Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

führliche Biographie verdiente. Möchte sich bald ein Biograph finden, wie es bereits bei einigen höchst ver dienten Gefangenhaus-Seelsorgern in der Deutschen Bundesrepublik der Fall ist''®). Nach den kirchlichen und weltlichen Ehrungen, die Köck selbst noch empfangen konnte®'), müßte diese Würdigung wie ein Denkmal für seine Persönlichkeit und Leistungen und darüber hinaus für die ganze katholische Gefan genhaus-Seelsorge in härtester Zeit und unter schwie rigsten Bedingungen wirken. Vorläufig sei aber aus vollem Herzen dem zu gestimmt, was Pfarrer Karl Vock, Fels am Wagram (Niederösterreich), ausgesprochen®®) hat: „Mit Recht wird jetzt nach 25 Jahren der Helden aller Parteien, Konfessionen und Vereine gedacht, wel che sich gegen die braune Flut gestemmt haben und unter Hingabe ihres Letzten das Österreich retten woll ten, wie wir es lieben — ,rot und weiß und rot'! Ihnen allen gehört ein Denkmal gesetzt, ob sie im Sinne dieser großen Idee sterben mußten oder wie durch ein Wunder ihr Leben hinüberretteten. Ein großer Helfer in den schwersten Stunden die ser vielen Helden des Vaterlandes war Hofrat Monsignore Eduard Köck, Seelsorger des Landesgerichtes Wien I. Niemand hat die Not dieser unschuldig zum Tode verurteilten Patrioten mehr mitgelitten als er. Er mußte sie alle zur Hinrichtungsstelle begleiten. Wie oft hat der Gute zu mir gesagt: ,Ich wußte, daß sie unschuldig sind, und konnte ihnen nicht helfen.' Ein Nervenzusammenbruch nach dem anderen und schließ lich sein früher Tod zeigen, daß sein Herz brach für Freiheit und Gerechtigkeit in unserem Vaterland. Darum möge dem allzufrüh Verstorbenen bei der 25-Jahr-Feier ,Verlorenes Österreich' ein ,Danke!' ge sagt sein. Der Engel des Landesgerichtes in schwerster Zeit soll nie vergessen sein!" Anmerkungen: ^) Die Eitern; Vater Albert Köck, ehel. Sohn des A. K., Ausnehmers in Hausbrunn, N.Ö., u. der Viktoria geb. Asperger; Mutter Johanna, ehel. Tochter des Lorenz Losschmid, Bindermeisters in Probstdorf, u. der Theresia geb. Kraus. Die Eltern wurden am 22. 7. 1890 in Probstdorf getraut. Lt. Taufschein d. Pfr. Probstdorf. — Taufbuch d. Pfr. Hohenau tom VII fol. 67, Rz. 65. — ®) Groer Hans, Hundert Jahre Kna benseminar der Erzdiözese Wien 1856—1956, Hollabrunn 1956, S. 161. — ^) Ebda. S. 160f. — ®) Personal stand der Wiener Erzdiözese 1914, S. 39f.; Wiener Diözesanblatt 1914, S. 97. — «) Volksblatt v. 1. 6. 1963, S. III.: „Bahnhof cier Abreise" von Herta Broneder. — "^1 1.4.1913 zum Fürsterzbischof ernannt.— ®) WDBl.ebd. S. 142. — ®) Ebda. 1916, S. 139. — ^") Ebda. 1917. S. 146. — ")Geb. 1883, Pr. 1905, hier angestellt 1914. Päpstl. Ehrenkämmerer. Personalstand. — WDBl. 1921, S. 15. — ^®) Ebda. 1922, S. 40. — Ebda. 1923, S. 25. — ^®) Starb am 4. 6. 1939, erst 56 Jahre alt, war 34 Jahre Pr., Ebda. 1939, S. 118; Nekrolog. 1. 1. 1915, 30. 6. 1962. W. 1962, S. 66. — '«) WDBl. 1939 (1. 11.), S.171. — ")Ebda. 1940, S. 47.•— ^S) Ebda. 1952, S. 125. TrauerParte. — „Das kleine Volksblatt" v. 22. 10. 1952, Nr. 247 u. a. Ztgn. — Unter den Trauergästen waren auch die ehem. Häftlinge, Justizminister Dr. Gero u. Mini ster a. D. Dr. Hurcies. — ^®) Sterbebuch der kathol. Gefangenenseelsorge im Landesgericht III fol. 68. — '^®) Aufbewahrt von der kathol. Gefangenseelsorge da selbst. — Vgl. dazu etwa: Leopold Arthofer. „Zucht haus". Aufzeichnungen des Seelsorgers einer Straf anstalt (Garsten bei Steyr). Herausgegeb. von Enrica V. Handel-Mazzetti München 1932, 189 S.; ders. „Zucht haus". Erinnerungen eines Strafhausseelsorgers (illustr. V. Ernst Ringel), 2. Aufl., Linz 1947, 197 S.— 2') Bruno S. im „Mahnruf" 1952, S. 12; Erinnerungen an Möns, Köck beim Standgericht 1934". Im Dokumentationsarchiv des Österr. Widerstandes...Nennt darin Köck Kamerad, Freund und Tröster, dessen Wirken unver gessen bleiben werde, denn er sei ein Lichtpunkt in der Düsterheit einer unheilvollen Zeit gewesen. — Sterbebuch. — '^®) Sh. darüber die Kapitel: Evidenz der Hinrichtungen auf österr. Boden u. Das „Sterbe buch" d. Pfrs. Köck in: Maria Szecsi — Karl Stadtler, „Die NS-Justiz in Österreich und ihre Opfer (Samm lung: „Das einsame Gewissen", Bd. 1), Verlag Herold, Wien—München (1962). S. 27—31.