Beiträge Nr.1 zur Wiener Diözesangesdiidite BE I LAQE DES WI ENER DIÖZESANBLXtTEs Wien, 1. Jänner 1961 3. Jahrgang Inhalt: i. Als Geleit zum II. Jahrgang. — 2. Pfarrer Oohann Baptist Weber, Sparkassa-Gründer. — 3. Disser tationen mit Themen zur Wiener Diözesangeschichte. — 4. Regesten des alten fürsterzbischöflichen Alumhates auf dem Stephansplatz. I. Als Geleit zum 11. Jahrgang „Die Unmenge der auch auf kirchengeschicht lichem Gebiet bis heute vorliegenden Quellen darf nicht über den Tatbestand hinwegtäuschen, daß die Quellenarbeit keineswegs abgeschlossen ist. Biblio theken und Archive bergen eine Fülle von unbe kanntem Material, das noch gewonnen werden kann. In Klöstern, Pfarrhäusern und sonstwo liegen noch viele Dokumente, von deren Bedeutung oder gar auch Existenz vielleicht niemand etwas weiß und die bis jetzt zu einem Staubfängerdasein verurteilt sind. Dazu kommt die von den Historikern immer wieder mit voller Berechtigung betonte Misere, daß unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs nur verhältnis mäßig Wenige Fähigkeit und Interesse haben, sich mit der uneigennützigen und aufopferungsvollen Quellen arbeit zu befassen. Und wenn nicht alles trügt, sind die Aussichten wenigstens für die nächste Zukunft nicht gerade rosig. Hier ist dringendst eine Besinnung notwendig, und ich wage sogar zu behaupten, daß sowohl Niveau wie Fortschritt in der Geschichts wissenschaft in allererster Linie von der Quellen- und Tatsachenforschung abhängt. Neben der eigentlichen Quellenforschung gilt es, den Tatbestand durch Einzeluntersuchungen zu ver mehren und zu ergänzen. Sicher ist, daß manche Seiten des kirchlichen Lebens und viele Bereiche der kirch lichen Wirksamkeit noch nicht oder noch nicht in er schöpfender Weise wissenschaftlich erfaßt worden sind, zum Beispiel das Gebiet der kirchlichen Lokalund Landesgeschichte, deren Erhellung heute mit allem Nachdruck betrieben wird. Die Ergebnisse solcher Einzelforschungen ermöglichen den Fort schritt der allgemeinen Kirchengeschichte und runden das Bild immer mehr ab. Einzeluntersuchungen können und sollen aber auch alte Ansichten revidieren und so nach der Devise der plena veritas dem objektiven Tatbestand eines Ereignisses oder ganzer Perioden möglichst nahe kommen". Gundolf Gieraths O. P., „Kirche in der Geschichte", Essen 1959, S. 40. 2. Pfarrer Johann Baptist Weber, Sparkassa-Grtinder^^ Dr. Franz Lo1 d 1 Sind auch bei diesem Priesterleben die ersten Daten spärlich, so ist der spätere Lebensabschnitt umso tatenreicher und sind einzelne Werke als der Zeit vorauseilend zu bezeichnen. Am 21. Jänner 1786 in Wien geboren, absolvierte J. B. Weber als Zögling des f. e. Alumnates am Stephansplatz seine theologischen Studien an der hiesigen alten Universität „mit erster Klasse in den meisten, mit Vorzug in den wichtigsten Fächern". War schon als Diakon in der Pfarre Franz Schuberts, in Liechtental (Wien IX.), verwendet, wurde am 27. De zember 1807 zum Priester geweiht, primizierte am Neujahrstag 1808 in obgenannter Pfarre und blieb nun als Kooperator daselbst fast drei Jahre lang. Kam dann 1811 als Kuratbenefiziat nach St. Peter (Wien I.), wo er fünf Jahre und acht Monate als Katechet an der Hauptschule auf dem Bauernmarkt und am Erzie hungsinstitut Professors Pleban tätig war. Wurde am 25. Februar 1816 auf die (Haupt-)Pfarre St. Leopold (Wien II.) investiert und fand hier in den folgenden vierzehn Jahren den Höhepunkt seiner eifrigen und mehrseitigen Wirksamkeit. Die Pfarr chronik führt eine ganze Liste von Leistungen an: angefangen von der vollständigen Renovierung des Gotteshauses aus Anlaß des lOOjährigen Bestands jubiläums des von Anton Ospel aufgeführten Sakral baues im Jahr 1824, der Erneuerung der kupfernen Turmbedachung samt der Laterne, der Neuanschaffung von schönen Paramenten (auf Kosten des Pfarrers) bis zu den kleinsten Einrichtungsgegenständen und litur gischen Gerätschaften, Eine ändere Jahrhundertfeier wurde 1827 begangen zur Erinnerung an die würdige Aufstellung des Marienbildes „Trösterin der Betrübten" auf dem Hochaltar. Bedeutender war noch der religiöse und seelsorgliche Aufschwung, den die Gemeinde unter Pfarrer Weber nahm. Vor allem wurde seine Wirksamkeit jedoch auf sozial-karitativem Gebiete entscheidend. Sein Nach folger (bis 1848), der spätere Pfarrer von Hadres, Anton Wiesinger, „erlaubte sich" in der Chronik in allge meinen Umrissen dessen Persönlichkeit und Werk so zu charakterisieren: „Weber war ein Mann von feinem Ton und einnehmendem Wesen, ausgestattet mit sel tenem Unternehmungsgeist, daher sein ausgebreitetes Wirken in Erbauung der Hauptschule, Grundlegung des Grundarmenhauses und Einführung der Sparkasse". Gerade durch das letztgenannte Werk hat PfarreiWeber wahrhaftig ins öffentliche Leben eingegriffen und an der Schaffung einer bis heute bestehenden segensreichen Einrichtung mitgewirkt; und dies sogar nur ein Jahr nach der Geburt des durch Begründung und Aufbau des ländlichen Genossenschaftswesens, vor allem aber,der Spar- und Darlehenskassenvereine später so populären Deutschen Friedrich Wilhelm Raiffeisen ®).
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