Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Obläge es uns, zutreffende Worte auf des Verewig ten Grabstein zu sdireiben, so möchten wir, bemerkt der Kurzbiograph, kaum zweckmäßigere finden als die: „Hier liegt begraben ein priesterlicher Simon von Cyrene, welcher seingm Erlöser in treuer Liebe sein Berufskreuz Tag um Tag nachgetragen hat!")". Und trotzdem audi hier noch seine in die Seelsorge weit ausgreifende Tat! Als Beichtvater der zahlreichen Pensionatszöglinge und Extemistinnen und als deren Religionslehrer in den höheren Klassen und als Exhortator an den Sonnund Feiertagen^^) drängte es ihn, sich seiner weib lichen Schützlinge noch mehr anzunehmen, und dies v.ornehmlidi aus der Beobachtung und Sorge, „daß es nidit länger angehe, die Zöglinge unter hermetischem Verschluß zu halten gegen jede Kunde von außen". Da man aber Zeitungen mit allem politischen Beiwerk und Tageschroniken nicht in ihre Hände geben konnte, kam er auf die Idee, allwöchentlich in einem Bogen Manuscript das Wesentlichste, was auf kirchlichem und staatlichem Gebiet sich begeben,zu sammeln, mit eige ner Hand zu schreiben, durch einige Helferinnen ver vielfältigen und unter seinen älteren Pensionärinnen als eine Art von apologetischer Zeitschrift zirkulieren zu lassen^®). Wurde ihm ob dieser .vorsintflutlichen Zeitungsredaktion' in camera caritatis hart zugesetzt, so gab er mit ruhigem Lächeln zurück: „Spottet so viel euch beliebt; lauter Wasser in die Donau tragen heißt meine Mühe doch nicht. Ich halte meine Kinder über das Nötigste am laufenden und verhüte, indem ich sie gehörig orientiere, daß sie in ihren Familien nicht ganz unbewehrt der herrschenden Begriffsver wirrung gegenüberstehen")". Diese „Rundschau"^^) brachte es mit der Zeit auf eine stattliche Nummernreihe^®) und wurde die Vorläuferin der ab 1882 bis 1919 erscheinenden und damals führenden Mädchen zeitschrift, des sog. „St. Angela-Blattes"^'^). Wie ernst ihm dieses Apostolat erschien, erweist der Umstand, daß er eigens Französisch, Italienisch und Englisch lernte, um sich den Stoff hiefür aus den theologischen Neuerscheinungen holen zu können. Überhaupt war er trotz seiner ihn sehr behindernden Krankheiten stets von einem besonderen Studieneifer und richtigen Bildungshunger erfüllt. Als in den sechziger Jahren Professor Hermann Ernst Plassmann aus Paderborn (tl864),im 19. Jahrhundert der erste Erneuerer des Thomismus^®), in einem Wiener Kloster eine kleine Schar von Schülern um sich sammelte, war Haidinger einer der ersten und eifrigsten darunter. Und dies, um sich in Philosophie so zu schulen, daß er auch reiferen Schü lerinnen des Pensionates eine Einführung zu bieten ver mochte,und um sie später einmal an der Darlegung der Moralprinzipien des großen Theologen zu versuchen. Warum er die Logik sehr pflegte, erklärte er selbst: „Weil die Leute in den Schulen nicht mehr an logi sches Denken gewöhnt werden,deshalb so wenig katho lische Überzeugung"^®). Nachrufe und spätere Jubiläen betonen immer wie der, daß dieser edle, selbstlose Priester der erste war, der dieses sich glücklich entfaltende Apostolat für die Studentinnen und Lehrerinnen gepflegt und gefördert habe. Erwähnt sei auch seine schriftstellerische Tätig keit. So gab er heraus: „Leben der hl. Amalia, nach den besten Quellen und mit besonderer Berücksichti gung auf den jungfräulichen Stand zeitgemäß bearbei tet", Wien 1877, 126 S.; „Nach dem Klostersturm", 121 S. (eine Verteidigung des damals von Krakau aus angegriffenen und verhöhnten Klosterwesens^®); „Die