— Siehe Jakob Fried: „Nationalsozialismus und katholische Kirche in Öster reich", Wien 1947, S. 65 f. — Dazu auch den Kurzbericht des protestantischen Pfarrers Hans Rieger in: Herbert Steiner: „Zum Tode verurteilt. Österreicher gegen Hitler", Wien 1964, S. 201 f. — ^4) Etwa: „Das Kleine Volksblatt", „Neue Wiener Tageszeitung". — ^) „Ar beiter-Zeitung. — ^®) Sterbebuch III fol. 104: Nr. 5 (von 6 Nummern):die vierfache Meuchelmörderin M.M., 41 J. alt. War die erste, welche nach dem Umbruch in der Ostmark hingerichtet und die erste in der Ostmark, die durch das Fallbeil hingerichtet wurde. Hat die Sakramente empfangen und starb ruhig und gefaßt, jede Äußerung der Angst und der Furcht vor dem Tode durch ihre große Willensenergie niederzwingend (Köck). Wurde von ihm zum Schafott begleitet. — 2®) Szescsi-Stadler, a. a. O. S. 29. — Auch wurde vor geschrieben, daß der Geistliche in der Armensünder zelle zu bleiben habe. — Sh. die Artikel „Die Falle schnappte zu" von Rudolf Antoni über das 80kg schwere Mordinstrument in „Wiener Zeitung"(Beilage) V. 9. 3. 1963, Nr. 58, weiters die Schilderung der Urteils vollstreckung durch Pastor H.Rieger, den ev. Häftlings seelsorger im L^ndesgericht Wien in: H.Steiner a. a.O., S. 7. — Unvergeßlich bleiben dem Schreiber die er schütternd einfachen Einsegnungen an der Richtstätte, da wir zu viert (Köck, P. Ivanec, CSSR., Rieger unci meine Wenigkeit) vor den blutigen Leichen in den z. T. offenen Särgen standen, während die Henker noch eine Leiche abnahmen oder schon das Schafott reinig ten und Köck unter den gemurmelten Gebeten Asche auf einen Sargdeckel gab und das Weihwasser als letz ten Liebesdienst aussprengte, wurde doch diesen Toten kein übliches Leichenbegängnis zugebilligt. — ®®) Liebe Frau K.: „Vorgestern ist ihr Sohn A., wie sie ja bereits erfahren haben werden, den schwersten Gang seines Lebens, nämlich den zum Tode, gegangen. Seine letzte Bitte an mich war noch, ich möchte bestimmt der Ib. Mutter schreiben, was ich ihm versprochen habe und hiemit auch tue. Daß A. schon in jungen Jahren viel mitmachte an schlimmen Erfahrungen und Enttäu schungen und dadurch auf Abwege geraten ist, das wissen Sie ja. Die Folge davon war, daß er auf Glau ben und Religion nichts mehr hielt. Und so kam er immer mehr abwärts. In der Nacht vor seinem Tode nun lehnte er anfangs jeglichen geistl. Beistand ab. Später aber ließ er mich zu sich bitten und bat mich, seine Beichte zu hören. Er wollte mit Gott und seinem Glauben wieder Frieden machen und versöhnt mit Gott hinübergehen in die Ewigkeit. Der Gedanke an seine gute Ib. Mutter, die immer so gläubig,fromm und reli giös gewesen ist, hat ihn zu diesem Entschluß gebracht und dies werde auch für die arme Ib. Mutter der ein zige und letzte Trost sein. Und nun beichtete er offen, aufrichtig und reuevoll und empfing dann gläubig unci andächtig die hl. Kommunion. Versöhnt mit Gott ging er tapfer, mutig und gefaßt in den Tod, um Sühne zu leisten für seine schlimmen Taten. Seine letzte Bitte war, die Mutter möge ihm verzeihen, was er ihr an getan hat die ganzen Jahre hindurch, sie möge ihn nicht vergessen und für ihn beten. Die letzten Grüße gehören der geliebten Mutter, der Ib. Schwester und seinem armen, Ib. achtjährigen Buben. — Dies möge Sie trösten in Ihrem großen Schmerze!Ihr mitfühlender E. K., m. p. Oberpfarrer, Wien VIII/65, Landesgerichts straße 11. Untersuchungshaftanstalt Wien I, Anstalts seelsorge." — ®®) Lb. Fr. M.: „Ihr Herr Gemahl A. M. ist am..., wie Sie ja wissen, gestorben. Früher konnte ich nicht schreiben, da ich wegen solcher Briefe von der Gestapo verwarnt wurde, seit April d. J. (1945) jedoch kam ich bis heute (12. 9.) nicht dazu. Erst jetzt erfülle ich hiemit den letzten Wunsch Ihres verst. Man nes: Er hat Ihnen noch kurz vor dem Tode einen Abschiedsbrief geschrieben, den Sie aber wahrschein lich gar nicht erhalten haben werden. Seine letzten Grüße und Gedanken galten Ihnen, seiner geliebten Frau,seiner Schwester, der Mama und Ihrer Schwester. Er bat mich, Ihnen zu sagen, er werde immer und stets 35

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