Beiträge zur Wiener Diözesangesdiidite BE I LAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr. 9 {September 1966) 104. Jahrgang Nr. 5 Wien, am 1. September 1966 7.Jahrgang Inhalt: 44. Die Sammlung Religiöse Volkskunst mit der alten Klosterapotheke im ehemaligen Wiener Ursulinenkloster. — 45. Kardinal Franx Xaver Nagl, Fürsterzbischof von Wien (1911/1913). II. Seine Be rufung als Erzbischof-Koadjutor von Wien und seine Erhebung zum Fürsterzbischof (1910/1911)(Fort setzung). —• 46. Weitere Mitarbeiter am Kopallik'schen Regestenwerk (Schluß). — 47. Regesten des Taubstummen-Instituts in Wien. 44. Die Sammlung Religiöse Volkskunst mit der alten Klosterapotheke im ehe maligen Wiener Ursulinenkloster Univ.-Prcf. Dr. Leopold Schmidt, Wien Am 18. Mai 1966 wurde in einem Teil des Zellen traktes des ehemaligen Wiener Ursulinenklosters (Wien I, Johannesgasse 8) eine Außenstelle des öster reichischen Museums für Volkskunde eröffnet. Diese kleine SpezialSammlung konnte in den dafür eigens adaptierten Räumen geschaffen werden, weil sich beim Umbau des an den Bund verkauften Klostergebäudes dort eine kleine alte Klosterapotheke vorfand, die denkmalschutzwürdig erachtet wurde. Einen sinnvol len Denkmalschutz konnte nach Ansicht des Bundesdenkmalamtes nur die Verwahrung der Apothekenein richtung an Ort und Stelle bedeuten. Diese ganze Ein richtung wurde dementsprechend einem Museum, das die Erhaltung und Pflege garantieren konnte, überant wortet. Das österreichische Museum für Volkskunde nahm diese Übereignung mit dem Hinweis an, daß sich eine wirklich sachliche Pflege nur im Rahmen einer Museumsabteilung würde durchführen lassen. Als In halt dieser Abteilung konnte von vornherein nur das Gebiet der religiösen Volkskunst namhaft gemacht werden. Hatte sich doch in der Apotheke ein vorzüg liches Bild von „Christus als Apotheker" aus der Mitte des 18. Jahrhunderts gefunden, an dessen Bildinhalt sich darbietungsmäßig am ehesten anschließen ließ. Tatsächlich konnten die Räume (ein Raum vor, ein Raum hinter der Apotheke, und ein langer Gang da neben) baulich so gestaltet werden, daß sich ein der artiges Vorhaben auch vom Standpunkt der Sammlung, das heißt, der vorhandenen Bestände des Museums, aus gesehen, verantworten ließ. Das mehr als siebzig Jahre alte Museum in der Laudongasse (Wien VIII) verfügt über einen reichen Schatz von Volkskunstwerken ge rade auf dem Gebiet der Volksfrömmigkeit und des Walifahrtswesens. Von diesen bedeutenden Beständen an Kleinplastik, Hinterglasmalerei, Andachtsbildgra phik usw. kann in der normalen Schausammlung des alten Gartenpalais Schönborn immer nur ein geringer Teil gezeigt werden. Daher wurden nun die deponier ten Objekte auf eine eventuelle in Gruppen gegliederte Aufsteilungsmöglichkeit hin gemustert, zum Teil auch restauriert, und es ergaben sich folgende Möglichkei ten: Der erste Raum konnte der Christusverehrung ge widmet werden. Von den Darstellungen der Geburt und der Kindheit Christi an bis zu den symbolischen Darstellungen ergaben sich bezeichnende Stücke. Die beleuchteten Standvitrinen beispielsweise konnten für Figuren und Gruppen aus Weihnachts- und Fasten krippen ebenso wie für Lebzelten- und Buttermodel verwendet werden. In die Durchbruchvitrinen kamen Darstellungen der Geburt und Kindheit Christi, mit einer kleinen Christkindwiege, einer Darstellung der Flucht nach Ägypten usw. Die Hängevitrinen wurden mit Reliefs und Hinterglasbildem ausgestattet, wobei auf Gruppen wie Christus als Guter Hirte und Darstel lungen der Hl. Drei Könige besonderer Wert gelegt wurde. Sonst weisen die Wände vor allem einige grö ßere Gnadenbildkopien, zumeist von verschollenen Wiener Gnadenbildern der Barockzeit auf. Ein großer „Geistlicher Jahrmarkt", ein aus Lienz stammendes Ölgemälde des frühen 18. Jahrhunderts, leitet zum „Christus als Apotheker" über. Dessen großes Bild dominiert nun wie gesagt mit ten in der Apotheke und erweist diese schlichte, von guten Wiener Handwerkern einst geschaffene Heil mittelstelle eben als nicht nur den leiblichen, sondern auch den seelischen Leiden aufgeschlossen. Der Sinn der angewandten Medizin und Pharmazie kommt auch in dem zweiten bedeutenden barocken Bild in der Apo theke, der Darstellung des an der Geißelsäule gestürz ten Christus mit dem völlig zerfleischten Rücken stark zum Ausdruck. Das dritte alte Bild in der Apotheke, ein Votivbild von Klein-Mariataferl, leitet zum zweiten Raum über, der nun der Mariendevotion gewidmet ist. Hier stehen in den beleuchteten Standvitrinen vor allem kleine Devotionalkopien von bekannteren und unbekannteren Gnadenbildern. Die Gruppe der von Salzburger Hafnern zu Ende des 17. Jahrhunderts ge schaffenen Tonplastiken ei-weist sich als besonders eindrucksvoll. Eine eigene Durchbruchvitrine ist der Wallfahrt nach Mariazell gewidmet, eine kleine Aus wahl von Devotionalkopien des Gnadenbildes und anderer Wallfahrtsmitbringsel zeigen die Fülle dieses alten volksmäßigen Bildwesens auf. Auch in diesem Raum hängen an den Wänden wieder vor allem Devo tionalkopien von mehr oder minder verschollenen Gna denbildern, beispielweise eine sehr schöne von der einst in Wien verehrten „Maria als Braut des Hl. Geistes". Der Gang konnte schließlich mit einer beträchtli chen Zahl von eingestemmten wie von Durchbruch33
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