Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

gleitete, sogenannte pragmatiscäie Geschichte der Zeit eines Seelsorgers, sondern eine einfache, ruhige Dar stellung der wichtigeren Ereignisse des Ortes, der Pfründe,soll der Inhalt der Memorabilien-Bücher seyn. Sie sollen eigentliche Annalen seyn, die einst Materi alien zu einer Geschichte liefern können. 2. Sie sollen sich auf den Gesichts- und Wir kungskreis des Seelsorgers, also auf den religiösen und sittlichen Zustand der Gemeinde, auf Kirche, Pfarre, Schule, Armenwesen, Stiftungen, Wohlthäter, auf die Rechte, Besitzungen, Vortheile oder Lasten der Pfründe, Ein- und Austritt der angestellten Priester u. dergl. beziehen, und jene äußeren Ereignisse des Ortes in sich begreifen, welche auf den äußeren oder inne ren Zustand der Gemeinde einen bedeutenden Ein fluß hatten. Dagegen sind 3. bloß persönliche Verhältnisse des Pfarrers mit einzelnen Personen, bloß persönliche Ereignisse, die keinen Einfluß auf die Seelsorge, Pfründe oder den Zustand der Gemeinde hatten, kein Gegenstand der Memorabilienbüdier; noch weniger sollen diese zu persönlichen Verunglimpfungen oder zu leidenschaft lichen Äußerungen mißbrauchet werden. 4. Diese Memorabilienbücher nach Materien, z. B. Patron, Kirche, Feldbau u. dergl. abzutheilen, ist nicht rathsam, weil manche Gegenstände im engen Zusam menhange stehen, weil Wiederholungen unvermeid lich wären, und weil durch einen ordentlichen Mate rial-Index die Übersicht besser erreichet werden kann. 5. Diese Annales sind jährlich fortzusetzen, und auch in dem Falle, wenn sich in einem Jahre nichts besonders Wichtiges ereignet, soll der Pfarrer das Jahr nicht übergehen; sondern wenigstens die Zahl der Getauften, Gestorbenen, Getrauten, der die Schule und Christenlehre Besuchenden angeben, und beyfügen, daß kein anderes der Aufzeichnung würdiges Ereignis statt gefunden habe. 6. Urkunden, Verträge, Entscheidungen, Befehle, die sich auf die Pfründe, Kirche und Schule beziehen, sollen nicht bloß angeführet, sondern wörtlich einge tragen werden, da dieses oft in späteren Jahren bey entstehenden Streitigkeiten und Ansprüchen wichtig ist, und manche Rechte nicht verloren gehen würden, wenn die Vorfahren Alles genau aufgezeichnet hät ten. 7. Die früheren, an vielen Orten leider nicht auf gezeichneten, oft wichtigen Ereignisse, in so fern es möglich ist, dieselben mit Gewißheit anzugeben, nach träglich einzutragen, wird der eifrige, für seinen Nach folger besorgte Pfarrer gewiß nicht unterlassen; je doch soll deßwegen der Anfang der Aufzeichnung der Gegenwart nicht verschoben werden, da das Nach tragen abgesondert, und so wie der Pfarrer zur Kenntniß gelanget geschehen kann. Dr. F. L. 3. KR. Karl Bednar, im Dienste der Heimatkunde und des Diözesanarchivs (t 1966) (Ein schuldiger Nachruf) ♦) Dr. Franz Loidl Noch nahm der stets gefällige Mitbruder an meiner Arbeitsgemeinschaft für Kirchen- und Wiener DiÖzesangeschichte an der Wiener kathol. Akademie wie immer lebhaft interessiert teil. Lange debattierten wir hernach noch vor dem Schottenstift über landeskund liche und diözesangeschichtliche Probleme, ehe wir uns lachend trennten. Ahnte er, daß es das letztemal sein sollte? Ich jedenfalls nicht. Noch hatte er seinen 75. Geburtstag feiern können. Doch schon