1822 den Kreishauptmann Dr. Czech auf ihrer Seite hatten. Und da sie inzwischen 18 Mitglieder geworben hatten und Apotheker Babo einen Raum zur Verfügung gestellt hatte — die Gemeinde hatte die Zusage eines Amtsraumes wiederum zurückgezogen —, erteilte die Korneuburger Kreisamtsbehörde am 2. Juli 1824 durdi den Erlaß (Zahl 8230/24) ihre Zustimmung zur Grün dung, die sich die Aufgabe vornahm, „den Dienstboten, Handwerksgesellen, Taglöhnern und sonstigen beflis senen Personen ein Mittel an die Hand zu geben, von ihrem mühsam erworbenen Lohn allmählich ein klei nes Kapital zurückzulegen, um solches fruchtbringend zu machen und in späteren Tagen zur Gründung einer besseren Versorgung, zur Aussteuer, zur Aushilfe in Krankheiten oder auf irgend eine andere Art zu ver wenden". Auf den hier genannten Personenkreis näm lich hatten die Herrschaftsverwalter von Sonnberg keinen Einfluß'"). Der Einreichung der Statuten folgte ein Dekret, das als eigentliche Gründungsurkunde gelten kann und in besonderer Weise die Verdienste des Ortspfarrers Strauß würdigte"). Der Vereinsausschuß, ursprünglich aus 49 Mitgliedern zusammengesetzt, wurde dann bleibend auf 40 reduziert und nun Dr. Gassner zum Obervorsteher, Apotheker Babo zum Untervorsteher und Pfarrer Strauß zum Kanzleidirektor ernannt, wo mit ihm die Hauptlast übertragen war'®). Wenn das Institut, das am 1. Jänner 1825 mit einem bescheidenen Stammkapital von nur 665 Gulden seine Pforte öffnete, allmählich das Vertrauen der Bevölkerung fand und es innerhalb von wenigen Jahren auf einen Einlagen stand von über 100.000 Gulden brachte, so war dies sicher ein wesentliches Verdienst des Pfarrers, der durch seine Verlautbarung über den Zweck der Spar kassen aufklärend und vertrauenweckend wirkte. Auch sei gleich erwähnt, daß die Sparkasse seit den ersten Jahren ihres Bestandes den Reingewinn für gemein nützige Zwecke bereitstellte und schon 1828 z. B. einen größeren Betrag für Schulerhaltung widmete'"). Als das Institut bei seiner glücklichen Aufwärts entwicklung 1842 sogar die Millionengrenze überschritt und im Jahr darauf das Schätzische Haus (Gasthaus) „Zu den drei Kronen" ankaufen und dahin übersiedeln konnte^"), war Strauß nicht mehr in Hollabrunn und auch nicht mehr Mitglied, da er am 28. August 1835 seinen Austritt angemeldet hatte. Unbehebbare Mei nungsverschiedenheit mit den übrigen Sparkassemit gliedern in Fragen verwaltungstechnischer Art hatten ihn dazu bestimmt^'). Am 25. Oktober 1833 war er auf die Pfarre Stockerau hinübergewechselt, suchte hier ein ähnliches Geld institut zu gründen. Leider fand sich aber in der Bürgerschaft nicht die Anzahl vermögender und weit sichtiger Männer, um den zur Gründung erforderlichen Garantiefonds zusammenzubringen, und so blieb die Anregung dieses weitblickenden Mannes ohne Erfolg. Doch das Samenkorn ging nicht verloren, das er gelegt hatte, da es 1867 bzw. 1868, freilich ohne ihn, zur Sparkasse-Gründung kam^^). Pfarrer Strauß verschied am 13. Dezember 1844,69 Jahre alt, an Nervenschlag und wurde am 15. d. M. begra ben, nachdem er sich eben wegen seines sozial-wirt schaftlichen Mitgefühls beliebt zu fnachen verstanden hatte*'®). Leider ist in der Pfarrchronik von Stockerau nichts über seine Tätigkeit daselbst, vermerkt, außer daß er auch hier wie in Hollabrunn den Pfarrhof gänzlich umgestalten wollte. Im Heimatort, wo seine Verdienste unvergessen geblieben waren, erinnerte man sich seiner und holte nach, wozu die Zeitgenossen schon verpflichtet gewe sen wären. Und zwar wurde Strauß dreimal