Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Beiträge Diözesangesdiidite BEILAQE DES WIENER DIÖZESANBLATTES Nr.4 Wieli, 1. Oktober 1960 1. Jahrgang Inhalt: 10. Tiroler Priester als Opfer des J. 1809 in Wien. — 11. Joseph Kurz, letzter Pfarrer „Am Hof". — 12. Regesten des alten fürsterzbischöflichen Alumnates auf dem Stephansplatz. 10.Tiroler Priester als Opfer des J.1809 in Wien Dr. Franz L o i d 1 Die französischen Emigranten-Priester, Opfer der französischen Revolution, im Jahre 1803 in Wien be reits auf 81 angewachsen^), wovon eine zeltlang 40 in der Kurhauskapelle zur Zelebration zugelassen werden mußten, bereiteten dem Konsistorium nicht wenig Sorge, da sie nicht bloß kraft des Gesetzes, sondern auch wegen ihrer Unkenntnis der Landessprache „un verwendbar" waren und in der Mehrzahl ihr Leb^ nur von Meßstipendien fristeten. Lange Krankheit, hohes Alter, gänzliche Defizienz stießen manche in solche Dürftigkeit, daß sie sich dem Bettel zuwandten oder dem Religionsfond zur Last fielen. Das Konsistorium bat daher die Hohe Landesstelle, alle ausländischen Priester für den Fall ihres weiteren Verbleibens in der Diözese zu veranlassen, binnen drei Monaten „einen zur Bedeckung ihres standesmäßigen Unterhaltes hin länglichen Vermögens- oder Pensionsausweis" vorzu legen oder einen Bürgen zu nennen, der sich schrift lich zu einer Unterstützung verpflichte. Ende März 1804 übergab dann die Landesregierung dem Stadt hauptmann die Liste der fremden Geistlichen, damit jeder vor einem f. e. Kommissär den Jahres-Mindestbezug von 200 fl. bestätige. Begreiflich war auch, daß infolge der französischen Invasion die Sympathien für diese Piiester nicht zu nahmen. Das Verhalten eines Teiles von ihnen wirkte ebenfalls nicht empfehlend. Dazu kamen auch solche aus österreichischen Provinzen nach Wien, „die unter mancherlei Vorspiegelungen ohne Empfehlungs- und Beglaubigungsschreiben ihrer Bischöfe, bloß mittels Vorzeigung irgend einer veralteten Urkunde die Er laubnis zum hiesigen Aufenthalte anfangs auf kurze, nachher durch wiederholte Erstreckungen auf lange Zeit bei der politischen Behörde erschlichen". Zur Ab stellung dieses ordnungswidrigen, für Handwerksbur schen sogar ungeziemenden Herumschweifens ei'suchte das Konsistorium, die Polizeioberdirektion möge kei nem dieser Welt- oder Ordenspriester den Aufenthalt genehmigen, der sich nicht durch einen Haftungsbrfehl odei' ein Geleitschreiben seines Konsistoriums ausweisen könne. Ein Hofdekret vom März 1806 schloß sich dem Vorschlag an. Schließlich traute man fremden Geistli chen auch poiitisch nicht mehr und wies 1808 das KonSh. F. LoldJ, Wr. Kirchenblatt, Jg. 1960, Nr. 8, Nr. 14. sistorium an, auf deren Verhalten „ein strengeres Augenmerk" zu haben. Ganz anders war es natürlich bei den Priestern, deren Heimat durch den Vernichtungsfrieden von Wien-Schönbrunn im Oktober 1809 von Österreich los gerissen wurde. Damals mußten Salzburg, Berchtesga den, das Innviertel und westliche Hausruckviertel an Bayern abgetreten werden, der Villacher Kreis, GÖrz, Triest, Krain, ein Großteil Kroatiens fielen an das napo leonische Königreich Italien und an die illyrischen Pro vinzen Prankreichs, der größte Teil von Galizien wurde zum Großherzogtum Warschau und zu Rußland ge schlagen. Vor allem aber wurde wiederum Tirol ge troffen, indem der Norden an Bayern, der Süden an Italien, das Pustertal an Illyrien aufgeteilt wurde. Während des berühmten Tiroler Volksaufstandes und Freiheitskampfes unter der Führung des helden haften Andreas Hofer im Jahre 1809 hatte eine Reihe von Priestern ihre treu-österreichisch-dynastische Ge sinnung offen und Ungescheut bekannt und ein Teil von ihnen sogar direkt mitgewirkt und mitgefochten. Die mußten natürlich das Land verlassen, um nicht in die Hände der Feinde zu geraten und wurden dadurch hei matlos und verfemt. Einige wandten sich daher nach der Kaiserstadt Wien, wo sich die Regierung ihrer an nahm, sie unterstützte und dem Erzbischof zur Anstel lung empfahl. Wurde zwar noch im Mai 1810 von der Regierung dem Konsistorium mitgeteilt, „daß fremde Priester ohne vorläufige Prüfung und eingeholte Auf nahmsbewilligung in der Seelsorge trotz des Priester mangels nicht angestellt werden dürfen, weil das den höchsten Anordnungen entgegen sei", so hieß es doch schon im Juni, „daß sich Seelsorger aus den in dem letzten Friedensschlüsse abgetretenen Provinzen bis Ende des Jahres um eine österreichische Pfründe in Kompetenz setzen dürfen. Auch könne innerhalb des friedensschlußmäßigen Termins noch um die Auswan derung angesucht werden". Drei Tage vor der Gefangennahme Andreas Hofers (27. I.) 1810 empfahl der Oberste Kanzler Graf Ugarte dem Erzbischof als ersten dieser geistlichen Patrioten, den Volksprediger Joseph Tiefenthaler, Pfarrer zu Göfia (b. Feldkirch, Vorarlberg), zur Aufnahme in die Wiener Erzdiözese und zur Verleihung einer Pfründe, „da er in der letzten Kriegsepoche sehr wesentliche und wichtige Dienste dem Staate geleistet". Vier Tage vor Hofers Erschießung zu Mantua (20. n.d. J.) setzte sich Graf Ugarte für den Kuraten Georg Lantschner aus Weitenttial (i. Pfunderstal) ein, der nach einem beigebrachten Zeugnis des ehemaligen kaiserl. Ober25

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