Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

verwüstliche Kraft der ewigen Wahrheit Zeugnis gaben; aber Männer, die mit den obigen Eigenschaften auch zugleich jene mächtige Thatkraft, jene geistige, durch die Umstände entwickelte und gehobene Energie besessen hätten, welche in weiten Wellenringen über den engen ihr angewiesenen Lebenskreis hinausschlägt, derartige Männer sind in jener Zeit in sehr geringer Anzahl zu finden''^), urteilte vielleicht etwas zu pessi mistisch der mutige und unermüdliche Vorkämpfer namentlich gegen den in Österreich bis in die fünfziger Jahre immer noch herrschenden josephinisch-staatskirchlichen Liberalismus^). Aus dem damaligen Klerus in Wien verdienen aber neben anderen P. Nikolaus Joseph Albert Dießbach S.J., ein Mittelpunkt religiöser Kreise der Vorromantiker, aus denen Hofbauers Schule emporwuchsS), dann P. Klemens Maria Hofbauer selbst^) und sein KreisS), weiters auch Klerikerpersönlichkeiten an der f. eb. Cur von St. Stephan wie z. B. Patricius Fastß) und eben Franz Seraphicus Schmid") rühmlich hervorgehoben zu werden. In Biographien über Klemens Maria Hofbauer wird Schmid nicht bloß als Freund und auch als JüngerS), sondern mehr noch als Beiditvater des Heili gen bezeichnet»). Es ist daher gewiß interessant und sogar verlockend» dem Leben und Wirken dieser Priesterpersönlichkeit soweit wie möglich nachzu forschen, die der „Apostel und spätere zweite Patron Wiens" eines so großen Vertrauens für würdig erachtet hat. Wohl gibt es eine allerdings fromme „biographische Skizze" aus der Feder seines Schützlings, des Weih bischofs und Generalvikars Franz Zenner (1851—1861), aus dem Jahr 18431») und davon mehr oder weniger abhängige (signierte und unsignierte) Aufsätzen), dessenungeachtet aber erweist sich eine Überarbeitung, Ergänzung und teilweise Richtigstellung als wünschens wert und geboten. Gleich sei vorangestellt, daß Schmid einen Namens vetter und jüngeren Zeitgenossen hatte, mit dem er oder der mit ihm, vor allem was Publikationen betrifft, verwechselt wurdei»). Es ist der bei Wurzbach nach ihm gereihte Franz Seraph. Schmid, geboren 1795 in Trübau (Böhmen), Theologiestudent in Wien, 1817 hier zum Priester geweiht, Kooperator in Wolfpassing und bei St. Josef „ob der Laimgrube" (Wien VI), der in SOjähriger Tätigkeit als Katechet an der k. k. NormalSchule bei St. Anna (Wien I), im ungarischen (Pazmaneum) und im ruthenischen Seminar und schließ lich als o. Professor der Katechetik und Pädagogik und als Katechet an der Lehranstalt bei den Ursulinen für Präparandinnen durch seine „auf Nachsicht und Herzensgüte" fundierte Methode seine Erfolge erzielte. Zwar veröffentlichte er eine Katechetik und Methodik, aber eine bibliographische Aufzeichnung seiner Werke ist bei der Verwirrung, der der Name Schmid in den Bücherkatalogen verfallen ist, nicht möglich. Er starb am 25. Jänner 185513), also sogar Im selben Monat wie unser Schmid. Vielleicht darf noch an einen Namensvetter und Zeitgenossen kurz erinnert werden, der gleich fromm und seelsorgiich ausgerichtet war, allerdings als äußerst fruchtbarer Schriftsteller weit hinausragte: Christoph von Schmid, 1768 in Dinkelsbühl (bayrisch unmittelbare Stadt in Mittelfranken) geboren, 1791 Priester, beim Klerus sehr beliebt, seit 1827 Domkapitular in Augs burg und 1854 daselbst