künstlerisch geehrt'"): erst schuf der berühmte Bild niszeichner Josef Kriehuber-®) ein Bild von ihm; 1874 ließ die Sparkasse von einem nicht mehr feststellbaren Bildhauer eine Marmorbüste anfertigen'-") und zum 75jährigen Gründungsjubiläum schuf der Bildhauer Theodor Charlemont-') ein richtiges Monument, das Pfarrer Strauß sitzend in einem Lehnstuhl, beide Hände über das rechte Knie faltend darstellt, wie er etwa in liebevoller Teilnahme den Klagen seiner schwerbe drängten Pfarrkinder zuhört und bereitwillig Hilfe schaffen will, und das in der letzten Ausstellung im Wiener Künstlerhaus den „Kaiserpreis" zuerkannt er hielt^®). Das auf dem Kirchenplatz zwischen Pfarr kirche und Knabenseminar errichtete Bronze-Denk mal wurde 1938 von den Nationalsozialisten in den Koliskopark übersetzt, wo es nicht mehr repräsentativ wirkte und dann während des Krieges verschwand^). Die Feier des 100. Todestages dieses Wohltäters im Priesterkleid machte der grauenvolle II. Weltkrieg 1944 unmöglich®"). Quellen u. Llt.: Erzb. Ordinariatsarchiv, Personal tabelle III 299 f.; Personalstand d. Wr. Erzd. 1829, 39; Taufbuch Hollabrunn VIII 31; Pfarrprotokoll Gedenk buch Hollabrunn (ab 1784) pag. 36 (ab 1841) pag. 51; Correspondenz d. Associatio perseverantiae sacerdotalis 1902(XXIII), Nr. 5, 79; Topographie N.6. IV/III, 378 a; Denkschrift des Sparkassevereines Hollabrunn zum lOOjahr. Bestand i. J. 1924; detto, 1824—1949; Heimat buch des Bezirkes Hollabrunn II, 499 f.; Fritz Kny; Die Stadt Hollabrunn und ihre Sparkasse in: Unsere Heimat 1958 (29) Nr. 5/6, 106—109; Aus der Rede des Sparkasse direktors Dr. Karl Kaubek zur 125-Jahrfeier (maschingeschr.). Anm.:') Sh. Franz Loidl in; Beiträge zur Wiener Diözesangeschichte 1961 (II) Nr. 1; ders. in: Wiener Kirchenblatt 1962, Nr. 4; ders. in: Peichl-Festschrift (Wien) 1965, 124 ff. — Nochmals sei verwiesen auf: „Werbebrief" von J. B. Weber, „Errichtet Spar-Cassen, Worte eines Menschenfreundes an alle Altern, Seel sorger, Schullehrer, Fabriks-, Gewerbs- und Dienst herren". W. 1820, gedruckt bey Anton Strauß. — '■') F. Kny, a. a. O., 106. — •') Karl Gutkas, Geschichte des Landes N. ö. III (1959) 75. — Die 1. Raiffeisenkasse auf dem Gebiet des heutigen Österreich wurde 1886 in Mühldorf b, Spitz (Wachau) gegründet. Sh. Geld, Ge stern und Heute. Eine Dokumentation über das Geld wesen und die Währung in Österreich. Universalverlag und Betriebsgesellschaft m. b. H. Graz 1966, 114. — "*) Taufbuch d. Pfr. H. VIII 31. — Vater Johann Str., Mutter: geb. Schuster aus Napperstorf. — Das Geburts haus trug die Nr. 115, heute Pfarrgasse 10. — ®) Sprach auch französisch. — ®) Ludwig Donin, Der Stefans dom und seine Diener, 1874 (Wien) 218. ') Gedenk buch H. — In der Personaltabelle S. 300 wird Bezeich nendes über ihn berichtet. „Er war 1805 und 1809 Pfr. in Groß und hatte das gute Bewußtsein, daß, obwohl viele benachbarte Pfarrer sich entfernten, er dennoch bei seinen Pfarrkindem blieb und auch bei den benach barten Pfarren supplieren mußte. Doch stand er viele Gefahren aus, indem ein feindlicher Nachzügler ihm den Kopf spalten wollte. Seine Geistesgegenwart machte es, daß der demselben unter die Arme fiel und durch Rufen nach Hilfe mehrere Pfarrkinder herbeieilten und den Soldaten banden. Da dieser aber zum Platz kommandanten nach Hollabrunn St. weit gebracht werden mußte, niemand aber den Transport über nehmen wollte und er nicht zugeben konnte, den Ge bundenen beiseitezuschaffen, so bot er sich an, dem 11
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