1933 bzw. 1934 {I. Republik), bis 1938 (Ständestaat oder sog. Systemzeit), bis 1945 (Periode des ns. Terrors und II. Weltkrieg), nachher (Nachkriegszeit und II. Repu blik). Waren seit Beginn seiner Tätigkeit im Frühjahr 1921 — den ersten Versehrgang hielt er am 16. Juni d. J.^®) — bis 1933 einfach mannigfache Gesetzesüber treter als Häftlinge oder Sträflinge zu betreuen, worin er sidi mit seinem Vorgesetzten Supp teilte, so kamen 1934 vornehmlidi nach dem Wiener Februaraufstand (12. bis 15. Februar) und dem nationalsozialistischen Putschversuch (25. Juli) politisdie Häftlinge dazu, und zwar erst Kommunisten und Sozialdemokraten (Schutzbündler), dann sogenannte ns. Illegale, die alle von ihrer politisdien Einstellung her im sogenannten „christlichen Ständestaat" ihre Schwierigkeiten hatten und dem Seelsorger ungeschminkt ihr Ressentiment, ihre Ablehnung und ihren Haß genugsam entgegen hielten und dem oft erbittertsten und radikalsten Aus druck verliehen. Zu einer Vor-, ja Generalprobe der bis aufs Letzte gehenden Seelsorge kam es in diesem Revolutionsjahr 1934, als es darum ging, solche „Andersgesinnte" zu betreuen und vor allem vom Militär- oder Standgericht zum Tod durch den Strang verurteilte Februarkämpfer und Julirebellen wenig stens menschlich anzusprechen und gar auf ein christ liches Sterben vorzubereiten. Sahen doch alle im Prie ster erstlinig den Vertreter eines ihnen verhaßten poli tischen Systems(ob zu recht oder zu unrecht, sei dahin gestellt, eines politischen Katholizismus), das sich ihnen damals in der engen Verbindung zwischen Kirche und Staat zu repräsentieren schien und gegen das sie sich erhoben hatten. Wenn dabei Vorwürfe, Anschuldigun gen und Ablehnung einzelner den Seelsorger Köck niederbeugten, so richteten ihn gewiß um so mehr wieder Fälle von Annahme seines letzten Priester dienstes auf, wovon die schlichten Anmerkungen aus dem Sterbebuch des Gefangenenhauses und seine genau geführten Zellenbücher Zeugnis ablegen^). Daß ihm dabei der menschliche Zugang auch zu Verbitterten und Konfessionslosen gelang, spricht z. B. ein längerer Bericht eines im Zusammenhang mit den Februar ereignissen zum Tod Verurteilten aus dem XXI. Wie ner Gemeindebezirk aus, der knapp vor seiner Hin richtung aber begnadigt wurde^) und dies auch dem Schreiber jüngst mündlich erklärte. Noch waren die Hinrichtungen durch den Strang sehr selten und trafen in den Jahren bis 1938 auch einzelne mehrfache Raub- oder Meuchelmörder, die durchwegs seelsorglich ansprachen und die Sakra mente empflngen'^^). Köcks große Bewährung brach aber eigentlich mit dem unseligen März d. J. 1938 an, da sich mit der ansteigenden ns. Gewaltherrschaft und dem zunehmenden Wüten der Kriegsmaschinerie die Gefängnisse mit politischen Häftlingen und mit solchen füllten, die mit den ns. und kriegswirtschaftlichen Ge setzen und Verordnungen als sogenannte Wirtschafts verbrecher, Volksschädlinge u. n. a. in Konflikt geraten waren. Tag für Tag schritt der Pfarrer Zelle für Zelle ab und führte darüber genau Buch. Äußerlich von ruhigem, ja phlegmatischem Temperament scheinend, innerlich jedoch aufrichtig mitfühlend und in seinem Wesen grundgütig, machte er nie viele besondere Worte und wirkte sogar in gewisser Hinsicht naiv, sicherte sich aber den Dank tausender Geängstigter, denen er ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit, Nationalität, Konfession, Gesinnung, sozialen