Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

richterstattung des Statthalters, erfolgen. Im dortigen Klerus sind einige Priester vorhanden, in deren Hände mit Beruhigung dieses schwierige Amt gelegt werden könnte, z. B. Dompfarrer Martelanz, Domherr Mecchia in Triest, vielleicht auch Propst Franza von Capo d' Istria, dann ev. Dompfopst Faidutti von Görz, Weih bischof Msgr. Borzatti von Zara, Propst Elbert von Rudolfswerth. Der Regierung könnte Msgr. Nagl mit seinen Erfahrungen bei ihrem Antrag wertvollen Rat schlag erteilen. Eventuelle weitere Maßnahmen(unterstrichen):Weih bischof Dr. Marschall hat sich als Generalvikar der Erzdiözese gewisse Verdienste erworben. Da er aber erst vor wenig mehr als Jahresfrist mit der Würde eines Geheimrates bekleidet worden ist, dürfte jetzt keine neuerliche Auszeichnung Marschalls am Platze sein. Eventuell könnte dem Koadjutor anheimgestellt werden, für Marschall im geeigneten Zeitpunkt einen Hulderweis S. H.zu erwirken, etwa die Erhebungzum Titular-Erzbischof. Ebenfalls für einen späteren Zeitpunkt dürfte eine Veranlassung vorzubehalten sein, um den in mehr als 20jähriger Verwendung im Kultusministerium bewährten Sektionschef Prälat Zschokke (unterstrichen) der Kurie für die Würde ei nes Titular-Bischofs gegenwärtig zu halten. Eine sol che Promotion auf kirchlichem Gebiete dürfte gerade für die Position des geistlichen Beirates im Mini sterium an sich bedeutungsvoll und von einer über die Person des gegenwärtigen Beirates hinauswach senden Wirkxmg sein".^^) Diese Vorschläge wurden dann im stilistisch gefeil ten und auf das Wesentliche beschränkten „Vortrag des getreuesten Ministers für Kultus und Unterricht" Grafen Stürgkh am 23. Dezember 1909 dem Kaiser vorgetragen. Gesprochen wird aber darin nur mehr von den hauptbeteiligten Persönlichkeiten: von Kar dinal Gruscha, an dessen kaiserliche Verdienste und Auszeichnungen erinnert wird, von Weihbischof Mar schall, von dem es heißt, „wenn er auch bisher allen kirchlichen Stellungen, zu denen er berufen wurde, mit Hingebung und Opferwilligkeit gerecht zu werden getrachtet habe und namentlich auch das Amt eines Generalvikars mit dem Aufgebot einer großen Ar beltskraft unter schwierigen Verhältnissen wahrzu nehmen bestrebt gewesen sei, doch gegenwärtig be reits jenes Alter überschritten habe, in dem seinerzeit Gruscha zum Fürsterzbischof berufen worden, und durch dessen Bestellung sich außerdem kaum etwas gegenüber dem gegenwärtigen Stand der Dinge än dern und er den verschiedenen einzelnen Agenden nicht mit jener Unabhängigkeit gegenüberstehen würde, welche ein aus einer anderen Diözese entnom mener Koadjutor zu bestätigen In der Lage wäre"; von Nagl jedoch wird erklärt, daß er in der Vollkraft seiner Jahre stehe und sich eben durch die oben schon genannten Eigenschaften auszeichne. Nach dem Hin weis darauf, daß Nagls bisherige Einkünfte von 29.000 Kronen nun auf 30.000 Kronen beanschlagt werden mögen, wird um ah. Bewilligung der beiden Haupt vorschläge (d. i. Auszeichnung des Kardinals und Er nennung des Erzbischof-Koadjutors) gebeten, was durch die Randvermerke des Kaisers mit 1. Jänner 1910 geschah.