Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

beerfeigenbaum. Wie die Feige aufgeritzt wird, damit sie am 3. Tage reife, so wird die Seite Jesu am Kreuze durchbohrt werden, damit sie im Grabe heranreife zur Auferstehung am 3. Tage. Der traurigblickende Manns kopf in der Mondsichel ist der des Hom. Dieser, ein früher Nachkomme Noes, ist der Begründer des Hei dentums, das aber wie jeder Irrglaube schließlich von Maria „der Siegerin in allen Schlachten Gottes" über wunden wird. Darum steht Maria auf dem Mond, dem Bild des wechselvollen Truges'^). In der Barockzeit ist dann noch die Wolke unter das Gnadenbild gekommen, weil man meistens in dürren Zeiten, um Regen zu er bitten, zur „Muttergottes im Tal" gekommen ist und noch kommt®). In den Wandaufbau ist der Beichtstuhl mit den Einwürfen für den Beichtkreuzer eingebettet. Der freistehende steinerne Altartisch des 16.Jahr hunderts enthält auf der Rückseite eine Nische, die wahrscheinlich zur Aufnahme der Hühneropfer am großen Frauentag bestimmt war. Der Seitenaltar Herz Jesu von 1897 erhielt vor einigen Jahren ein gefälligeres Aussehen. Die Kanzel vom Jahre 1674 ist seit 1832 mit den halberhabenen Schnitzereien: der Sämann,St. Hierony mus, Augustinus, Petrus, Paulus, Ambrosius und Gregorius verziert. Die Orgel, 1914 entstanden, kam 1935 aus Linz hierher. Die Glasfenster von 1863 enthalten die Bildnisse St. Julius, Immakulata, St. Anna und Josef und sind interessante Werke der im 19. Jahrhundert wieder auf lebenden Glasmalerei. An das Hardegg'sche Erbbegräbnis (beim Hoch altar) erinnern das Grabmal des Grafen Heinrich (tl577) mit den Wappen der Großmutter, Mutter und Gattin (Rosenberg, Eberstein und Thum), der Gruftdeckel mit dem Bildnis der Familie Heinrichs und der Toten schild von etwa 1700. Auf ihm erblickt man die Wappen der Grafschaften Hardegg (Löwe mit Säule), Glatz (Schrägebalken) und Machland (Adler und Pfähle), der Herrschaften Stettenberg (Adler) und Kreuzen (Kreuz) sowie der Familien Prüschenk (Rabe) und Reichenegg (Hand mit der Streitaxt). Aus etwa 1450 und 1519 stammen der Taufstein und die eisenbeschlagene Sakristeitür. Zur Statue aus dem 18. Jahrhundert St. Johann Nepomuk kamen in den letzten Jahren aus Inkersdorf, Unter-Parschenbrunn, Ober-Rußbach und Kirch dorf an der Krems der Nikolaus aus etwa 1360 (er hatte bis 1787 in der seither abgerissenen Nikolaus kirche in Stetteldorf gestanden®), der Schmerzensmann von etwa 1470 (er mag einst den hiesigen Hochaltar geziert haben), der Welterlöser von 1530 (er war noch 1686 auf dem rechten Seitenaltar der dortigen Marga rethenkirche angebracht)^®), und der Sebastian von etwa 1700. Der ausdrucksvolle Kreuzchristus ist ein Werk des 20. Jahrhunderts. An Bildern sind vorfindlich der Kreuzweg von 1840, Jesus auf dem Olberg (1855 vom Stockerauer Maler J. Schweickhard) und Maria Lichtmeß (1863 vom Wie ner Maler J. Keßler). Am Äußeren der Kirche fallen auf der Baumeister kopf und die Sonnenuhr von etwa 1519, ein Grabstein ohne Jahreszahl und je einer von 1610 und 1758. Letz terer ist ein Werk des Stockerauer Bildhauers Bern hard Schilcher^^). Einige schmiedeiserne Grabkreuze erinnern daran, daß um die Kirche einst der Friedhof gewesen ist. Anm.;^) Pfarrgedenkbuch. — 2) N.0. Landesarchiv (Hardegger Urkunden); Archiv Stetteldorf. — 3) Wie 1- — Berichte des Wiener Altertumsvereines 1881, S. 130 ff. — ®) Wie 1. —: ®) Original im n. ö. Landes museum. — '') Mariazell 2. Jahrgang S. 57/58. — ®) Wie 1. — ®) Wiener Diözesanarchiv, Fasz. Stetteldorf am Wagram,Kapelle Inkersdorf. — Wr. Diözesanarchiv, Fasz. Visitationen, Visitation im Obbisamberger Deka nat 1686. —")Wie 1. 