Jahre 1961 wurden die Büsten und Inschriften Bischof Breuners und Kardinal Klesls gegeneinander vertauscht, wodurch die chrono logische Reihenfolge der Bischöfe wiederhergestellt wurde. Die Büsten Urbans und Wolfraths sind seit — wie wir annehmen — 1806 verschollen. Zur Um gestaltung des Gestühls mag auch beigetragen haben, daß offensichtlich ursprünglich im westlichen Teil zwei glatte Säulen aufeinander folgten und man nun mehr im Sinne des Klassizismus dies als Unregelmäßig keit empfand und den strengen Rhythmus des Ab wechseins je einer kannelierten und einer glatten Säule bevorzugte. Tatsächlich macht das Gestühl heute einen völlig einheitlichen und unversehrten Eindruck und nur das Fehlen der entsprechenden Büsten der Bischofsreihe läßt dem Kundigen die Veränderung erahnen. Von 1948 bis 1951 war das Chorgestühl auf der Estrade vor der provisorischen Trennwand zwischen dem bereits eröffneten Langhaus des Domes und dem noch im Wiederaufbau befindlichen Chor auf gestellt^®). Bereits 1948 erfolgte ein neuer Abschluß beider Stuhlreihen gegen Westen (also gegen das Kirchenschiff) durch je einen Ambo unter Wieder verwendung der alten Seitenwände. Vor der Eröffnung des Albertinischen Chores (am 26. April 1952) wurde das Gestühl restauriert und wieder auf seinem alten Platz vor dem Hochaltar aufgestellt. Infolge der damals erfolgten Erhöhung des Preäbyteriums aus liturgischen Gründen — es ist damit der Hochaltar für die Gläubi gen besser sichtbar — ist heute die Standfläche des Gestühls um 1,20 m höher als einst, was aber die Architektonik des Hauptchores in keiner Weise stört''"). Im Jahre 1961-'') wurde das stark vom Holzwurm befallene Gestühl durchgreifend restauriert und durch Einbau je einer mittleren Bankreihe erweitert, so daß es nunmehr für die Domherren, Curpriester und Alumnen Platz bietet. Bei dieser Restaurierung wurden die durch Ausfallen einzelner Buchstaben zum Teil fragmentarisch gewordenen Inschriften sorgsam er gänzt und die Büsten der beiden westlichsten Stühle der südlichen Reihe, wie schon dargelegt, gegen einander vertauscht und dem heutigen Bestand fol gend mit den nicht der BisChofsreihe entsprechen den Zählnummem 12 und 14 versehen. II. EINE BISHER UNBEKANNTE BESCHREIBUNG DES CHORGESTÜHLS VON 1889 Im Rahmen meiner Forschungen über das Chor gestühl von St. Stephan machte mich H. H. Kanonikus Vizekustos Josef Göbel,dem dafür aufrichtigst gedankt sei, auf eine im Archiv des Kirchenmeisteramtes von St. Stephan (Wien I, Curhaus) erliegende, bisher unedierte handschriftliche Bestandsaufnahme des Chorgestühls aufmerksam, die mit 19, Februar 1889 datiert ist, ohne Nennung des Verfassers. Das Manuskript ist mit einer zierlichen Kurrent schrift (schwarze Tinte) geschrieben. Nach dieser charakteristischen Schrift wurde unser Werk wohl von 10

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