Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

schichte einmal ernsthaft dafür interessieren wird und muß, sei durch obiges Beispiel die Anregung und Ein ladung gemacht, es möchten alle in der ihnen zu Ge bote stehenden Chronik oder für ein Archiv sine ira et Studio, wie es Kanonikus Dr. Teis tat, ihre Biographie, Leistungen und Erlebnisse für eine spätere historische Auswertung und erwartete Rechtfertigung festhalten. 10. Pfarrkirche St. Pankratius in Senning b. Stockerau Karl Keck, Senning Das Gotteshaus zum jugendlichen Märtyrer Pan kratius (t ca. 304) geht in seiner gegenwärtigen Ge stalt auf die Zeit um 1360 soirück; doch wird die Pfarre schon 1298 genannt. Damals wurde die Seel sorge in Großmugl und in deren Filialen wegen Be schwerlichkeit dem Pfarrer in Senning abgenommen und in Großmugl eine eigene Pfarre errichtet. Von der Mitte des 15. Jh. bis 1784 gehörten auch Höbersdorf und Untermallebarn zur Pfarre Senning. Die Filiale Frühling ist im 15. Jh. eingegangen, die in Geitzendorf besteht noch. Die frühere große Ausdehnung derPfarre Senning ist Ursache, daß die Kirche so geräumig ge baut worden ist (Länge 33,50 m, Breite 7,00 m, Höhe 9,32 m). Aus der Bauzeit haben sich erhalten: das Gewölbe über dem Priesterraum, der leider mit Anwarf be deckte Triumphbogen, das Maßwerk eines Fensters hinter dem Hochaltar, das einfache SakramentShäuschen auf der Evageliumseite und die Nische für die Meßkännchen auf der Epistelseite sowie eine vermau erte Eingangstür auf der Außen-Südseite. Unter dem Presbyterium birgt ein uraltes Gewölbe das Beinhaus mit aufgeschichteten Knochen und Schädeln aus dem Friedhofe. Bei einem Brand vor 1544 stürzte das Gewölbe des Schiffes edn; die darnach eingesetzte Decke wich dem jeztigen schönen Gewölbe, das unter Pfarrer Joh. Chrysostomus Hübl 1774/75 aufgeführt wurde. 1802 endlich entstand der Turm, wohl auch vom Stockerauer Maurermeister Johann Michael Heindl ge baut. Der Turm erhielt aber seine ursprünglich ge plante Blechhaube erst 1951. Vorher hatte auf dem Priesterraum ein kleiner Dachreiter für die Glocken aufgesessen. Im Turm hängen außer dem von Müller meister Franz Ebner 1816 gespendeten Zügenglöcklein 3 Glocken mit 232,447 und 912 kg. 1905 wich der Hochaltar von ca. 1822 dem jetzigen, er ist ein dem Stil des Priesterraumes angepaßter Zibo riumaltar. Das Bild auf ihm (Pankratius), leider etwas arg zugeschnitten, ferner die Bilder „Anbetung des Christkindes durch die Hirten"(1822) und „Christus auf dem ölberg" (1824) stammen von Akademieprofessor Wilhelm August Rieder aus Wien, der übrigens das einzige Porträt vom Liederfürsten Franz Schubert ge malt hat; dieses Bildnis ist seit ©inigen Jahren im Museum der Stadt Wien. Die 2 Anbetungsengel des Hochaltars wurden vom Wiener Bildhauer Rochus Mayrhofer geschaffen (ca. 1726). Die Statuen der Apostelfürsten Peter und Paul sind Werke des namhaften Bildhauers Caspar Leusering. Sie sind 1640 für den um 1890 abgetragenen Hoch altar der Stadtpfarrkirche Eggenburg verfertigt wor den. Die zwei Wandlungsleuchter stammen aus dem 18. Jahrhundert. An Stelle des heutigen Seitenaltars (1894) stand unter dem ersten Südfenster der alte Mariahilf-Altar (ca. 1726) mit einer schönen Kopie nach Lucas Cranach; das Bild des einstigen Mariahilf-Altares hängt jetzt in der Hl. Grabkammer, die Engel des o. a. Altares flan kieren den Hochaltartisch. 