verstorbeni'i). Unterschieden sich P. Hofbauer und unser Franz Seraph Schmid im Alter um dreizehn Jahre und durch andere weniger entscheidende Umstände, so dürfen doch beide als Zeitgenossen angesehen werden; auch hatten sie manches gemeinsam und wiesen sie in Ge sinnung und Wirksamkeit Ähnlichkeiten auf, so daß es keineswegs verwunderlich und überraschend er scheinen mag, daß sich ein engster Kontakt, eine echte Seelenverwandtschaft und eben ein tiefes und für Ge wissensberatung und Beichte unerläßliches Vertrauens verhältnis entwickeln konnte und sich lebenslang unge trübt erhielt. Beide entstammten schlicht-frommen Familien und hatten biedere, keineswegs unbemittelte Gewerbsleute zu Eltern: Hofbauer wurde als Sohn eines Fleisch hauers im ländlichen Taßwitz(Mähren) am 26. Dezem ber 1751 geborenis), Schmid erblickte als Sohn eines bürgerlichen „Schustermeisters" in der noch fast länd lichen Vorstadt Lichtenthai (heute Wien IX) am 23. Juli 1764 das Licht der Welt und wurde am Tag dar auf in der Pfarrkirche zu den vierzehn Nothelfeim auf die Namen Franz Seraph Jakob getaufti»). Schade, daß es aus der nun in Frage stehenden Zeit keine Aufzeich nungen in der Lichtenthaler Pfarrchronik gibt. Am 17. September 1779 folgte der fromme Student seiner Neigung und trat in den Franziskanerorden ein, machte sein Noviziat und absolvierte als Frater Constantin«") im Konvent zum hl. Hieronymus (Wien I) den zweijährigen Philosophiekurs, Altes Testament und Kirchengeschichteis). Als das mit kaiserlichem Dekret vom März 1783 errichtete Generalseminar im Herbst 1784 seine Pforten öffnetei»), mußten ihn seine Obern dahin senden. Zur Fortsetzung des Theologiestudiums kam er nun an die Universität. Daß er an beiden Stätten sich selbst treu blieb und sich bewahrte,spricht für ihn20). „Was seine Sitten betrifft, so bewies er in Betreff des Fleißes, der Bescheidenheit und jeder Art des Betragens eine kaum genug zu empfehlende Weise", wurde ihm bestätigtsi). Ohne Zweifel aber auf Anraten seiner Obern, die damals berechtigterweise infolge der Ordens- und klosterfeindlichen Maßnahmen des Joseflnismus um den ferneren Bestand ihrer Klöster fürch ten mußten, legte Schmid „ganz gegen seinen Herzens wunsch" 1786 das Ordenskleid ab, wurde mit 22 Jahren erzbischöflicher Alumnus und schloß seine Studien und das „praktische Jahr" in gewohnter Weise mit Auszeichnung ab^S). Während Schmid als Wiener durchhielt und die mehr oder weniger im Geiste der Aufgeklärtheit und des josefinischen Staatskirchentums lehrenden Professoren23) ertrug, brach der Student Hofbauer seine Studien ab, trat im Herbst 1784 bei den Redemptoristen in Rom ein, legte schon im folgenden März die ewigen Gelübde ab und empfing die Priesterweihe»^). Und nun die Mutmaßung,auf die später noch hinge wiesen werden kann, daß es zwischen den beiden geist lichen Studenten schon damals zu einer Begegnung und vielleidit zu einer näheren oder entfernteren Be kanntschaft gekommen sein mag.Denn Hofbauer arbei tete um die Jahreswende 1779 auf 1780 als Bäcker geselle nahe von St. Anna in der Johannesgasse gegen über dem Ursulinenkloster (Wien I), absolvierte den einjährigen Katechetenkurs, ministrierte treu und ge wissenhaft bei St. Stephan, was ihm die schicksalhafte Begegnung mit den drei Töchtern des Hofbeamten 34

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