55. Pfarrverweser P. Benedikt (Karl) Kluge, OCist.: verdienter Pestforscher Niederösterreichs Dr. Franz Loidl Die Daten dieses denkbar einfach abgelaufenen Lebens sind bald aufgezählt. Geboren am 7. Jänner 1826 zu Ziserwitz (damals Preußisch-Schlesien), stu dierte Kluge in Breslau und Olmütz, war erst bei den Redemptoristen (Kleriker?) und trat dann in das damals noch autonome Zisterzienserstift Neukloster in Wiener Neustadt ein, legte am 13. März 1859 die feier liche Profeß ab und empfing am 22. Mai d. J. die Priesterweihe. War von 1859 bis 1882 als Religions professor am Stiftsgymnasium daselbst tätig, das 1804 über Bitten des Abtes Anton Wohlfahrt von Kaiser Franz II. (I.) erlaubt worden war, in den 70er-Jahren jedoch säkularisiert wurde und im heutigen Gym nasium fortlebt und stand auch schon als Novizen meister in Verwendung. Die Professoren stellten die Zisterzienserstifte Zwettl, Lilienfeld, Heiligenkreuz und eben auch Neukloster bei. 1882 übernahm Kluge die dem Stifte Heiligenkreuz inkorporierte und der hl. Anna geweihte Pfarre Würflach am Steinfeld (damals Dekanat Neustadt, derzeit Neunkirc^en) und pastorierte die etwas mehr als 780 Köpfe zählende Ge meinde so trefflich, daß er bis heute in gutem An gedenken verblieben ist^). Leider verstarb er schon nach zehn Jahren am 22. Juli 1892 in Würfladi, 66 Jah re alt und 33 Jahre Priester und Ordensmann. Kluge verwendete seine Mußestunden mit Vorliebe für geschichtlich-literarische Arbeiten, für die Kanzel beredsamkeit sowie für die katholisch-konservative Tagesliteratur, heißt es in „Xenia Bernardina^), wo auch einiges, allerdings nicht immer genau, erwähnt wird'''). Selbst Archivar, interessierte er sich natürlich vor allem für die Geschichte seines Klosters und des sen Umgebung und Einflußsphäre, wie mehrere Ar tikel erweisen'). Von seinem Beitrag zum Kopallik'schen Regestenwerk wurde schon gesprochen"). Angeregt durch den Artikel Joseph Kopalliks: Die Reise des Papstes Pius VI. nach Wien und dessen Aufenthalt da selbst vor hundert Jahren®), steuerte er sogleich zwei Aufsätze aus Aufzeichnungen des Stiftes Neukloster u. a. bei''). Ein Hauptverdienst jedoch, und deswegen inter essiert er hier, erwarb sich Kluge durch seine An regung „zur Anlegung einer Chronik der Pestperioden in der Erzdiözese Wien"®). Neben dem Krieg und oft mals in dessen Gefolge haben die Geschichte und die Erfahrung Pest und Hungersnot als nahe verwandte „Heimsuchungen", als die schwersten Strafen Gottes bezeichnet, heißt es nun in seiner Begründung hiefür. Uberaus häufig seien Wien und Niederösterreich da durch verheert, zuweilen beinahe entvölkert worden, wie durch die Spezialgeschichten der wenigen Städte und Dörfer, die sich einer solchen erfreuten, hinläng lich dargetan oder durch viele Sagen, Orts- und Flur namen angedeutet erscheine. Leider fehle es noch an einer Geschichte der Pest in Nö., somit der Erzdiözese Wien. Bruchstücke einer solchen Geschichte seien aber zahlreich, wenn auch zerstreut vorhanden. Diese zu sammeln und zu ordnen, sollte nicht länger aufge schoben werden. Mit vereinten Kräften wäre auch dieses Werk leicht zu vollführen; und dies umso mehr, weil bereits eine mustergültige Vorarbeit für die Steiermark von Dr. Richard Peinlich (Graz 1876) vorliege. An