wie z. B. die diristliche Ehe, die christlidie Schule usw. muß diese gemeinsame Basis gesucht werden. Und solche allgemeine, alle Katholiken berührende Dinge müssen vom Klubzwange aüsgesdialtet werden. Gut katholisch, das sei die Devise für unsere Fahnen, die die Vertrauensmänner der katholischen Organi sationen stets entfalten müssen. Damit übernehmen und erfüllen wir dann die Mission des großen Re generators unseres öffentlichen Lebens, des unvergeß lichen Dr. Karl Lueger, an dessen Andenken wir heute am Feste des hl. Karl Borromäus erinnert werden, und dem es leider nicht mehr gegönnt war, sein Werk bis zur vollen Vertiefung zu bringen. Da höre ich, da kommt ja der Klerus ans Ruder! Meine Herren, wenn die Sache selbst gut ist, liegt eigentlich wenig daran, wer für sie eintritt. Wenn der Klerus die Fahne der wahren Volksaufklärung voranträgt, warum soll man dann vor dem Klerus Furcht haben? Die Furcht vor dem Klerus bringt die katholikenfeindliche Richtung stets zur Sprache, wenn ihr Gefahr droht, und führt damit selbst in unserer fortgeschrittenen Zeit gar manche irre. Warum Furcht vor dem Klerus, wenn er auf Grund der ewigen Wahrheiten das zeit liche Wohl dem Volke anbahnt und vermitteln will? Ist er nicht ein Kind dieses Volkes? Und darum ebenso berechtigt wie andere, seine Fähigkeiten in den Dienst der großen Sache zu stellen! Hat er nicht stete Fühlung mit dem katholischen Volke und weiß er nicht mehr wie jeder andere, was demselben not tut? Oder sollte das ein Anlaß sein, daß er durch seine Bildung und seine Stellung sich mit dem Studium dessen befassen kann, , was dem katholischen Volke zum Heile dient, daß er deswegen ausgeschaltet,wer den müsse. — Nein! Der katholische Bischof, der ka tholische Klerus, wird stets mit dem katholischen Volke sein und, wenn sie auch verleumdet und ver folgt werden, werden sie nie aufhören, für das Volk zu beten und zu arbeiten. Aber es muß auch der katholische Laie sich aufraffen und den Priester schüt zen und verteidigen. Es muß die Intelligenz sich wie der in die Reihen der katholischen Aktion stellen und ihrem katholischen Namen auch öffentlich Ehre zu machen suchen. Dann werden sie in Österreich ein gesundes öffentliches Leben herbeiführen helfen^")." Und von gleicher Klarheit, Präzision und Festig keit zeugt auch seine Erklärung im n. ö. Landtag an läßlich der Debatte über die Einschränkung der Feier tage am 27. Februar 1912, die er als Mitglied des Hohen Hauses spontan abgeben mußte, weil sie unvor hergesehen aufgerollt und seine Stellungnahme sofort erwartet wurde. Darin erläutert er Absicht und Inhalt des Motu Proprio Pius' X.'") und weist vom kirch lichen Standpunkt aus seine Anwendung und Ausle gung für die Zeitverhältnisse nach etc. Als aktuelle und ansprechende Sätze und Gedanken seien heraus gehoben: Im Laufe der Zeit sind wir so weit gekom men, daß infolge der Entwicklung der Industrie gar viele von den Feiertagen nicht mehr gehalten werden konnten. Der Hl. Vater sagt — das ist ein bemerkens wertes Motiv — daß er wegen der Teuerung nach denken müsse, ob nicht Wandel vom kirchlichen Stand punkte aus geschaffen werden muß, und ich denke mir die logische Denkweise so: Die Sachen sind teuer, weil sie selten sind, und einer solchen Teuerung kann man nur dann abhelfen, wenn man die Sachen vervielfältigt und infolgedessen die Feiertage zu Ar beitstagen macht, weil dadurch mehr Konsumgüter geschaffen werden ...Schafft nun der Hl. Vater da durch die Feiertage ab? Nicht im mindesten, sondern er sagt selbst, daß den Feierlichkeiten nichts genom men werden soll und daß sie so gehalten werden sollen wie früher. Nur das eine will er zur Erleichte rung des Gewissens der Armen, die arbeiten müssen, und aller jener, die vielleicht befehlen, daß andere