16.FranzXaver Haidinger, Urgründer des „Apostolotes der christlichen Tochter" und des „St. Angela-Blattes" (t 1882) Dr. Franz Loidl Er darf, ja muß gerechterweise als Anbahner und damit als eigentlicher Begründer des „Apostolates der christlichen Tochter" bezeichnet werden, das von dem mit dem katholischen Vereinswesen vor und nach der Jahrhundertwende betrauten Prälaten Kanonikus An ton Schöpfleuthner von 1882/1919 erfolgreich geleitet wurde, mehrere tausend Pensionatszöglinge und Schü lerinnen der Ursulinen und in seiner Verzweigung noch viele andere Mädchen organisatorisch zusammenfaßte und betreute^). Ob dieses Verdienstes und.noch anderer Leistungen sei diesem bescheidenen, aber vom Leid „bekreuzten" Priester, „dessen Lebenslauf sich am rich tigsten als ein Still-Leben, und zwar zur Hintanhaltung jedes Mißverständnisses als eine vita abscondita in Christo bezeichnen läßt", wie Möns. Freudhofmeir im Nachruf erklärte^), einige Aufmerksamkeit geschenkt. Er wurde am 3. Dezember 1833 in Pottendorf Nr. 130 als Sohn eines Spenglers „bei der Fabrik" ge boren und noch am selben Tag auf die Namen Franz Xaver Anton getauft''). „Als Kind frommer, aber armer Eltern war der Schatz einer christlichen Erziehung sein einziger Reichtum, den er aus dem Elternhaus mit nahm; groß genug freilich, um den Himmel zu erkau fen, aber deswegen doch nicht vermögend, um trübe, kummervolle Erdentage fernzuhalten. Kränklichkeit und gewissenhafte Prüfung seiner innersten Neigung bestimmten ihn, das Ordensleben mit dem Weltprie sterstand zu vertauschen"^). Vorbildlicher Zögling im Alumnat am Stephans platz, wurde Haidinger am Fest der Unbefleckten Emp fängnis 1856 mit 15 Weihekandidaten von Kardinal Rauscher zum Priester geweiht®) und mit Dekret vom 13. Jänner 1857 Kcoperator in Niederrußbach (Dekanat Großweikersdorf), wo er nach eigenem Geständnis den Pfarrer fand®), „der eines Herzens mit ihm, von nach haltigem Einfluß auf seine korrekte priesterliche Rich tung war')". Leider verlor er diesen väterlichen Freund zu bald.Zudem zwang zunehmende Kränklichkeit schon nach zwei Jahren den zartbesaiteten jungen Priester zum vorübergehenden Ausspannen. Nach fünfmonatiger Erholung in „Städteidorf" versuchte er es noch einmal ab September 1859 in Niederrußbach®), mußte aber schließlich „aufgeben" und ins Priesterdefizientenhaus (Wien III, Ungargasse 38) übersiedeln, um vorläufig von dem ihm zu beschwerlichen Seelsorgsdienst auszu setzen. Er konnte zwar dieses nach zwei Jahren wie derum verlassen, blieb jedoch wegen seiner Leiden auf die Dauer nur mehr halb einsatzfähig und defizient. Er wählte deshalb den bescheidenen Posten eines Haus kaplans im Ursulinen-Kloster in Währing,„auf dem er, einem tapferen Kriegsmann gleich, ausgehalten, bis der müde Leib unter der Last des Tages zusammenbrach®)". Haidinger (auch Heidinger) starb am 10. Oktober 1882, erst 49 Jahre alt, an Lungentuberkulose, und zwar in seinem Heimatort Pottendorf Nr. 183, und wurde am 12. d. M. von Pfr. Ignaz Macht auf dem Friedhof daselbst auch bestattet^®). 19

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