damit Sie nicht etwa durch den Belvedere(!)'®) in der Freiheit der Macht gehindert würden. Einen unpopu läreren Schritt bei Klerus und Laien könnte ich mir nicht denken, als einen preußischen Grafen (d. i. Galen) nach Wien als Weihbischof zu nehmen; es findet sich auch im Wiener Diözesanklerus noch Jemand. Ich kann nicht sagen, wie mich diese strate gischen Machenschaften anekeln. Die Abschiedsworte Euer Exzellenz von Triest, soweit sie in der Reichspost wiedergeben waren, haben mich ganz ergriffen, man fühlt wohl, daß es Euer Exzellenz schwer wird, von dem rauhen Karstboden zu scheiden, auf den nun bereits eine liebliche Saat aufzugehen beginnt. In tiefster Ehrfurcht und Ergebenheit verbleibe ich Euer Exzellenz geringster Diener Viktor(?)" Es gab aber auch genug Besonnene und Gehor same, die die Sache nahmen, wie sie für echte Katho liken zu nehmen war, und sich sogleich auf die Seite des eben nun einmal ernannten und eingesetzten Koadjutors stellten, wie wiederum gleich ein Schrei ben des verdienstvollen nö. Katholikenführers und Katholikentagveranstalters bestätigt'"*): „Wien I, Postgasse 6 Euere Exzellenz Erlauben mir Euere Exzellenz Sie in ehrfurchts vollster und herzlicher Weise als unseren Coadjutor zu begrüßen. Viele teilen mit mir die Ansicht, daß es gewiß dem Plane der Vorsehung entspricht, daß Eure Excellenz vom Hl. Vater für Wien als Coadjutor bestimmt wur den und wir daher nur dankbar dafür sein können. „Roma locuta, res finita" ist der Standpunct für die jenigen, welche ruhig überlegen und die Angelegenheit von höheren Gesichtspuncten zu betrachten gewillt sind. Es entspricht aber der christlichen Klugheit, daß viele leitende Persönlichkeiten unser Organisationen und Vereine sich einer gewissen Reserve in der Be grüßung Euerer Excellenz auferlegen, um nicht die gutgemeinten, aber unklugen Dankesäußerungen man cher hitziger Köpfe, welche, — nicht zum Nutzen Sr. Excellenz des hochw. Weihbischofes (Marschall), die unleugbaren Verdienste desselben in die öffentliche Discussion bringen, noch zu verstärken und dadurch zu unüberlegten Schritten treiben, welche leicht von unseren Feinden als Demonstrationen gegen Papst und Kaiser gedeutet werden könnten. Die Charitas, welche Euerer Excellenz Erscheinen und Auftreten stets beeinflußt, wird in kurzer Zeit die Schwierigkeiten zerstreuen, welche sich momentan zeigen, wird die Tage unseres verehrten Cardinais verschönem, weil er einen warmen Freund und Hel fer gewinnt, und ein reges Zusammenwirken mit Sr. Exellenz Dr. Marschall ermöglichen, ein Zusammen wirken, welches dem katholischen Volke und seinen Organisationen für die Zukunft zum Heil und Segen gereichen wird. Mit dem Ausdrucke ehrerbietigster Hochachtung Euerer Exz. ergebenster Max Freiherr v. Vittinghoff-Schell." Anmerkungen: Siehe oben: Hans Josef Kutschera. — ''*) Derselbe, Weihbischof Dr. Godfried Mar schall. S. 116—123a. —")Ebda, S. 119, Anmerkung 1, Zeuge der ehemalige Zeremoniär Nagls, Dompropst Josef Wagner.Vgl. dazu:Friedrich Funder,Aufbruch zur christlichen Sozialreform, Wien 1953, S. 101 ff. — Reichspost 1910 (19. I.), Nr. 18. — °^) Eben H. J. Kutschera. — °°) Ders., Marschall, S. 117, Anmerkung 1, es ist Frau Maria Marschall. — ^®) Ebda, S. 116, Anmerkung 2, es ist Theodor v. Sosnosky, Franz Ferdinand. München und Berlin, 1929, S. 23. — ®') H. J. Kutschera, Marschall, S. 46—50, 121. Noch im Herbst des Jahres wurde der Ex-General, spätere Kurienkardinal und Großpönitentiar Andreas Frühwirth O. P. mit der Visitation betraut, die zum Unterschied von der nur fünf Tage währenden Mar schalls zwei Jahre in Anspruch nahm. P. Angelus Walz O. P., Andreas Kardinal Frühwirth (1854—1933), Ein Zeit- und Lebensbild, Wien 1950, S. 290. — Y)ie Zeit, 23. 