ster die Sehnsucht regen, wenn doch ihm, der so oft predigen muß, auch jemand speziell für seine Seele predigen möchte, er hat das Gefühl eines geistigen Hungers, wenn er andern das Brot des Glaubens reicht. Das alles vermag ihm eine Kongregation zu bieten; diese soll Stütze sein für das geistliche Leben und sonst nichts. Da kann der einzeln stehende Priester Schutz und Halt finden vor den großen seelischen Gefahren der Zeit: gegenüber der Verflachung des Geistes vertieftes Seelenleben, gegen Gleichgültigkeit und Mutlosigkeit den Apostelgeist, gegen zersetzende Kritiksucht das ,sentire cum ecclesia' als ein Haupt gesetz des Sodalen, gegen die alles umspinnende Sittenlosigkeit den besonderen Schutz der Immaculata, der unentweihten Regina sacerdotum. Fortschritt auf dem Wege zur priesterlichen Heiligkeit und großer Seelen eifer in den einzelnen Mitgliedern wird der unschätz bare Ertrag einer solchen Vereinigung sein. Gerade auf diesem Wege kann eine Reform des Klerus von innen heraus angebahnt werden, die nachhaltiger wirkl als bloß äußerliche Verfügungen es vermögen. (Schon haben sich in unserer Diözese schöne Ansätze gebildet, deren Entwicklung nur freudig begrüßt werden kann")"®). Die natürliche Vorstufe für künftige Priesterkon gregationen und zugleich die Bürgschaft für deren Bestand, heißt es weiter, werden aber die Theologen kongregationen bilden. In der Stille des Seminars solle nicht nur die Liebe zur Mutter des Herrn immer festere Wurzeln in den Seelen der Kandidaten schlagen, son dern diese sollen auch vom lebendigen Geist dieser Organisation erfaßt werden, die dann aus ihrer Fülle heraus anderen Kongregationen Leben und Recht spenden können^-"). Wie sehr ihn als guten Hirten die Sorge um den Priesternachwuchs beschäftigte und bedrückte, bezeu gen seine Ansprachen an die Alumnen beim Anlaß der Statutenverlesung am Beginn des neuen Arbeits und Studienjahres, öfter bedeutete er — der innige Marienverehrer — ihnen, daß die Perlen des Rosen kranzes täglich durch die Finger des Priesters rollen. Und noch am 29. Jänner 1913, einige Tage vor seinem Tode, ließ er von seinem Sterbelager aus den Semi naren melden, er habe die hl. Kommunion dieses Tages für sie in der Meinung aufgeopfert, daß sie alle Prie ster nach dem Vorbild des hl. Franz v. Sales werden mögen^"). Für immer aber ist mit Nagls Namen das neue Alumnat in Wien IX, Boltzmanngasse 9, verbunden, das durch Adaptierung des alten Waisenhauses und durch Errichtung eines neuen Zubaues geschaffen wurde. Im alten Curhaus am Stephansplatz reichten die Räumlichkeiten nicht mehr aus, so daß zwölf Alumnen außerhalb des Seminars, acht bei den Kapu zinern auf dem Neuen Markt und vier Wiener bei ihren Eltern in der Stadt untergebracht werden mußten. Auch wurde das Fehlen eines Gartens oder Parkes immer bitterer empfunden^^-). Solche Zustände waren auf die Dauer unhaltbar. Nagl griff nun das Projekt seines Vorgängers mit Feuereifer auf. Sein Aufruf am Feste des hl. Landespatrons Leopold im Jahre 1912 spricht dies deutlichst aus und sei ausführlich, weil für ihn und sein Werben charakteristisch, vorgelegt: „Eine Freudenbotschaft kann ich heute dem hoch würdigen Diözesanklerus und dem gläubigen Volke verkünden. Das f. e. Alumnat wird im kommenden Jahr ein neues Heim beziehen. Was so viele schon herbeigesehnt, die im alten Alumnatsgebäude die Zeit ihrer Studien verbrachten, jetzt kommt es zur Ausführung; was im alten Hause vermißt wurde, ein Garten, lichte gemeinsame Räume, das wird im neuen Heim geboten sein; das Heiligtum des Hauses, die Kapelle, die im Schatten von St. Ste phan nur im obersten Stockwerke möglich war, sie wird