Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Aushilfspriestcr nach Reindorf kam, sich aber dann als Seelsorger für die im Banat angelegte Kolonie ge flüchteter Tiroler meldete. Die anderen hatten die Ein ladung aus Krankheitsgiünden und auch aus Heimweh abgelehnt. Auch der durch kirchliche und staatliche Reverenzen empfohlene Stuefer nahm nur unter der Bedingung an, daß er eventuell wieder in die "Wiener Erzdiözese zurückkehren dürfe. Da er sich beim Reiseantritt ,,in der Verlegenheit befand, die Mittel nicht in Händen zu haben, hatte er sich doch während seiner kurzen Anstellung, als Kooperator nichts erübri gen können und auch nicht wie die anderen Tiroler Priester eine Pension genossen", erbat ihm der Erz bischof das Reisegeld. Desgleichen verhalf dieser 1814 dem 74jährigen Franziskaner (damals Feiertagspre diger im Wiener Konvent) Simeon Pult, auch ein treuer Anhänger Österreichs im großen Tiroler Frei heitskampf, die Ordens(=Auszeichnungs)pension außerhalb eines Klosters in seiner Geburtsprovinz „verzehren" zu dürfen; und dem aus Flaurling (Tirol) gebürtigen und 1806 zu Brixen geweihten Pfarrvikar von Preßbaum b. Wien Andreas Ennemoser, daß ihm seine Verdienste um die Verteidigung Tirols durch eine Unterstützung belohnt wurden. Genannter war dann Seelsorger in Edlitz und Altenmarkt und starb im April 1834 als Pfarrer zu Haßbach (Dekanat Kirch berg a. W.). Als prominentester Flüchtling weilte damals auch der Fürsterzbischof Hieronymus Graf v. Colloredo aus Salzburg in Wien,-'') seitdem er sich 1800 vor den Franzosen über Böhmen hieher in Sicherheit gebracht hatte. 1772 nach schwieriger Wahl durch den Wiener Hof auf den Bischofstuhl des hl. Rupert erhoben, war er ein ausgesprochener Vertreter des Josephinismus und als Autokrat wenig beliebt gewesen, hatte sich aber als Förderer des Schul-, Theater- und Musikwesens in der Mozartstadt verdient gemacht. Die Administration des Erzbistums führte seit der Säkularisation (1803) der letzte Bischof v. Chiemsee, den er bei-eits nach seiner Flucht als Statthalter des Erzstiftes eingesetzt hatte. Erwähnt sei, daß der 77jährige Kirchenfürst gleich nach dem Einmai'sch der Franzosen 1809 auf Befehl Napoleons als eine der sechs Geiseln nach Frankreich deportiert worden wäre, wenn ihn nicht hochgestellte Fürsprecher und die Erklärung, Wien nicht zu verlassen, davor gerettet hätten. Er starb 1812 achtzigjährig in seiner Geburtsstadt Wien und wurde im Stephansdom beigesetzt. Hauptsächliche Quellen und Literatur: Archiv der Erzdiözese Wien, loc.: Bistumsgeschichte, Fach Hohen wart. — Kopallik Jos.: Regesten zur Geschichte d. Erzd. Wien, II (1894), S. 669/75, 684/87. — Sammlung der von dem f. e. Konsistorium zu Wien an den Sekular- u. Regular-Klerus dieser Erzd. erlassenen Kurren den. — Eb. Ord. Wien, Personal-Tabelle II fol. 193. — Personalstand d, Wr. Erzdiözese. — Wr. Diöz. Archiv, Kleruskartei. — Wolfsgruber C.: Sigismund Anton Graf Hohenwart, Fürsterzb. v, W., Graz u. Wien 1912, S. 156/59. «) Lex. TkK (1959) III 5 f. 11. Joseph Kurz, letzter Pfarrer „Am Hof" Dr. Franz Loidl Zählte er auch nicht zu den großen Piicstergestalten, so war er doch in seiner Art eine interessante und originelle Persönlichkeit, ein letzter Vertreter jener selbstherrlichen Josephiner und ein typischer Wiener Pfarrherr der franziszeisch-josephinischen Ära. War ein echtes Wienerkind und blieb es '^eit seines Lebens, spielte sich doch sein Leben und Wirken — ab gesehen von den paar ersten Priesterjahren — in seiner Vaterstadt, und da fast wiederum in der Umgebung des Stephansdomes ab. Sein Großvater väterlicherseits war Historienmaler und der mütterlicherseits ein Bindermeister. Die Eltern: J. K., Privatlehrer (auf der Wieden 171 wohnhaft), 27 Jahre alt, und Clara Gschwendt, Witwe nach dem bürgerl. Bierwirt J. G., geb. Wagner (in der Stadt im Eisgrübl 605, Pfr. St. Peter, wohnhaft), 34 Jahre alt, hat ten am 28. 7. 1828 bei den Schotten die Ehe geschlos sen. Dabei fungierten als Beistände zwei bürgerl. Bier wirte. 1) Im Jahr darauf am 21. Mai wurde Joseph Daniel K. am Graben 618 (Pfr. St. Peter) geboren. Bei der Taufe am nächsten Tag gab der Vater interessan terweise als Beruf bürgerl. Bierwirt an.^) Er hatte also offenbar durch die Heirat einen einträglicheren Beruf gefunden. Unser J. K. trat dann 1848 im alten f. e. Alumnat am Stephansplatz ein und wurde nach ausgezeichneten Studienerfolgen am 24. Juli 1852 mit 18 Diakonen zum Priester geweiht. Schon nach einem Monat zog er als Kooperator in die Pfarre Großmugl (Dekanat Stockerau) ein und kehrte nach nicht ganz vier Jahren In seine Vaterstadt zurück, da er am 28. April 1856 zum Kooperator von St. Peter und Paul in Erdberg (heute Wien III.) ernannt wurde. Am 26. Jänner 1860 kam er an die k. u. k. Hof- und Stadtpfarre zum hl. Augustin (Wien I.), wo er fast 22 Jahre bleiben sollte. Dieser sonst ausgesprochen sterile Seelsorgsposten hatte das für sich, daß er mit den höheren Ständen und Hof kreisen in Beziehung trat, was ihm wieder für später eine Empfehlung bedeutete. Als er hier 1877 sein silbernes Priesterjubiläum feierte, wurde ihm durch den Hof und Burgpfarrer Dr. Laurenz Mayer mit Datum vom 23. November die Aus zeichnung eines k. u. k. Titular-(Ehren-) Hofkaplans erwirkt. Aus dem Ansuchen erfährt man einiges über seine Tätigkeit und seine Verdienste. Seit seiner Prie sterweihe diene er ununterbrochen in der Seelsorge. „Die erstreckt sich nicht nur auf die tadellose und eifrige Erfüllung seiner ämtlichen Pflichten, weiche ihn als Katecheten, Prediger und Ausspender der hl. Sa kramente hinreichend in Anspruch nehmen, sondern auch auf freiwillige, für das Heil der Seelen über nommene geistliche Verrichtungen, insbesondere zeich net sich derselbe auf dem gerade in der Jetztzeit zwei fellos der sorgsamsten Pflege bedürftigen Gebiete des Religionsunterrichtes aus, welchen er sowohl in öffent lichen und Privatschulen als auch in zahlreichen katho lischen Familien aller Stände mit Eifer und großem katechetischen Geschicke ertheilt". Da ferner sein priesterlicher Lebenswandel musterhaft, und nun folgt 27

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