Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

ich nicht lange leide, und küsse mich noch einmal', wonach sich beide küßten. Der Henker warf ihm nun den Strang um den Hals, und als er eben die Kehle zuschnüren wollte, bat ihn Grasel noch um einen Augenblick Geduld. Ersterer, welcher glaubte, daß Grasel noch etwas sagen wollte, hielt inne, da aber letzterer nur lächelnd herumblickte und zum Henker bloß die Worte sprach: ,Jesus, welche Menschenmenge', so eilte dieser mit der Exekution rasch vorwärts, und in wenigen Minuten hatte Grasel überstanden"69). Der schon zu Lebzeiten und erst recht nach seinem dramatischen Tod zu einer legendären Figur gewordene Abenteurer, dem der Volksmund eine gewisse Ritter lichkeit in der Art des Karl Moor in Schillers „Räuber" zuschrieb, blieb eine der volkstümlichsten Erinnerun gen in Österreich und Wien und lieferte stets Stoff für Romane, Volksbücher, Erzählungen, Dramen usw.'O). Noch 1963 brachte Siegfried Freiberg ein Volksstück in fünf Akten: „Der Grasel", heraus''), das mit der auf den Tod hinweisenden Begegnung zwischen dem Feldkaplan Schmitt (siehe oben!) und dem reuigen Grasel schließt'S). Neun Jahre vorher, während der Be setzung Wiens durch die Franzosen im Juni 1809, war unser vom Seeleneifer „glühender Galgenpater" aus eigener Initiative einem Todgeweihten beigestanden. Als er nämlich erfuhr, daß „ein Bürger wegen einer Tat der Vaterlandsliebe von den feindlichen Kriegern zum Tod geführt werde und kein Priester vorgesehen war, drängte er sich in die Schar der wilden Krieger, besänftigte ihren Ungestüm durch den sanften Ton seiner Stimme und ließ nicht ab vom Bitten, bis ihm vergönnet war, dem treuen Untertan die Tröstungen der hl. Religion zu spenden'''^). Wie Klemens Maria Hofbauer'4) half er damals auch während der Belage rung und Beschießung Wiens und vor allem in den notvollen Jahren, die mit der Währungsreform vom Jahr 1811 den berüchtigten Geldsturz herbeiführten und nicht wenige über Nacht zu verschämten Armen degradierten. „Da seine Liebe nicht bloß in Worten und Gebeten bestand, sondern auch in Werken, den treuen Zeugen der christlichen Liebe", drängte es ihn zur tätigen Caritas; und da er den Armen und Kranken bis in die Vorstädte nachsuchte, trug ihm dies bald den Ehrennamen eines „wandelnden Apostels der Armen" ein. Seine Freigebigkeit war grenzenlos, wer sich ihm nahte, fand bei ihm nicht bloß ein offenes Ohr und ein offenes Herz, sondern auch eine offene Hand, sein sparsam geführter Haushalt ermöglichte ihm die Mittel hiezu'5). Auch hierin glich er wiederum ganz P. Hofbauer, der auch das Allerletzte austeilte'ö). Wichtigste Quellen und Literatur: Personalstand der Wiener Erzdiözese; Wiener Consistorial-Gurrenden; Catalogus seu Syllabus Revss.um Dominicorum Canonicorum... fol. ITO""; Oesterreichische National-Encyclopädie oder alphabetische Darlegung der wissenswür digsten Eigenthümlichkeiten des österreichischen Kaiserthums, Bd. 4(Wien: Beck'sche Universitätsbuch handlung 1836) 555; Franz Zenner, Franz Seraphicus Schmid (Eine biographische Skizze), Wien 1843; Ludwig Donin, Die katholischen Zeitgenossen zur Belebung des Glaubens, Wien 1866; ders.. Der Stefans-Dom und seine Diener, nach einer Zeitgeschichte, Wien 1874; Constantin V. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiser thums Österreich, 30. Teil, Wien 1875, 240 ff.; Correspondenz des Priester-Gebetsvereines der „Associatio perseverantiae sacerdotalis", Wien 1889 (X. Jg.) Nr. 5; Irmbert Fried, Das Metropolitankapitel zu St. Stephan in Wien in seiner personellen Zusammensetzung in der Zeit von 1722—1900, phil. Diss. (maschingeschr.), Wien 1952, S. 140 ff. Welters wie Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Auflage (J. Höfer — K. Rahner), 1957ff. und, siehe Anmerkungen. Anmerkungen: i) Sebastian Brunner, Clemens Maria Hofbauer und seine Zeit (Wien 1858) 1 und 3. — 2) Lexikon für Theologie und Kirche2 1958, II 729 f. — 3) Ebda (1959) III 381; F. Loidl, Wiener Kirchenzeitung 1961,Nr.38,6. — 4)LThK(21960) V 413 f.; Michael Haringer, Leben des ehrw. Dieners Gottes Cl. M. Hofbauer (Wien 1877); Adolf Innerkofler, Ein österr. Reformator (Regensburg, Rom, New York und Cincinnati 1910 mit einer Zusammenstellung von Hofbauer-Biographien XIII—XXII); Eduard Hosp, Der hl. Kl. M. Hofbauer (Wien 1951). — 5) Rudolf Till, Hofbauer und sein Kreis (Wien 1951). 