^'') Als gewiß interessant sei noch angemerkt, daß man im Vortrag genau darauf verwies, „daß für den Fall der Behinderung des Oberhirten in der Erfül lung seiner Aufgaben das Kirchenrecht die Beigebung eines Koadjutors statuiert, wobei im Interesse der Kontinuität der Amtsführung demselben in wichtigen Diözesen auch das Recht der Nachfolge eingeräumt zu werden pflegt. Und ein solcher Fall dürfte auch hier gegeben sein, so daß von Seite der Staatsver waltung dem Plane des Hl. Stuhles wohl nur zuge stimmt werden könnte". In einem Brief vom 28. De zember teilt weiters Laurenz Szapäry dem Minister für Kultus und Unterricht mit, daß „lt. der im Depar tement erliegenden Vorschriften sich die Nominatio Regalia (Landesfürstliche Ernennung) auch auf Coadjutores cum jure successionis erstrecke".^®) Mit 17. Dezember d. J. ist ein Schreiben des Kabi nettsdirektors an den Minister für Kultus und Unter richt datiert, worin dieser Mitteilung machen zu kön nen vermeint, „daß mit Rücksicht auf die von Hochderselben gestern geltend gemachten Gründe die Rücksprache mit dem Nuntius (Januarius Granito Pignatelli di Belmonte, Archiep. Edessens., 1904/1911) zu entfallen habe. — Es bleibe sonach lediglich dabei, daß E. E. wie es in der letzten Privataudienz be sprochen und ah. angeordnet worden, mit dem Kar dinal direkt zu verkehren und auf ihn einzuwirken habe, und daß die Angelegenheit des Koadjutors raschestens in die Wege geleitet werde. Von der Not wendigkeit dieser Maßregel haben S. M. dem Kardinal allen Ernstes gesprochen".^') Damach scheint sich der greise Kardinal nicht gleich fügsam gezeigt zu haben. Mit Schreiben vom 23. Dezember (Z. 1905/Präs.) an Wirkl. Geheimen Rat Karl Grafen Stürgkh, k. k. Minister für Kultus und Unterricht etc. etc. etc., er folgte diese Zustimmung Gruschas: „EURE EXZELLENZ! Mit Bezugnahme auf unsere Besprechung vom 18. d. M. beehre ich mich, Eure Exzellenz zu verstän digen, daß ich die Mitteilung Eurer Exzellenz bezüg lich der Allerhöchsten Entschließung der im Einver nehmen mit dem heiligen Apostolischen Stuhle beab sichtigten Ernennung Seiner Exzellenz des hochwür digsten Herrn Bischofs von Triest Capo-dTstria Dok tor Franz X a v. Nagl zu meinem Coadjutor ehr furchtsvoll zustimmend zur Kenntnis nehme und Eurer Exzellenz die Veranlassung der weiteren diesbezüg lichen Maßnahmen anheimstelle."'®) Wichtigste Quellen und Literatur; östen*eichisches Staatsarchiv (ö. St. A.); Archiv des Bundesministe riums für Unterricht (AU); Wiener Diözesanarchiv (WDA); Wiener Diözesanblatt (WDBl.); Hans Josef Kutschera, Weihbischof Dr. Godfri^ Marschall (1840—1911), ungedr. phil. Dissertation (Wien 1958); Zeitungen: Wiener Zeitung, Vaterland, Reichspost u. a. Anmerkungen:') Vaterland 1908, Nr. 212, S. 2 f. (v. 8. Mai). Sh. auch die ausführliche Schilderung und die Ansprache Nagls bei der Papstaudienz und vor allem den Schluß der Bitte. Josef Wolny, Fünfzig Jahre für Kirche und Papst. Chronik der Erzbruderschaft vom hl. Erzengel Michael in Wien (1860—1910), W. 1911, S. 432. — 2) Ebda. — =») WDBl. 1890, Nr. 2. — '^) Ebda 1898, Nr. 16: Starb am 22. 8. „Er hat eine Reihe von Jahren, zuerst als Sekretär, dann als Konsistorial- und Ehegerichtsrat den Fürsterzbischöfen 28

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