am 3. November v. J. starb er im Spital der Barm herzigen Brüder (Wien II) und wurde am 10. d. M. auf dem Friedhof in Neustift am Walde (Wien XIX) beigesetzt. Vorfahren und Eltern waren wie viele aus dem alten Kronland Mähren nach Wien zugezogen, wo Bednar (recte Bednäf) am 20. Juli 1891 in der Pfarre Matzleinsdorf in einer kinderreichen, in bescheidenen Verhältnissen lebenden, echt christlichen Familie geboren wurde. Er absolvierte das ElisabethGymnasium in Wien V,trat ins Alumnat am Stephans platz ein und wurde am 25. Juli 1914 mit dem letzten Jahrgang des alten Alumnates im Stephansdom zum Priester geweiht. Es folgte nun die Kaplanstätigkeit in Stronsdorf (ab 1. September 1914), in Ladendorf (ab 1. September 1916), in Elsdorf (ab 1. September 1917), in Groß-Schweinbarth (ab 1. Juni 1918), in Paasdorf (ab 1. September d. J.) und in Pillichsdorf (ab 1. Juli 1919), dazu die Excurrendo-Provisur (mit 23. August 1921) im benachbarten Obersdorf. Mit 1. Juli 1923 übernahm er auf fünf Jahre die Pfarre Deutsch-Haslau, von wo aus er auch die Pfarre Prellenkirchen (ab 1. September 1925) als ExcurrendoProvisor betreute. Mit 1. April 1928 wechselte er auf ciie Pfarre GÖttlesbrunn über, wo er nicht ganz acht Jahre verblieb und nebenbei auch zweimal das benach barte Arbesthal als Excurrendo-Provisor (1933/34 und 1935) versorgte. Nachdem er bereits seit Jahren größeren und kleineren landeskundlichen Studien und Forschun gen seine Zuneigung geschenkt und vornehmlich mit Publikationen über die Siedlungs- und Besitz-, Orts und Familiengeschichte des Burgenlandes und des Brucker-Bezirkes begonnen hatte, resignierte er mit 1. Mai 1936 auf die Pfarre und übernahm nach dem Ausscheiden Univ.-Prof. Dr. Ernst Tomeks aus der Leitung des (damals so benannten) Ordinariatsarchivs die von ihm angestrebte Stelle eines eb. Archivars, die er bis zu seiner aus gesundheitlichen Gründen erfolgten Pensionierung am 1. August 1960 fast ein Vierteljahrhundert hindurch in zum Teil schwierigen Zeitverhältnissen innehatte. Es sei nur an die oft zusätzliche Belastung durch die Ariernachweise, an die Luftschutzmaßnahmen und Verlagerungen und an die Not und Unsicherheit der Nachkriegsjahre und Be satzungszeit erinnert. Nicht voll wissenschaftlich und fachlich ausgebildet, hatte er sich seine eigene Methode zurecht gerichtet, die vor Neuerungen etwas ängst lich zurüd<schreckte und auf „eigenen Merks" und Zettelchen vertraute. Daß unter ihm eine Personal kartei über den Klerus (wenn auch nicht ganz zufrie denstellend) angelegt wurde, sei nicht unerwähnt ge lassen. Stets gefällig und hilfsbereit, interessiert und verläßlich genoß er allenthalben echte Wertsdiätzung seiner Person. Freilich war er durch eine gewisse Ängstlichkeit etwas gehemmt und neigte dadurch zur Kleinlichkeit. Einer seiner besten Kenner sprach es im Urteil über seine Publikationstätigkeit aus, da er im Nachruf feststellte: „Mag sein, daß die Genauig keit und Akribie in den Arbeiten von Bednar manch mal in Gefahr war, hyperkritisch, ja skrupelhaft zu werden und daß der Stil dadurch oft umständlich wurde, aber mit seiner messerscharfen Dialektik zwang er sich und andere immer wieder zu neuem Durch denken und Durchforschen bestimmter Probleme und

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