6) Correspondenz (Wien 1885) VI Nr. 1, 6—10; F. Loidl, Wiener Kirchenblatt 1959, Nr. 52, 12. — ") Fälschlich auch Schmidt und sogar Schmitt. Siehe unten. — 8) Als intimer Freund bezeichnet in: Seügund Heiligsprechungsprozeß des Dieners Gottes Cl. M. Hofbauer,SA aus: Wiener Diözesanblatt 1864, Nr. 25/26, 15. — 9) Ebda; Haringer a. a. O. 328, 373, 374, 380, 384; Innerkofler a. a. O. 793, 815; Hosp a. a. O. 98, 232. — '") O. N., Wien, 30 Seiten, brosch.. Donin, Der Stefans dom und seine Diener, S. 508. — ") Sh. oben Litera tur. — J2) Wurzbach 30, 242. — 13) Ebda 242 f.; Leopold Krebs, Vinzenz Eduard Milde in seiner Bedeutung für den Religionsunterricht, Theol. Stud. d. Österr. LeoGesellschaft Nr. 26 (Wien 1925) 93. — H)LThK (2 1964) IX 432 f. — 13) Hosp a. a. O. 6 f. — h») Dies et Bat: 24. Julius 1764, Sigismund v. Lobenegg. — Nomen: Franciscus JacolDus. — Domus: Altheim Vom roten Rös sel. — Patentes: Antonius Schmid, Bürgerl. Schuster Meister ux: Anna Maria. — Patrini: Franciscus Prindl (Beindl), ein Schmid etElisabeth Schächerlin(Schacherlin) eine bürgerl. Schmidin. Taufmatrik d. Pfr. WienLichtenthal tom 5 (1763—1776) fol 2244. — Nach Donin, Die kathol. Zeitgenossen 52: Taufpatin bürgerl. Schneidermeisterin. — i') Archiv der österr. Provinz v. hl. Bemardin v. Siena, B 8: Catalogus vivorum et mortuorum PP. et FF. Ord. Min. S. Francisci Reform. Almae Prov. Austriae...Inceptus Anno M. D. C. C. (sub anno 1779), mitgeteilt v. P.Eugen Berthold O.F. M. — Als Rhetor eingetragen. — 18) Donin, Kathol. Zeit genossen 52f. — 1®) Hosp a. a. O. 26 f.; Franz Komheisl, Das General-Seminarium zu Wien 1783/90 in; Blätter d. Vereines f. Landeskunde v. N. ö. 1865 (I. Jg.) Nr. 3. — 20) Donin, Kathol. Zeitgenossen 53. _ 21) Ebda 54. — ^2) Ebda 53—55.— ^3) Hosp. a. a.O. 23 ff.; ders., Die theol. Lehrbücher des Josephinismus in österr. in: Linzer prakt.-theol. Quartalschrift 105 (1957) 195—214; Anton Wappler, Geschichte der theol. Facultät d. k. k. Univ. Wien (Wien 1884) 194—198, 239 ff., 252 ff.; Donin, Kathol. Zeitgenossen 53—55, mit Nennung der Professoren u. Lehrgegenstände. — 2-1) Hosp a. a. O., 27, 29, 31. Wie Haringer (20) und Hosp (25) von einem Zusammenstoß mit einem aufge klärten Professor und dem Studenten Hofbauer melden, so Sebastian Brunner in: Die Mysterien der Aufklärung in österr. 1770—1800 (Mainz 1869) 159, von einem ähnlichen Vorfall zwischen dem aufgeklärten Pro fessor und dem frommen Franziskanerkleriker Sdimid. — 25) Hosp a. a. O. 20, 21, 22; sh. weiter unten Anm.,wo Schmid als alter Gönner bezeichnet wird. Ebda 98. — 26) Zenner a. a. O. 5; Donin, Kathol. Zeitgenossen 55.; ders. Der Stefans-Dom u. seine Diener 216 f.; Cor respondenz 82; sh. dazu zum Vergleich die Zahl der Weihekandidaten ab 1784 bis 1873, Donin, Der StefansDom u. seine Diener 216—238. War der stärkste Jahr gang. — 27) LThK (2 1960) IV 1245 f.; F. Loidl, Pfarrer Johann Michael Korn und Hofbauer-Jünger in: SA aus; Jahrbuch f-Landeskunde v. N. ö. Folge XXXVI/ 1964 (Festschrift zur 100-Jahrfeier) 546 f. —• 28) Donin, Kathol. Zeitgenossen 55. — 29) Wurzbach 57, 176 ff; LThK (2 1965) X 1203 f. — 30) Zenner a. a. O. 5; Donin, Kathol. Zeitgenossen 55. — 3i) wie oben Anm. 6.; Donin, der Stefans-Dom u. seine Diener 84; starb an 38

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