Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

um ihr weiteres priesterliches Schicksal befaßte, wurde jedem von ihnen bewußt, wenn er ihnen zum Ab schied das Heftchen „Ermahnungen Pius X. an den katholischen Klerus" mit einer kurzen Widmung in die Hand drückte'^'). Riefen sie ihnen doch noch einmal ins Gedächtnis, was er als begnadeter Konferenz redner in den monatlichen Hausstunden über die Selbstheiligung, den Gebetseifer, die Betrachtung, geistliche Lesung, Gewissenserforschung und den Tu gendwandel ans Herz zu legen verstand und in seiner „ungekünstelten Frömmigkeit, väterlichen Güte und anspruchslosen Bescheidenheit"'^®) täglich — aus der Eucharistie und der Marienverehrung schöpfend — vorlebte. Selbst voller Edelsinn und vornehmen Wesens beim Umgang mit Menschen aller Art, er schien ihm der „gute Ton" des Priesters unerläßlich für ein erfolgreiches Wirken in der Seelsorge und Seelenführung und so warb er deshalb unter der Priesterschaft dafür durch sein feines Büchlein: „Des Priesters Höflichkeit", das er 1929 herausgab und das schon nach vier Jahren seine dritte Auflage erlebte''®). Während sich sein Jahrgangskollege und Freund August Schaurhofer — von dem er sich sogar zu Wanderungen und Bergtouren gewinnen ließ"'') — dem sozialen Apostolat widmete, und zwar praktisch durch Mitarbeit in der Caritas Socialis, als Sträflingsseelsorger u. a. und theoretisch durch sozial-wirtschaftliche Vorträge und Runden in Priesterkreisen, gab sich Handloß über das Alumnat hinaus ganz der PriesterSeelsorge und -Bildung hin. Deshalb war er seit 1910 in dem 1868 gegründeten Priestergebetsverein „Associatio Perseverantiae Sacerdotalis" als Sekretär und Kassier tätig und warb"schon mit Univ.-Doz. Theodor Innitzer auf der Generalversammlung der Katholiken Deutschlands in Augsburg und Mainz dafür"®) und diente dieser Vereinigung nach dem Tod des bisheri gen Generalpräses Dr. Gustav Müller"®) ab 1929 als solcher mit voller Hingabe. „Mit Bangen übernehme ich, vom Bischof berufen und von seinem Segen be gleitet, die Erbschaft des seligen Prälaten Dr. Müller" (d. i. die Leitung des Vereins und die Herausgabe des Blattes, der sog. Korrespondenz), schrieb er damals mit,gewohntem Verantwortungsbewußtsein. „Ich bitte nun alle lieben hw. Mitbrüder und Freunde unseres bescheidenen Blättchens, ihm das alte Wohlwollen wie bisher zu bewahren. Es soll mir und allen meinen Mitarbeitern eine heilige Aufgabe sein, es durch Gottes Gnade auf jener Höhe zu halten, auf der es bisher gestanden®®)". Die Gratulatio et Benedictio Apostolica (Vatikan, 30. Nov. 1929) bot ihm gleich die erwünschte Gelegenheit, die Dezember-Nummer zu einer ausge sprochenen Priesternummer auszugestalten, wozu er selbst „Aphorismen über Priester und Gebet" bei trug®^). Überhaupt fanden seine um die Priester-Be treuung kreisenden Sorgen und Gedanken in vielen freilich bescheiden anonymen kürzeren und längeren Artikeln — von ihm verfaßt oder angeregt — in der genannten Korrespondenz ihren Niederschlag, die lt. Rechenschaftsberichten d. J. 1911 von über 25.000 Mit gliedern in 223®"), 1928 sogar in 234 Diözesen®®) gelesen wurden. Noch wirksamer und nutzbringender vermochte Regens Handloß aber dem Klerus durch die „Monats schrift für zeitgemäße Homiletik, liturgische Bewegung und seelsorgliche Praxis", d. i. durch den „Seelsorger", zu dienen, den er mitbegründen half und 1925 im Auftrag der österreichischen Leogesellschaft heraus gab®-') und bis 1931 redigierte, der bald namhafte Mitarbeiter fand und „sich wegen seiner Wirklichkeits nähe, für die Probleme der modernen Seelsorge aufge schlossenen Haltung großes Ansehen erwarb®'')". Gleich im Leitartikel: „Custos quid de nocte?"