Beiträge Diözesangesdiidite BE ILAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr. 11 (November 1968) 106. Jahrgang Nr.6 Wien,am 1,November 1968 9.Jahrgang Inhalt: 29. Vorschriften für den Kooperator 1817 (Ein Vergleich mit heute und ein Beispiel für den Zeitund Menschen-Wandel). — 30. Regens Prälat Karl Handloß, Bildner einer Priestergeneration (t 1934). — 31. Wilhelm Bong, Jugend- und Sozialseelsorger (f 1938). — 32. Kirche und Pfarrwesen Obertherns. — 33. Regesten des Taubstummeninstituts in Wien. 29. Vorschriften für den Kooperator 1817*) Zu welch genauer Beobachtung sich ein jeder Wiener-Diözesan-Clei-iker vor dem Empfang des Subdiakonats, und jeder in die Diözese eintretende Cooperator mit seiner eigenen Unterschrift et sub fide clericali vel sacerdotali verbinden muß: Erstens. Ich weiß und erkenne, daß mein jedesmahliger Herr Pfarrer mein Vorgesetzter ist, in so weit es die Ordnung der Kirche, des Hauses, der Schule, der Cooperatorspflichten, die Sittlichkeit betrifft, folg lich verspreche ich Ehrerbiethigkeit und Folgsamkeit. Zweytens. Ich werde niemahls ohne Erlaubniß über Nacht von meiner Station abwesend seyn, der Herr Pfarrer kann diese Erlaubniß nur auf eine Nacht, der Ortsdechant auf vier Tage, das Consistorium aber auf längere Zeit ertheilen. Wenn ich aus dem Pfarr hause gehen soll, so werde ich es dem Herrn Pfarrer, oder wenigstens dem Schullehrer melden, wo man mich finden werde, wenn man mich brauchen sollte. Drittens. Ich werde zu der zum Mittag- und Nacht mahl vom Hrn. Pfarrer bestimmten Stunde zu Hause seyn, und keine Speis oder Trank fordern können, wenn ich später erscheine ohne durch die seelsorglichen Geschäfte verhindert gewesen zu seyn. Eben so werde ich Abends zu der vom Hrn. Pfarrer zum Schluß des Pfarrhauses vorgeschriebenen Stunde zu Hause seyn, und dann nicht mehr ausgehen, auch zum Schullehrer nicht, weder einen Schlüssel des Hausesfordern. Viertens. Ich werde von dem Hrn. Pfarrer dermahlen, und bis auf weitere Vorschriften nicht mehr fordern können, als zu Mittags drey gesunde und ordentlich gekochte Gerichte, Abends zwey, und zu jeder Mahlzeit ein Seitl Wein, von Ansprüchen auf Fische, Braten u. s. w. kann dermahlen keine Rede seyn. Fünftens. Ich werde niemahls mit gefärbten Bein kleidern, Gilles oder Westen, Strümpfen etc. mich kleiden, und nur Kaputröclce oder Mäntel von brauner oder dunkler Farbe mir schaffen, und nie ohne Collar und Tonsur gehen. Sechstens. Ich werde niemahls mit Backenbart, gestrobelten Cacadou, oder in's Gesicht fallenden Haaren auftreten, auch nicht Tobak schmauchen, ohne eine besondere, durch ärztliches Zeugniß erhaltene Erlaub niß vom Consistorium. Siebentens. Ich werde die vom Consistorium für jeden Monath vorgeschriebenen Fragen zu Ende des Monaths meinem Hrn._ Pfarrer so wie sie damahls sind, übergeben, und von ihm die neuen übernehmen. Zu dieser Ausarbeitung sind alle Cooperatoren, welche nicht sechs vollkommene Jahre in der Seelsorge dienen, verbunden; die sechs Jahre werden aber immer vom ♦) Ein Vergleich mit heute und ein Beispiel für Zeitund Menschen-Wandel, jedoch nur eine Geschichts erinnerung. 1. Jänner bis letzten Dezember gezählt, die Anstellung in der Seelsorge möge einige Monathe früher oder später vor sich gegangen seyn. Von diesen monathlichen Arbeiten entschuldigt nur eine lange bewiesene Krankheit, oder eine aufgetragene Provisur für die Zeit der wirklichen Provisur. Achtens. Ich verspreche, daß ich mit keiner Weibs person, falls dadurch irgend ein Aufsehen entstehen, oder ein Verdacht erregt werden könnte, allein fahren, reisen, oder zu Fuß gehen werde; eben, daß ich ja niemahls, ja in keinem Orte tanzen werde. Neuntens. Ich verspreche auch alle kleine, auch stille Jagden, ohne ausdrückliche Erlaubniß des Be sitzers oder seiner bevollmächtigten Beamten zu ver meiden; in keinem Falle aber bey großer und lärmen der Jagd zu erscheinen, und niemahls an Sonn- und gebothenen Feyertagen auch der sonst erlaubten stillen Jagd mich zu gebrauchen. Zehntens. Ich verspreche, daß ich alle Spiele von einem höhern Gewinnste oder Verluste ohne Ausnahme nicht annehmen werde, eben so, daß ich mich nicht in Wirthshäusern, Kellern etc. bey Trinkgelagen oder Schmausereyen etc. etc. aufhalten werde. Elftens. Da Cooperatoren der Veränderung ausge setzt sind, nehme ich den Rath an, mir nichts, als das unentbehrlichste von Zimmereinrichtung anzuschaffen, um zur Uebersiedlung bereiter zu seyn, und mich in keine Schulden leichtsinnig zu stürzen. Zwölftens. Die Hrn. Pfarrer haben den Auftrag, den Cooperatoren gleich bey dem Eintritte in die Pfarre zu melden, wie sie sich in Ansehung der Be suche der Einwohner zu benehmen haben, ich werde dieser Leitung folgen, insgemein werde ich öftere Be suche, vertraulicheren Umgang weder machen, noch annehmen, und eben so wenig einzelne Kinder, be sonders Mädchen zum privaten Zimmerunterrichte zu lassen. Dreyzehntens. Ich verspreche, daß ich mit den Hausleuten des Pfarrhauses sehr eingeschränkt und bedachtsam umgehen werde, nicht herrisch, nicht grob, nicht vertraut; fehlen sie in ihrem Dienste oder gegen die geziemende Achtung, so weide ich mich mit ihnen nicht zanken, sondern dem Hrn. Pfarrer meine Klagen melden, mich aber sonst aller Einmischung in das Hauswesen, ohne ausdrücklichen Willen des Pfarrers, genau enthalten. Vierzehntens. Ich werde mich sehr sorgsam hüten, vor Partheylichkeit, vor Faktionen u. s. w. welche in den Gemeinden seyn könnten, und mich in ihre welt liche Geschäfte gar nicht mischen. Fünfzehntens. Ich werde mich gegen die herr schaftlichen Beamte, und ihre Familien mit geziemen der Achtung und Artigkeit benehmen ohne nieder trächtig zu werden, ohne mich mit den Jungen beson ders in enge Vertraulichkeiten einzulassen. Sechzehntens. Alle Antritts- oder Urlaubsreden, im Antritte, oder beym Austritte von der Cooperatur sind verbothen, ich werde dieses Geboth genau halten. Siebenzehntens. Ich verspreche, daß ich auf der 41
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