3. 1911; Neues Wiener Journal. 23. 3. 1924; Josef Redlich, Schicksalsjahre Österreichs 1908—1919, das politische Tagebuch J. Redlichs, bearbeitet von Fritz FeUner. Graz-Köln 1953, Bd. I, S. 46, nach Kutschera, a. a. O., S. 121, 122, Anmerkung 1 und 2. — '**') Redlich, S. 46, nach Kutschera, a. a. O.. S. 122 f. Der Kirchenrechtsprofessor an der Juristenfakultät zu Innsbruck, Dr. Ludwig Wahrmund, hatte in einem öffentlichen Vortrag im Jänner 1908, den Katholizis mus heftig herabgesetzt und ihn u. a. als überaltetes, allen wissenschaftlichen Errungenschaften hohnspre chendes Weltbild bezeichnet. Auf Proteste katholischer Kreise hin versuchte sogar der Wiener Nuntius Belmonte bei Marschall auf eine Abberufung Wahrmunds hinzuwirken, fand aber bei diesem nicht das ge wünschte Echo. — "") Siehe oben: Text zu Anmer kung 14. — ®^) Z. B. der bekannte Pulslizist Prälat Josef Scheicher bei Kutschera, a. a. O., S. 123 f. — ®*^) Z. B. Dompropst Josef Wagner bei Kutschera, a. a. O., S. 90, Anmerkung 1. — ®^) Ebda, S. 117. — ®^) Der damalige Sekretär und spätere Weihbischof Kamprath erzählte öfter, wie schwierig es gewesen sei. den Kardinal zur Kenntnisnahme und Erledigung des Dokumentes zu bringen. Nachdem es ein paarmal bei Tisch nicht gelungen war. da er jedesmal das Schriftstück wieder zurückgab, konnte er schließlich doch dahin gebracht werden, daß er es sich — weil schon fast erblindet — vorlesen ließ, bis er den Text auswendig konnte. Auf den Stock gestützt, im Zimmer auf und ab gehend, habe er zugehört, schließlich aber dezidiert erklärt: „Aber ich schreibe ihm (Papst Pius X.) nicht zurück!" — °®) WDA, Karton. Nagl. Abschrift. — ®®) Wurde 1910 zum Bischof von Leitmeritz ernannt. Reichspost 1910, Nr. 57 (27. II.). — ®') Wahrscheinlich nach Franz Maria Doppelbauer, der am 2. XII. 1908 starb und dem am 1. V. 1909 Rudolf Hittmair nachfolgte. — ®®) Dürfte oder könnte Max Freiherr v. Hussarek, Sektionschef im Ministerium für K. u. U., sein. — WDA, Karton, Nagl. — '®) Ebda. — ") Möns. Dr. Franz Rossi-Stockalper, Uditore der Wiener Apostolischen Nuntiatur. — "^) Eine unklare, wohl übertreibende Behauptung: „Beim Ministerium hat man in bitterer Weise über die Frauensperson sich geäußert, die im Palais wohnt, und die Anklage erhoben, dieselbe habe sich manches auf die Seite geräumt." — '®) Darunter Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie zu verstehen, die in der Causa Marschall und auch sonst entschei denden Einfluß ausübten. — '^) WDA, Karton, Nagl. Abschrift. 28.Die quellenmäßigen Unterlagen zur 1100 Jahr-Feier (1965) der Weihe der einstigen Burgkapelie zu Orth a.d.Donau Karl Bednar, Wien Der Fürst Rastislaw des großmährischen Reiches hatte im Jahre 862 den oströra. Kaiser Michael III. in Byzanz ersucht, ihm griechische Geistliche zu senden zum Zweck der weiteren christlichen Glaubensverkün-
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