®®) weist er fast prophetisch anmutend und heute noch voll aktuell auf die negative und positive Seite der entscheidungsvollen Situation der Seelsorge hin und spricht es offen aus, daß vor allem Kenntnis der neuen Zeit, ihrer Bedürfnisse, des modernen Menschen, seiner Denkungsart und Sehnsucht und klare Zielrichtung wie nimmermüde Arbeitsfreude in der Seelsorgsarbeit dringlich nötig sind. Da die ednen verzagt die Hände in den Schoß legen, andere sich in ruheloser Tätigkeit aufreiben, aber dabei ihre Kraft in Kleinigkeiten zer splittern, und wieder andere nur eine kleine Herde auserwählter Seelen pflegen, während die große Masse der Gleichgültigen und innerlich Abgefallenen an den Kirchen vorbeiströmt, bedarf es ernsthafter Überle gung und ehrlicher Aussprache. Und dem wolle die Zeitschrift durch Pflege des Predigtamtes, Förderung der liturgischen Bewegung, seelsorgliche Praxis, Hin weise auf wertvolle Literatur, Anzeige von Klerus konferenzen und fruchtbarem Dialog dienen". Aus eigener Erfahrung und sicher auch durch den I. homiletischen Kurs in Wien i. J. 1911 angeregt, lag ihm vor allem die Hebung und Befruchtung des Pre digtamtes am Herzen. Und diesem Hauptanliegen®"^) widmete er sich auch mehr praktisch als theoretisch, indem er im „Seelsorger" in der Sparte „Aus der Praxis für die Praxis" Predigtthemen und Skizzen für die Sonntage, für Fastenpredigten, Maipredigten und andere Anlässe vorlegte, die — wie der Ver fasser weiß — „zum ersten und praktischen Predigt studium und zur Predigtfreude anregten" und den jüngeren wie den vielbeschäftigten Seelsorgern eine spürbare Hilfe bedeuteten®®). Doch damit nicht genug. Sein Seelsorgerherz drängt es zu immer neuen Werken und Mit- und Aushilfen und, wie er selber Anteil hatte an allen bedeutenden Werken, so führte er seine Alumnen in deren Geist ein®®). So war er geistlicher Leiter und Berater des Reichsbundes der männlichen"*®) und der weiblichen Jugend, des sozialcaritativen Maria-Elisabeth-Ver eines, Diözesanpräses der Marianischen Kongregatio nen, Präses der Priesterkongregation im Alumnat*^), betreute den verwaisten I. Kathol. Jünglingsverein (Stammverein) P. Tendlers, stand einem Priesterkreis für Arbeiterfreunde vor"*^) etc. und rief im notvollen Nachkriegsjahr 1919 sogar mit seinem Beichtkind Berta Heiß (f 1948), nachdem er jahrelang ihre Vor schläge erwogen hatte, die „Schwesternvereinigung von der hl. Agnes" (die sog. Agnesschwestern mit dem Mutterhaus in der Hinterbrühl b.Mödling)ins Leben'*®), die sich der Kinder- und Familien-Fürsorge, der Mutterberatung und ähnlichen Karitaswerken widmen sollte"'^). Stets im Talar, und nur wenn nötig — ausnahms weise — im „langen Rock", wie er uns Alumnen ein schärfte, war dies für ihn der Ausdruck für; immer Priester und im priesterlichen Dienst! Daß daher meist 48

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