Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

mit besonderer Vorliebe der Beleuchtung und Schmükkung des St. Petrusaltares an, wofür am 17. März 1314 Albrecht ob der Zeyrich, Landschreiber in Steier, zu Ehren des von ihm verehrten Blutzeugen Klement, dessen Reliquien in diesem Altare versenkt waren, für die Seelenruhe seiner Vorfahren einen Weinberg in Luttenberg gestiftet hatte.-") Er gab zwei Jahre später der Cisterze, die 1305 von Herzog Rudolf III. für ihre Warentransporte Maut- und Zollfreiheit erhielt, ein Haus in Leoben.^^) Diese Verbundenheit beruht wohl darauf, daß die rührigen Cisterciensermönche ein Amt Silberberg mit einem Silberbergwerk auf der Anhöhe von Ubelbach gegen den Stübinggraben errichtet hatten.-'-') Abt Hertwig von Rein bestätigte am Frauen tag Schiedung, den 15. April 1348, den also aus reichen bürgerlichen Verhältnissen stammenden Brüdern Jo hannes und Markus Zeiriker ihre Widmung von 24 Pfund Einkünfte von dem kleinen Zeiriker Haus in Wien und Weingärten um Wien. Davon sollte u. a. so wohl der von den Brüdern geschmückte St. Petrus altar wie auch der St. Stephan Märtyrer-Altar im klösterlichen Siechhaus jährlich reichlich Wachs erhal ten. Der nach Wien zur Einhebung der Gülten rei sende Kapitular sollte auch Tuch kaufen, damit jedes Jahr am Tage Maria Schiedung je eine Hälfte der Herren jeder eine Kutte von Wienertuch weißer Schurwolle im Werte eines halben Pfundes Pfenninge erhalte. Dafür sollen sie den armen Leuten des klö sterlichen Hospitals die abgelegten Habite überlassen. Uns aber interessiert hier am meisten die Bestimmung, daß in der Apside, also im Hochaltarraum „in unser Frauenkapelle in Straßengel, welche die beiden Her ren getreulich geholfen haben zu bauen, ein ewiges Licht brennen soll".^''') Nach all dem Gesagten kann es keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, daß die Brüder Zeiriker auch den Bauplan von St. Stephan für die Errichtung eines gleichartigen Münsters nach Rein in Steiermark brachten. Die Bauzeit für das Marienmünster am Bergvor sprunge von Straßengel dauerte zwanzig Jahre. Davon entfallen nicht ganz neun Jahre auf die Errichtung der gotischen Hallenkirche von 1346 bis 1355 und elf Jahre auf den einzigartigen Turm von 1355 bis 1366. Uber den Fünfachtelschluß der linken Seitenapside ragt das Achteck des Turmgeschosses mit dem aus ringsherum angebrachten Fensteröffnungen durchbrochenen stei nernen Turmhelm. Die Apsis an der Ostseite der um ein Joch längeren, aber gleich hohen Mittel- oder Hochaltarapside bildet also das Fundament für den Straßenglerturm. Der Landeskonservator der Steier mark erklärt, daß diese Anordnung des Turmes ohne Beispiel dastehe.-"""') Für die Erbauer bot aber die ro manische Stiftskirche, über deren südliches Seiten schiff am zweiten Joche neben dem Hochaltarraum bereits Abt Bernhard nicht ganz ein Jahrhundert vor her einen gotischen Turm in Viereckform setzen ließ, einen analogen Fall dar.^") Diese, man möchte sagen für Rein typische Bauart stellt ein Mittelding zwischen einfachem Dachreiter ursprünglicher Bauweise der Cistercienser und eines auf eigenem Fundament er bauten Kirchturmes, wie sie der viereckige Unterbau des Riesenturmes von St. Stephan nach seinem Vor bild im vorderösterreichischen Freiburg im Breisgau aufweist, dar. In Straßengel aber setzte man einfachhin an den Fünfachtel-Abschluß der Seitenhalle, vom Eingang der Kirche aus gesehen, nach oben das Mauerwerk weiter zum Oktogon des Turmgeschosses und der durchbrochenen Steinpyramide, also genau das, was für das Freiburger Münster genial erfunden worden war.