arbeiten sollen, daß an diesen Tagen die Arbeit nicht unter sdiwerer Sünde verboten und der Meßbesuch nicht unter schwerer Sünde geboten ist...Die Feier tage bleiben. Nur wenn einer arbeiten muß und die Messe nicht hört, soll er keine schwere Sünde haben, und das ist die großartige, liebevolle Fürsorge der Kirche für den Armen. Neben dem, daß er ohnehin gezwungen ist, schwer körperlich zu arbeiten, würde ihm noch das geistige Joch einer schweren Sünde aufgelegt werden. Wenn die Kirche dies erleichtert, hat sie wirklich gut getan. Was wollen also diejenigen eigentlich, die gegen die kirchliche Erklärung ankämp fen wollen? Ich spreche nicht vom wirtschaftlichen Standpunkte, denn über diesen haben die Herren hier schon viel gesprochen. Würde das christliche Wirt schaftssystem herrschen, würde der Arbeiter seinen Lohn für die ganze Woche bekommen, ob sie einen Feiertag enthält oder nicht, dann würde der Arbeiter nicht gezwungen werden, an den Feiertagen zu ar beiten. Wollen Sie nun die Feiertage beibehalten, wie sie Pius X. will, daß Sie Pflichten nicht haben, sondern nur Erleichterungen? Er zwingt niemand, seinen Ar beitsvertrag zu ändern, zwingt keinen Lehrer, die Schule zu besuchen, und macht keine Vakanz unmög lich. Der kirchliche Feiertag als solcher wird bleiben. Wollen Sie das, dann stehen Sie auf dem Standpunkte des Motu Proprio! Natürlich, wenn Sie die Feiertage in dem Sinne auffassen,wie sie oft genommen werden, daß man einen Feiertag deshalb als Feiertag fest hält, um an ihm zu arbeiten und dann auf Grund des Feiertages um 50 Prozent mehr bezahlt zu erhalten, dazu kann sich die Kirche nicht als Feigenblatt her geben Wenn Sie mit mir wollen, daß es gelingt, dem armen Arbeiter Gelegenheit zu geben, an diesen Tagen auch seelisch auszuruhen wie körperlich, wäre ich Ihnen von ganzem Herzen dankbar...Ich habe hier so gesprochen, vom kirchlichen Standpunkte sine ira et studio, damit die Herren wissen, worum es sich handelt, darum, daß unsere guten armen Ar beiter, für deren Seelen ich jeden Tag bete, nicht dazu kommen, ihre Seele zu belasten, sondern daß sie die nötige Kraft haben, für ihre Seele zu sorgen, daß sie von dem schweren Joch befreit werden, an Feiertagen arbeiten zu müssen mit dem Bewußtsein, die Feier tagsruhe zu brechen und den Feiertag nicht zu halten^^)." Gleich männlich zäh und organisatorisch tüchtig verhielt sich Kardinal Nagl auch im damals die Ka tholiken in zwei Lager spaltenden Literaturstreit^^) und bei den bis an die römische Kurie reichenden Quertreibereien des reichsdeutschen Religionslehrers und Kirchenrektors von St. Ruprecht (Wien I), Anton Mauß, der als Integralist übelsten Ausmaßes in seinem „Katholischen Sonntagsblatt" einen Extrakatholizis mus predigte und in seiner Modemistenschnüffelei nicht wenige verdächtigen zu müssen glaubte und vor sein privates Ketzergericht zog^®); desgleichen in den heftigen Fehden zwischen dem Integralisten Anton Orel und dem Arbeiterführer Leopold Kunschak, bzw. zwischen deren Jugendverbänden im Jahre 1910 und darauf, ein ärgerlicher Streit, der ebenfalls einen Ein griff Roms nötig erscheinen ließ, wozu es jedoch glücklicherweise nicht kam"**'). Der Glanzpunkt seines Wirkens und für immer mit seinem Namen verknüpft ist und bleibt der XXIII. internationale Eucharistische Kongreß vom 12. bis 15. September 1912 in Wien, der ohne Kardinal Nagl nicht das geworden wäre, was alles an ihm bewundert wurde: eine grandiose Manifestation des katholischen Glaubens, wie sie über Wien hinaus Österreich und die ganze Donaumonarchie weder vor her noch nachher erlebte, ja ein Weltfronleichnam, leider aber, aus der späteren Nachkriegszeit gesehen, der feierliche religiöse Abgesang einer großen
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