sich im neuen Heim als öffentliche Kirche (Sta. Maria de Mercede) ^^') im Zentrum des Gebäudekom plexes an der Straßenfront (Boltzmanngasse) befinden und so auch schon die große Bedeutung der neuen Pflanzstätte für die Stadt und Erzdiözese bekunden. Die große Waisenhausrealität mit der schönen Kirche ist nämlich angekauft worden, um den lang gehegten Wunsch des hochw. Klerus verwirklichen zu können; es muß aber noch vieles adaptiert und noch mehr neu zugebaut werden, damit den einzelnen Alumnen entsprechende Wohnräume geboten sowie auch die Zahl der Alumnen vermehrt und so dem gläubigen Volke die Priester zur Verfügung gestellt werden können, die es so sehnlichst verlangt, die aber bis jetzt wegen Mangel an geeigneten Unterkunfts räumen nicht herangebildet werden konnten. Der Ankauf und die Adaptierungen verlangen aber große Opfer und große Summen von Kronen, welche wir mit der Hilfe Gottes erst aufbringen müssen. Wohl haben einzelne Priester sich schon bereit erklärt, die ses Alumnatsbaues zu gedenken und dem Oberhirten zu eigenen Händen Summen zum geeigneten Gebrauche zur Verfügung zu stellen, aber wir müssen zur Aus zahlung Darlehen in der Höhe von anderthalb Millio nen und darüber aufnehmen und dieselben verzinsen und amortisieren. Diese Aktion verlangt einen geord neten Finanzplan, zu dessen Realisierung ich nun den hochw. Klerus und das gläubige Volk dringendst ein lade und um dessen Verwirklichung ich bitte. Es gibt nun für uns Wiener Erzdiözesanen für die nächste Zeit kein wichtigeres Werk, als das Werk des großen Seminars und all die Empfehlungen, die ande ren Werken zuteil wurden, sie gelten in erster Linie in viel höherem Maße dem Werke des großen Seminars, der Heranbildung des Priesterstandes. Die geplante Finanzierung anderer erspießlicher Unternehmungen soll uns nicht abhalten, hauptsäch lich ja an erster Stelle an unser gemeinsames Werk zu denken. Regelmäßig sollen von nun an die Beiträge der einzelnen Personen, Körperschaften und Kirchen laden für die Zwecke des Alumnates dem Ordinariate zugesendet werden, in jeder Kirche soll wie beim Eucharistischen Kongreß an leicht zugänglicher Stelle ein Opferstock für das Priesterseminar gekennzeichnet werden. Aber auch sonst sollen die Gaben fließen. Wer viel hat, gebe viel, wer wenig hat, dem wird der Lohn der Witwe reichlich zuteU werden; wer schnell gibt, gibt doppelt, sagt das Sprichwort und es ist besser, die guten Werke im Leben zu verrichten und sie voraus zusenden, als sie für den Todesfall aufzubewahren; aber auch im Todesfalle wird die Gabe für die Kandi daten des Priestertums reichliche Frucht tragen und bleibenden, immer zu vermehrenden Lohn allen Wohl tätern bringen, solange das neue Seminar Priester kandidaten beherbergen wird. Ja es ist eines jeden Erzdiözesanen, Priester sowohl als Laien, der es ver mag und dem es leicht ankommt, Ehrenpflicht, an diesem Werke sich zu beteiligen und es dem Ordinarius durch Zusicherung eines jährlichen Beitrages, solange es tunlich erscheint, möglich zu machen, den Bedürf nissen der großen Erzdiözese gerecht zu werden. Auch da gilt: Einer für alle und alle für einen! Es wird einen besonders guten Eindruck machen, wenn verzeichnet werden kann, wie die einzelnen Pfar ren im edlen Wettstreit reichliche Gaben für diesen so wichtigen Zweck beigetragen haben. Aber auch des Gebetes dürfen wir nicht vergessen, denn das Gebet des Gerechten erhört der Herr, des Gebetes um gute Priester, wie der Herr es befohlen: ,Bittet den Herrn der Ernte daß er Arbeiter in seine Ernte sende', und des Gebetes für die Wohltäter*, welche 37
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