=") Dadurch aber, daß zum Unterschied von St. Stephan in Straßengel die Seitenhallen im Verhältnisse zum Mittelschiff schmäler sind, wirkt der aufgestockte Turm überaus schlank und zierlich. Einmalig in der Steiermark und erstmalig in Öster reich ist er als einziges Beispiel der reifen Zeit er halten geblieben."'®) Die Annahme,eines gleichen Baumeisters für Maria Straßengel wie für St. Stephan läßt sich nach genaue rer Untersuchung aller baulichen Details nicht aufrecht erhalten. Zweifellos aber diente der Plan von Wien dem Bauschema der Steiermark als Vorlage (siehe Anhang). Nachdem Abt Hertwig urkundlich den Anteil seiner Zeiriker Kapitularpriester an dem Entstehen des Marienmünsters hervorgehoben hatte, trug er seine Sorge um das gute Gelingen dieses Baues im Jahre 1348 dem Generalkapitel des Ordens in Citeaux vor. Er erhielt daraufhin vom Archiabt Johann IV. und allen Mitäbten einen Brief geistlicher Verbrüderung mit dem Cistercienserorden für alle Almosenspender zum Aufbau der neuen Kirche.''®) Munter ging es mit den Arbeiten in Straßengel voran. Als man Fenster höhe erreicht hatte, trat Stillstand ein. Die große Pest des Jahres 1349 entvölkerte Häuser und Gemeinschaf ten. Abt Hertwig wurde von ihr hinweggerafft, nach dem P. Markus bereits 1348 gestorben war. Doch der überlebende Bruder arbeitete unter dem neue Abte Siegfrid von Waldstein wieder unverdrossen weiter. Die Verwandten in Wien unterstützten ihn wieder. Am 28. Oktober 1349 vermachte Niklas der Ploder für eine ewige Meßstiftung in Straßengel im Falle seines Todes sein Haus in Wien auf dem Steig vom Roten Turm zur Stephanskirche und zwei Weingärten, einen in Kasgraben und den anderen bei Grinzing.''®) Es ist dieser Nikolaus aber nicht der Vater, sondern ein Bru der des P. Johannes von Rein, wie aus einer Urkunde von 1351, den Kauf dieser Objekte betreffend, hervor geht.*") Johannes kaufte auch 1354 von seinem Vetter Heinrich Zeiriker ebenfalls einen Weinberg zu Grinzing, den einst dessen Oheim und sein Vater Nikolaus Ploder der Ältere besessen.'*^) Im Jahre 1355 konnte dann der 1346 grundgelegte Bau von Bischof Udalrich III. von Seckau am Vortage von Maria Geburt feierlich in Gegenwart des Abtes und Konventes von Rein wie einer zahlreichen Schar Gläubiger konsekriert werden.^-"') Wahrscheinlich war am Vortag „in vigilia Natae Virginis" — nur der Beginn der Kon sekration, die am eigentlichen Festtage vollendet wurde. Die Hallenkirche stand also als kleines Schwe sterlein des Hallenchores von St. Stephan fertig. Der noch zu bauende Turm sollte, wenn auch Plannach bild, so doch Vorläufer für den Riesenturm in Wien werden. Denn auch hier wird wenigstens der Plan für den Stephansturm, der allerdings später begonnen wurde, vorgelegen sein. Hinsichtlich der Übernahme der Baupläne von St. Stephan für die Kirche und allen Anzeichen nach auch für den Kirchturm in Maria Straßengel findet sich sogar ein Mittelsmann aus der Verwandtschaft des Pater Johannes Zeiriker von Rein im Dienste der österreichischen Regierung. In der Widmung des Nik las Ploder vom 28. Oktober zu Wien für eine ewige Messe in der Straßengier Kirche im Falle seines Todes 19

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