ihrer Schönheit unsere ganze Liebe. Und wären nicht unsere alternden Eltern, zu denen es uns hinzieht, wir würden vielleicht in diesen Jahren unsere Heimat ganz vergessen. — Dann freilich, auf dem Höhepunkt unse res Lebens und unserer Arbeit, wenn die Welt uns müde gemacht hat und wir hie und da ein wenig Ruhe brauchen, dann suchen wir diese gerne auf dem heimatlichen Boden. Und je älter wir werden und je mehr die Arbeit uns drückt, desto mehr zieht es uns zur Heimat und die Scholle, die wir einst beden kenlos verlassen und die wir uns dann geistig erwor ben haben durch die Arbeit eines Lebens in der Welt, sie wird dann das einzige Besitztum sein, auf dem wir einst unser müdes Haupt zur Ruhe legen."-) Interessanterweise wurde Schnitt als viertes Kind ausgerechnet am Feste des „Vaters des Kirchen gesanges", des hl. Ambrosius von Mailand (f 397), also am 7. Dezember 1885 in Mailberg Nr. 106 geboren und von dem daselbst seit 1871 wirkenden Pfarr verweser Ernest Hubka in der tief ins Mittelalter zurückreichenden Kirche (zum hl. Johannes dem Täufer) getauft,'') der die damals etwa eineinhalb tausend Seelen seelsorglich betreute und die Kinder in der vierklassigen Volksschule katechetisierte, bis er später zeitweise von einem Kaplan unterstützt wurde.^) Von 1897 bis 1905 Zögling des DiözesanKnabenseminars in Hollabrunn,'"') bereitete sich der Priesteramtskandidat von 1905 bis 1909 im alten Alumnat am Stephansplatz 3 und an der kathoLtheol. Fakultät der Wiener Universität") auf das Priestertum vor und empfing am 25. Juli 1909 mit 22 Dia konen im Stephansdom aus der Hand des populären Weihbischofs und Generalvikars Dr. Godfrid Mar schall die Priesterweihe.'') Vom September 1909 bis 1912 wirkte er als Kooperator in der alten Pfarre Lichtenegg in der Buck ligen Welt (im Dekanat Kirchschlag),") die mit ihren verstreuten Höfen und den zwei bis zehn Kilometer langen, über Hügel führenden Pfaden zu drei Filial kirchen und einer Filialschule und mit weiten Kran kenbesuchen und Versehgängen das ihrige an Arbeit und Abhärtung abverlangte, für den Bauernsohn je doch nichts Ungewöhnliches bedeutete. Nach drei Jah ren erfolgte die Versetzung an die Wiener Stadtpfarre „Zu den hl. Schutzengeln" (Wien IV, Paulanerkirche)®) und die Verwendung als Supplent und dann als Reli gionsprofessor in Wien XIII (Fichtegasse) und am Mädchen-Lyzeum in Wien III (Uchatiusgasse).^®) Gleich nach Kriegsbeginn machte er sich durch wirt schaftliche und administrative Verwaltung eines von einem Frauenkomitee in Wien IV (Waltergasse) ein gerichteten Verwundetenlazaretts verdient, was ihm als patriotische Tat mit der Verleihung des Kriegs kreuzes für Zivildienste dritter Klasse belohnt wurde.^'') Am 1. August des Kriegsnotjahres 1917 holte man ihn als Ökonom in das 1914 in die Boltzmanngasse (Wien IX) übersiedelte neue Priesterseminar,'"-) womit er der Nachfolger des nach Reindorf (Wien XV) über setzten Kooperators (und späteren Prälaten) Jakob Fried wurde und wo er in besonderer Weise seine finanzielle Geschicklichkeit und wirtschaftliche Um sicht offenbarte und trotz der Notlage immer wieder — ndcht selten in verblüffend origineller Art — Mittel und Wege fand, Nahrungsmittel, Heizmaterial u. a. aufzutreiben, um so den Alumnatsbetrieb aufrecht er halten zu helfen. Er stand dann darüber hinaus auch als Direktionsmitglied des Priester-Kranken- und Defizienten-Institutes in Wien III (Ungargasse, heute Stephanushaus) und als Konsulent des christlichen Verbandes weiblicher Hausbediensteter zu Diensten.^") Mit seiner Bestellung 2mm Rektor der verwaisten Burgkapelle, freilich ohne Bezüge, am 16. November 192H^) erfolgte sodann seine allmähliche Hinwendung zu seiner Hauptaufgabe und Lebensarbeit, wobei ihm seine Pensionierung als Religionsprofessor und sein Freisein von einer richtigen Diözesananstellung ab Ende 1923 sehr zustatten kam. Die von Kaiser Maximilian I. bald nach seinem Regierungsantritt (1493—1519) geschaffene und dem Kleriker Georg von Slatkonja^") 1495 als Kaplan und im Jahr darauf als Magister, d. i. Dirigenten und Organisator anvertraute Hofmusikkapelle,^®) war auch als eines der zahllosen Opfer des allgemeinen Zusam menbruchs infolge des Ersten Weltkrieges nach 1918 eingegangen. Denn mangels der Mittel für den Unter halt waren die (bis dahin in einer militärähnlichen Uniform auftretenden)'^'') Sängerknaben ihren Eltern übergeben worden. Dieses durch künstlerische Hoch leistungen in seiner überlangen Geschichte bewährte Kulturinstitut sollte nun durch Schnitt wieder erweckt, zu neuer Blüte gebracht und zu einer über Österreich und Europa hinaus bekannten Institution ausgebaut werden. Grundlage und Ausgangspunkt bildete sein Privat vermögen, das er kurzerhand für das von ihm länger schon erträumte und in Aussicht genommene edle Werk einzusetzen bereit war. Im Jahre 1918 hatte er nämlich aus dem Erbe seiner Mutter Hotel und Land wirtschaft Kreuzenstein am Ostufer des Mondsees im herrlichen Salzkammergut angekauft und von einem verwahrlosten Soldatenheim im ersten Weltkrieg zu einem gut gehenden Fremdenverkehrsuntemehmen ausgestaltet. Hing er nun nach eigenem Geständnis sehr an diesem Besitz und Unternehmen, so drängte ihn doch noch mehr die Erfüllung seines Planes um die Hofmusikkapelle und das damit verbundene Sän gerknabeninstitut. Dabei kam ihm ein unerwarteter Glücksfall zu Hilfe. Ein ernsthaft interessierter Neu reicher jener für Finanzspekulationen günstigen Kon junkturzeit kaufte ihm um 350.000 Schilling den Besitz ab.'") So wurden denn nach der Neugründung der Hof musikkapelle am 1. Jänner 1924 für den 24. Mai die ersten Aufnahmsprüfungen ausgeschrieben, „die zwölf Knaben mit Stimmen und einer Musikalität zuführten, wie sie in den folgenden fünfundzwanzig Jahren nicht mehr in einem Chor vereint gefunden werden konn ten". Sorge um den materiellen Fortbestand, da in den Inflations- und dann in den Sanierungsjahren die Zin seneinnahmen ständig sanken und somit das Kapital angegriffen werden mußte, und merkwürdigerweise die glückliche Idee einer „Kinderoper" führten ab 1926 zum Auftritt in der Öffentlichkeit in Österreich, Deutschland und über Europa hinaus und damit zur finanziellen und wirtschaftlichen Sicherung des „bald aus den jeweils zehn Hofsängerknaben der habsburgischen Burgkapelle auf hundert internationale Ge sangsspezialisten" angewachsenen Institutes. Daß sich 27
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