1963 wurde der heutige Seitenaltar durch den Wiener Bildhauer Eduard ■ Kerschbaum mit einer Madonna geschmückt. Die Leuchter-wurden 1739 durch Johann Zehetner in Stokkerau verfertigt. Auf dem Seitenaltar steht in der Weihnachtszeit die schöne Krippe von Eduard Kersch baum (1965/66). Die Kanzel und das Vortragskreuz sind nach 1787 entstanden. Die Figuren „Elisabeth" und „Franziskus Xaverius" zierten einst einen um 1750 entstandenen und vor 1866 abgetragenen Antoniusaltar in Neudorf bei Staatz; sie sind möglicherweise ebenso wie das Kar freitagskreuz in der Sakristei — es stammt aus Ottenthal bei Poysdorf — in Ndkolsburg entstanden. Die Sta tuen Maria Lourdes und Herz Jesu kamen 1891 und 1915 ins Gotteshaus. Die Kircire, die 1935 diirch den Wiener Ferdinand Molzer ein prächtiges Orgelwerk erhalten hat, weist ferner eine St. Leonhardistatue, ein Florianibild (ca. 1850) und ein italienisches Bild „Christus mit dem Kreuze" auf. Die Nische unter dem Chor ist zu einer Tauf kapelle umgestaltet. Über dem Taufstein (ca. 1709)flan kieren zwei Engel, die auch aus Neudorf stammen, ein großes Kreuz. Vor dem Stein steht der schmiede eiserne Osterleuchter. Im Turmgeschoß hängt ein sehr altes Kreuz. Das Kirchengebäude selbst muß einst viel höher gewesen sein; denn von der vorerwähnten Seitentür führen zugeschüttete Stufen in das Gotteshaus; eben so war es mit dem Eingang von der Kirche in die Sakristei, eine ehemalige Seitenkapelle. 1774/75 ver schwand auch das hohe Dach. Spuren von Fenstern und anderen architektonischen Einzelhelten wurden bei der Renovierung im Jahre 1950 leider vermauert. 1897 wurde auf der Nordseite eine Kapelle angebaut, in diese kam 1899 ein neues Hl. Grab. Die Kirche war (wohl samt dem Pfarrhof) einst mit einem Wall umgeben, war also eine Wehranlage; der Rest des Walles im ostseitigen Pfarrhofgarten wurde erst um 1906 eingeebnet. Im Schutt der Kirch hofmauer wurde dort 1956 ein patinierter durchlochter Bärenzahn, wohl der Rest einer Beigabe zu einem Häuptlingsgrab, aus der Zeit um 1000 vor Chr. ge funden. Inmitten des Friedhofes erhebt sich auf einem ge waltigen Unterbau ein Kreuz mit der Büßerin Magda lena. Das Kreuz wurde von einem Ehepaar aus Unter mallebarn gestiftet. Im Jahre 1913 wurde es an seinen jetzigen Platz gestellt. Es dürfte ein um 1763 entstan denes Werk des Bildhauers Bernard Schilcher aus Stockerau sein. Der Künstler war bis 1744 in Nikolsburg tätig. Die Kirche und ihre Einrichtung sind ein beredtes Zeugnis für den Opfersinn, die Liebe und Anhänglich keit der Generationen von Pfarrkindern. Mögen Liebe und Anhänglichkeit auch für fernere Zeiten den Senningern und Geitzendorfern erhalten bleiben! Quellen u.Lit.: Heimatbuch des Bezirkes Korneuburg I, II; Diözesanarchiv, Fasz. Senning; Urkunden: 1298 Pfarrarchiv, Gedenkbuch I und II. 13

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