Material mangle es keineswegs. Nicht gebührend verwertet, weil noch ungehoben, seien die Notizen in den Gedenkbüchern und Sterberegistem der meisten Pfarreien. Wichtig und zuverlässiger seien jedoch noch liturgische Gepflogenheiten und kirchliche Traditionen. Auch die Erbauung von Kirchen und Ka pellen zu Ehren eines der hl. Fürbitter (Sebastian, Ro chus, Josef, Antonius v. Padua, Rosalia, Ignatius u. a.) falle immer in die Zeit einer solchen Pestnot oder auch als Nachwirkung, etwa als Gelübde; das gleiche gelte von der Aufstellung von Bildern, Statuen, sog. Pestkreuzen. Beachtung verdienten auch die Bruder schaften, die wohl unter Joseph II. aufgelöst worden seien, deren Andenken aber noch nicht erloschen sei. Auch Prozessionen und Wallfahrten böten Aufschlüsse usw. Ab 1884 begann nun Kluge seine Gedanken und sein Vorhaben zu realisieren, d. h. laufend seine For schungsergebnisse unter dem Titel „Aphorismen zu einer Pestchronik der Erzdiözese Wien" im WDBl. zu veröffentlichen. Nach einer Einleitung und einem all gemeinen historischen Überblick über die verschie denen Pestseuchen®) schildert er nun der Reihe nach diese schretkenvolle Heimsuchung und deren mensch liche und religiöse Auswirkung im alten Wien^®), in den Dekanaten (alter Einteilung) Baden^^), Fischamend^'^), Hainburg'^®), Hütteldorf^"'), Kirchschlag am Wechsel (ehemals Salzburger Dekanate Kirchschlag und St. Laurenzen)^®), Klostemeuburg^®), in den Pfarren südlich von Wien'^"') und wiederum in den Dekanaten Neunkirchen^®) und Wiener Neustadt^®). Zwar heißt es dann noch; Fortsetzung folgt, es kam jedoch nicht mehr dazu, da das Gesamt-Elaborat der Geschichte der Pest in Nö. mit andei-en Manuskripten beim Brand des Pfarrhauses in Würflach am 11. Juli 1889 ein Opfer der großen Feuersbrunst wurde'^). Drei Jahre darauf, ebenfalls im Juli, nahm wie oben vermerkt der Tod dem Autor für immer die Feder aus der Hand. Wie aktuell aber die Behandlung der Seuchengeschichte war, zeigt der Umstand, daß im selben Jahr noch um Abwendung der Cholera gebetet werden mußte, wozu das f. e. Ordinariat in Wien die Gläubigen der ganzen Erzdiözese aufrieft), glücklicherweise jedoch schon bald wieder die Einstellung zu verordnen vermochte^'^). Quellen u. Lit.: Eoa, Personaltabelle VII, 319 f; Personalstand der Wiener Erzdiözese; Wiener Diözesanblatt 1882, 12; 1892, 180; Topogr. NÖ. Ilb 275 a; Xenia Bernardina, Beiträge zur Geschichte der CistercienserStifte, pars III, Wien 1891, pag. 134 f.; Studien u. Mit teilungen aus dem Benedictiner- u. CistercienserOrden, 13. Jg. (1892), Heft 3/450; freundl. Mitteilungen von P. Hermann Watzl, OCist., Heiligenkreuz, Pfrv. P. Bertrand Bauer OCist,, Würflach, Dr. P. Heinrich Alois Mayer, OCist., Heiligenkreuz (Auf immerwährende Zeiten. Die Vereinigung des Stiftes Neukloster in Wie ner Neustadt mit dem Stifte Heiligenkreuz im Jahre 1881, Heiligenkreuz—Wien 1966, S. 122). Anm.: ^) Mitteilung: P. Bertrand Bauer v. 20. I. 1964, P. Heinrich Mayer v. 14. XII. 1965. — ^) pag. 134. — ®) Ebda. pag. 134 f. — '*) Der Flügelaltar in der Abtei kirche des Cistercienser-Stiftes zu Wiener Neustadt (mit 2 Tafeln), in: Mitteilungen der K. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenk11
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