Erzbruderschaft unserer lieben Frau der Königin der Engel", Wien, 1887, 544 S. (Anlaß bot die Errichtung eines Altars zu Ehren Marias, Königin der Engel, in der neuerbauten Lazaristenkirche zu Währing)").Zahl reiche hinterlassene Manus wie verschiedene Aufschrei bungen, Exhortationen, Exerzitienvorträge und Ent würfe®^) bestätigten seine Gewissenhaftigkeit in der Ausarbeitung und seine Ehrfurcht vor dem Worte Got tes. Improvisieren und „Ausdemärmelschütteln" waren ihm so zuwider, daß er plädierte: „Das Wort Gottes ist mir zu heilig, um dasselbe dem Zufall zu überlassen. Der Sämann nimmt auch nicht den ersten besten Sa men und streut ihn auf ein jedes beliebige Erdreich, sondern erst, nachdem er die Güte des Samenkorns wie des Ackerfeldes sorgfältig geprüft hat, geht er an das Werk. Soll der Stellvertreter des himmlischen Sämanns weniger Gewissen haben?"®^) Selbstverständ lich war er auch Mitarbeiter an Zeltschriften wie bei den „Marienblüten", der „Schulzeitung" (bei Auer, Do nauwörth) und den „Weckstimmen"®^). Dem Redak tionskomitee der damals begründeten Korrespondenz des Priester-Gebetsvereines „Associatio perseverantiae sacerdotalis" konnte er leider nur mehr beim Ersdieinen der ersten Nummern dienen®"). Hauptquelle u. Lit.: Personalstand der Wiener Erz diözese; Vita abscondita in Christo oder Ein priesterliciies Stil-Leben in:Correspondenz desPriester-Gebets vereines „Associatio perseverantiae sacerdotalis",III.Jg. (1882, Wien), Nr. 7 (S. 110/115), Nr. 8 (S. 130/136). Er schien auch unter diesem Titel und dem Untertitel: Erinnerungen an F. X. Heidinger als Separatum vom Autor Alois Freudhofmeir, 13 S. (1882). Dazu auch die Biographie: Prälat Anton Schöpfleuthner, Associatio (1921) XLII/7, 108—111. Anm.: ^) „Apostolat der christlichen Tochter", von Frankreich aus durch Mater Juliana (Ursuline) und F. X. Haidinger auf österr. Boden verpflanzt. St. AngelarBlatt X/6, 115; XIV/2, 55; XVI/2, 55, 56; XIX/1, 17; XXVII/4, 96. — ®) Associatio III/7, HO. — •'') In der Chronik nidits über Haidinger, aber im Taufbuch: Tf. Pr.: Job. Weixelbaum, Koop. Sohn des Franz Paul H., Sohn des Franz H. u. der Elisabeth geb. Reschauer; und der Elisabeth Nabenkögl, Tochter d. Leop. N. u. der Magdalena geb. Lehner. tom VII fol 104. — Mitget. v. Pfr. Josef Nittmann.— '^) Associatio III/7, III. — ®)Lud wig Donin. Der Stephans-Dom und seine Diener, Wien 1874, 232. — ®) In der Pfarrciironik steht über ihn nichts. Nur aus dem Taufbuch läßt sidi vermuten, daß er V. 1. 1. 1857 bis 15. 9. 1861 Koop. war, und zwar unter Pfr. Georg Laimer (t9. 4. 1859) und dann unter Pfr. Josef Kirschbaumer (inst. 1. 9. 1859). Mitt. v. Pfr. Karl Amon. — ') Associatio wie Nr. 4. — ®) Ebda. — ®) Ebda. — ^°) Wiener Diözblatt 1882/240; Sterbebuch Pottendorf tom IX fol 203; Associatio wie Nr. 4. ^^) Wie Nr. 4. — ^®) Associatio III/7, 112. — ^®) Ebda. 113; Ebda. XLII/7, 109. — Ebda. III/7, 113. — ") Ebda. — ^®) Ebda. — Leider ist aber lt. Mitt. der Prov. Sekretärin M. Columba v. 2. 3. 1962 in den Chroniken weder in der Johannesg., noch in der Genzg. etwas über Haidinger u. seinem Nadilaß erhalten. — ^'') Name nadi der Stifterin der Ursulinen, der hl. Angela Merici (tl540 zu Brescia). LTHuK (Buchberger) I (1930) 426 f. — ^®) Associatio III/7, 114; LThuK (Buchberger) VIII (1936) 320 f. — 1®) Associatio III/7, 114. — ®0) Ebda. 8, 131. — ®^) Ebda. 132. — 2®) Sh. ebda. 7, 114; 8, 131. — 23) Ebda. 7, 115. — ®Ü Ebda. 8, 133. — 2") Ebda. 1/2, 16; IH/8, 133. 20

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