Stellung und Art der Verfehlung nach besten Kräften ein schlichtes Wort des Trostes und ehrlicher Anteilnahme sagte und nicht selten auch unmittelbar oder mittelbar Hilfe und Unterstützung in materieller Bedrängnis anbot. Auch Angehöriger vor allem in der Sprech stunde nahm er sich an. Beanstandungen und Ver höre darob steckte er demütig ein und bewies weiter hin einen Mut und eine Offenheit dem vor allem reli giös so unduldsamen System gegenüber^), den andere kaum oder nicht in dem Maße aufgebracht hätten. Er verdiente in Gold gefaßt zu werden, erklärte eine einstmals inhaftierte Bekannte des Schreibers, und noch deutlicher sprachen es die Nachrufe sodann aus, die Zeitungen vers^iedenster Färbung unter der Überschrift „Engel des Gefangenhauses'^') oder Trö ster in der Todeszelle"^"). Und damit ist sein beson deres, einmaliges Verdienst genannt, das ihm ein ehrenvolles Gedächtnis sichert. Denn von der ersten Hinrichtung durch das Fallbeil am 6. Dezember 1938'^®) bis zur letzten Guillotinierung am 4. April 1945^') ver brachte er mit Hunderten deren mehrstündige Gna denfrist, sprach mit ihnen vom Mensch zum Menschen, wenn sie keinen Priester wollten, was aber weitaus die geringere Zahl war, und begleitete sie alle — die als Köpfler bezeichnet wurden — bis zum Verbot am 1. November 1942^^) zum blutigen Schafott^®) und von da ab bis zur eisernen Türe, wie der Schreiber in glei cher Situation als Standortpfarrer es in mehreren Fällen mit seinen verurteilten Militärpersonen tun konnte, der Köck für die aus dieser ernsten Begegnung an der Todespforte gewordene Freundschaft und für die seelsorgliche Mithilfe über den Tod hinaus hiemit nochmals mitbrüderlich danken möchte. Um sich und andere und vor allem sein schweres Amt nicht zu ge fährden ^oder unmöglich zu machen, da er sich als Priester ohnehin nur als geduldet betrachten mußte, bewahrte Köck sein Amtsgeheimnis und war auch im engsten Kreis der Mitbrüder nicht zu einer Äußerung zu bewegen. Dafür aber gab er stets Rechenschaft sei nem Bischof. Ein Mann stiller selbstloser Pflichterfül lung, floh Köck auch nach dem Zusammenbruch 1945 jede Sensation und Publizität, holte aber dafür nach, was er während der ns. Zeit nicht tun durfte, die Ver ständigung und Tröstung der Hinterbliebenen, die erst jetzt, wie es sich gehört, über Haft und letzte Stunden und Wünsche ihrer Verstorbenen unterrichtet wurden. War es in der ersten Zeit der ns. Periode wohl noch möglich gewesen, Briefe an die Angehörigen zu schrei ben, wie z. B. einer vom Jänner 1942 anzeigt®®), so wurde es dann unmöglich gemacht, da Köch wegen solcher Briefe von der Gestapo verwarnt wurde, wie er in all den Schreiben vermerkt, die er nach der Be freiung aussandte. Freilich mußte er sich darin ent schuldigen, daß er seit April d. J. (1945) bis jetzt (Datum 12. Sept.) nicht dazu gekommen sei. Kurz und prägnant, ohne Gefühlsduselei und Umschweife teilt er darin das Wichtigste aus den allerletzten Wünschen der Todeskandidaten mit®^). Anders lauten natürlich die Briefe, die er nun nach 1945 an Angehörige schrei ben konnte. Es sind auf den Kern der Sache oder des Anliegens eingehende, vermittelnde, echte Seelsorgsbriefe®^). Schon die wenigen Zeilen dieses dürftigen Nachrufes erweisen, daß dieses Priesterleben eine aus84
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